Frank Goosen heute in seiner Heimatstadt Bochum. Foto: Ira Schwint
Frank Goosen heute in seiner Heimatstadt Bochum. Foto: Ira Schwint

Über allen Plätzen ist Ruh´, auf allen Rängen hörest du kaum einen Schrei. Wir befinden uns mal wieder „zwischen den Spielzeiten“, der schlimmsten Zeit des Jahres. Aber auch Gelegenheit, in Vergangenem zu schwelgen. Ich erinnere mich zum Beispiel an diesen einen Sonntagmorgen Anfang der Neunziger, als ich nach einer tequilageschwängerten Nacht in der legendären Bochumer Diskothek Macao am frühen Morgen aufs Lager gesunken war, nur um nach höchsten drei Stunden von meinem Telefon aus komatösem Schlaf gerissen zu werden.

Wer stört?“„Ja, hallo, der Christoph hier! Wir sind beim Ehemaligen-Fußballturnier unserer Penne (Höhere Schule) und wir brauchen dich!“ – „Echt?“ – „Na ja, du warst der Letzte auf der Liste und der Einzige, der abgenommen hat.“

Also schleppte ich mich mit geschätzt 1,9 Promille Restalkohol zur Turnhalle der Anstalt, der ich erst vor einigen Jahren entkommen war, schlüpfte in Sporthose, Trikot und Hallenschuhe und begrüßte die Kollegen mit einem Rülpser, der die hochgezogenen Basketballkörbe erzittern ließ.

Gleich im ersten Spiel ging es gegen den Jahrgang meines späteren Stadionkumpels und Steuerberaters Scotty, der sich in einer labbrigen Prä-Gabor-Kiraly-Jogghinghose in einem der Handballtore aufgebaut hatte und nach den ersten beiden Paraden so tat, als wäre er Lew Jaschins Wiedergänger.

Das Spiel dauerte 10 Minuten, ich irrte ziellos auf dem Feld herum und hielt mich von meinem Gegenspieler fern, da ein Ausatmen meinerseits wahrscheinlich als Tätlichkeit eingestuft worden wäre. Irgendwann kurz vor Schluss, es stand 0 : 0, fiel mir plötzlich der Ball vor die Füße. Ohne lange nachzudenken, hämmerte ich mit der Picke dann dorthin, wo ich das Tor vermutete. Der aufbrausende Jubel bestätigte meinen Verdacht.

Gesteigert wurde der denkwürdige Moment noch dadurch, dass ich Scotty das Ding durch die Hosenträger (Gurkerl) gesemmelt hatte und er beim Abwehrversuch auch noch auf den Hintern gefallen war.

Mein Tor des Jahres!

Sekunden später war Schluss. In der Pause bis zur nächsten Partie tauchte noch ein Stufenkollege auf, der die Nachricht auf seinem Anrufbeantworter zu spät abgehört hatte. Ich ließ mich vom Rest des Turniers freistellen und fiel zu Hause wieder ins Bett. Man muss abtreten, solange man an der Spitze ist.

Über Frank Goosen

Der weit über die Grenzen des deutschen Ruhrgebiets hinausreichend bekannte und beliebte Autor, Kabarettist und Feuilletonist Frank Goosen ist langjähriger, bekennender und leidgeprüfter – ob der schier übermächtigen Konkurrenz aus Dortmund und Schalke – Anhänger des VfL Bochum von 1848. Als solcher steht er nach wie vor treu ergeben zu den einstmals „Unabsteigbaren“, schließlich zählten die Blau-Weißen aus der Herbert Grönemeyer-Stadt Bochum von 1971 bis 1993 ununterbrochen zur höchsten deutschen Spielklasse. Nach Jahren des Paternoster-Daseins – „Wir steigen auf, wir steigen ab – und zwischendurch Europacup“ – in Anlehnung an die Aufstiege, die bis in den UEFA-Cup führten, um sich im Jahr darauf erneut in der 2. Spielklasse wieder zu finden, müsste es nun „Die Unaufsteigbaren“ heißen, denn seit 10 Jahren kennt man an der Castroper Straße die 1. Deutsche Bundesliga nur mehr vom Hörensagen. Aber genau genommen machen gerade solche Vereine mit ihrem treuen Gefolge die Fußballwelt bunt und interessant, denn zu permanent siegreichen Teams zu stehen, das kann doch schließlich jeder.

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