Ein wahrer Gott auf der Gitarre war Jimi Hendrix. Foto: GoodTimes

Ein Jahr nach Woodstock, dem farbenfrohen, friedlichen und allerersten Open-Air-Festival der Welt, sowie ebenso ein Jahr nach Altamont, dem blutrünstigen Hell´s Angels Open Air Debakel der Rolling Stones, gab es 1970 einen weiteren traurigen Pop-Herbst: der saitenküssende Gitarrist und Rock-Innovator Jimi Hendrix verstarb am 18. September 1970. Der zunehmend ruhebedürftige Jimi erstickte in London durch Einwirkung von Schlaftabletten an Erbrochenem.

Sicherlich hatte Hendrix an der Oberfläche mehr gemein als die Präsenz auf zahllosen Postern: Lange Jahre in miesen US-Clubs vor dem Durchbruch, die legendären Freiluft-Happenings, je einen Mittelfinger für´s Establishment, den scheinbar achtlosen Einwurf legaler und illegaler Substanzen und vor allem einen revolutionären und körperbetonten Ausdruck der Musik. Für seine Melodien lebte Jimi Hendrix ausschließlich 24 Stunden am Tag.

LEBEN

Jimi Marshall Hendrix war ein Arbeiterkind aus Seattle. Nach der kurzen Armee-Zeit bei einem Hubschrauber-Corps schien 1962 der Blues der einzige Weg aus einer frustrierenden Underdog-Existenz – und der hochbegabte, linkshändig-autodidaktische Gitarrist begann seine gründliche, inspirierte Lehrzeit: Über Bands wie die Casuals, Bobby Taylor & The Vancouvers – mit Tommy Chong von Cheech und Chong – landete er 1963 bis 1965 beim exzentrischsten Lehrmeister seiner Ära, dem Rock´n Roll-Prediger Little Richard, vervollständigt durch Soul-Gastspiele bei den Isley Brothers, Solomon Burke oder Wilson Pickett. On the road lernte er Nacht für Nacht all die zungenschlagenden, erotisch-akrobatischen Tricks, die seine bezaubernde Musik erst den Fans nahe bringen würden. Fehlte nur noch Chas Chandler als Middle Man – mit dem frustrierten Animals-Bassist und frischgebackenen Manager flog Hendrix 1966 aus dem abgeklärten Manhattan ins sensationshungrige Beat-Mekka London.

SUBSTANZ

Afrolook, Federboa, brennende Stratocaster, Sennheiser Fellatio – spätestens mit dem Erscheinen von Hendrix´ Debütalbum „Are You Experienced“ erkannten die Kritiker und die kritische Konkurrenz, was in dem charismatischen Bomber der E-Gitarre steckte. Jimi umwarb, quälte, liebkoste, vergewaltigte sein Instrument mit einem überbordenden Reichtum an Ideen, sang seine unvergesslichen Hymnen wie „Purple Haze“, „Wind Cries Mary“, oder „Voodoo Chile“ mit anrührendem Sprechgesang, zu dem er sich durch sein näselndes Idol Bob Dylan ermutigt fühlte – dessen Komposition „All Along The Watchtower“ machte er sich durch eine ewig gültige Zauberversion zu eigen. Jimi peitschte seine Begleiter zu Höchstleistungen, die diese selbst kaum für möglich gehalten hätten: Drummer Mitch Mitchell hatte von Georgie Fame & The Blue Flames her einen eher konventionellen Rhythm & Jazz Background und wuchs mit Jimi in einen wild wirbelnden Einfallsreichtum, den er später nicht annähernd wiederholte; Noel Redding, eigentlich Gitarrist, bekam seine Bassläufe direkt vom Meister.

EINFLUSS

Verletzlichkeit, Einsamkeit, Verwirrtheit – klar beobachteten Freunde diese Tendenzen auch im letzten Hendrix-Herbst. Aber hätte Jimi jene Londoner Nacht überlebt – wäre seine Monika Dannemann bei ihm gewesen, um den Notarzt zu verständigen, oder hätte Eric Burdon seinen Anrufbeantworter abgehört – das gigantische Pensum, das Jimi in seinen New Yorker Electric Lady Studios begonnen hatte, wäre wohl von ihm selbst über Jahrzehnte veredelt worden. Stattdessen musste Hendrix sein Vermächtnis von Tüftlern wie Alan Douglas für „Crash Landing“ verwursten und bis zur „Voodoo Soup“ recyceln lassen! Außerdem: Vor chaotischen Auftritten in Dänemark und auf der Insel Fehmarn hatte Hendrix mit seiner „Band Of Gypsies“ – Army-Kumpel Billy Cox am Baß und Drummer Buddy Miles – zu Silvester 1969 bewiesen, dass er Metal-Exzessen in sich ruhende Arrangements entgegensetzen konnte!

Anstehende Projekte im Jazz-Bereich hätten den für Experimente offenen, musikalisch immer lernbegierigen jungen Starkult-Verächter womöglich in ernstere Lebens- und Arbeitsumstände geführt. Wenn nicht Miles Davis, der Drogen- und Groupie-Exzessen selbst ungern fernblieb, so wäre sicherlich der kanadische Bandleader und Arrangeur Gil Evans („Absolute Beginners“) Hendrix´ passendes Rollenmodell gewesen. Evans hatte im New York City der 1940er Jahre die Heroin-Orgien eines Charlie Parker recht unbeeindruckt überlebt – er vollendete seinen Teil der nicht mehr zustande gekommenen Jimi-Jazz-Kooperation mit seinem Verve-Album The Gil Evans Orchestra „Plays The Musik Of Jimi Hendrix“ (RCA 1975), unter anderem mit dem Saxophonisten David Sanborn.

1993 zeigte das Tributalbum „Stone Free“ mit so kontrastierenden Künstlern wie Eric Clapton, Klassik-Geiger Nigel Kennedy und Jazzer Pat Metheney, welchen Einfluss bereits der jung verstorbene Hendrix auf die Musikwelt hatte. Es ist vorstellbar, dass der 27-Jährige Jimi bereits „ausgeschrieben“ hatte.

ABLEBEN

Als Jimi Hendrix kaum 28-jährig starb, bedeutete dies einen schweren Schlag für die Rockwelt. Fanatische Fans sehen – und sahen – darin nicht selten jenen Moment, durch den die Musik zerstört wurde. Allerdings hatte es den „day the music died“ bereits gegeben – als Buddy Holly und Ritchie Valens am 3. Februar 1959 bei einem Flugzeugabsturz ums Leben kamen. Also musste für Hendrix´ Tod eine neue Superlative gesucht werden. Damals machte in den Musikzeitschriften noch die Schlagzeile die Runde, dass das das Ende der Rockmusik sei. Doch die Musikwelt, sie drehte sich nach Buddy Holly und Jimi Hendrix weiter … bis heute.

Der Gitarren-Virtuose Jimi Hendrix (* 27. November 1942 in Seattle, Bundesstaat Washington, † 18. September 1970 in London) hätte zweifellos eine große Musiker-Karriere vor sich gehabt.

Quelle: GoodTimes / oepb

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