Das Beobachten seltener Vogelarten zählt zu den Lieblingsbeschäftigungen vieler Vogelkundler, ganz gleich ob Amateur oder Profi. Seit dem 21. Jänner 2019 ist das Naturhistorische Museum Wien / kurz NHM zum Mekka der Birdwatcher geworden. Aber nicht die weltberühmte Vogelsammlung stand im Fokus des Interesses, vielmehr galt die Aufmerksamkeit einem seltenen Vogelgast aus der sibirischen Taiga, dem Goldhähnchen-Laubsänger (wissenschaftlicher Name: Phylloscopus proregulus).
Am Morgen des 21. Jänner 2019 konnte BirdLife-Ornithologe Christoph Roland diese Vogelrarität kurz vor dem Start seiner Museumsführung im NHM Wien auf der Grünfläche des Museums in einer Föhre entdecken. Bisher lag aus Österreich erst ein anerkannter Nachweis dieses mittel- und ostasiatischen Singvogels vor. Den ganzen Tag blieb der 9 cm-Winzling in den Kiefern zwischen Kunst- und Naturhistorischem Museum und konnte von vielen Vogelbeobachtern (aber auch vorbeigehenden Wienerinnen und Wienern sowie Touristen) bestaunt werden, auch am darauf folgenden 22. Jänner 2019 wurde er von vielen Menschen mit Ferngläsern beobachtet und fotografiert.
Der Laubsänger ist mit ca. 9 cm gerade einmal so groß wie die kleinsten heimischen Vogelarten, die Goldhähnchen. Mit diesen teilt er nicht nur den Namen, auch Aussehen und Verhalten weisen Ähnlichkeiten auf. Den Goldhähnchen-Laubsänger charakterisieren ein auffallend gelber Überaugenstreif, zwei hellgelbe Flügelbinden und ein markanter gelblichweißer Bürzel. Die rastlose Nahrungssuche in den Baumkronen nach kleinen Insekten und deren Larven ist typisch für die Art, immer wieder rüttelt der Vogel dabei wie ein Kolibri. Das Brutgebiet des Goldhähnchen-Laubsänger liegt in der Nadelwaldtaiga Zentral- und Ostsibiriens. Der Zugvogel überwintert in Südostasien. Im küstennahen nördlichen Mitteleuropa und in Westeuropa wird der Goldhähnchen-Laubsänger als „Irrgast“ fast alljährlich im Herbst beobachtet. Im mitteleuropäischen Binnenland ist die Vogelart dagegen viel seltener und unregelmäßiger im Auftreten.
Für Österreich stellt laut Archiv von BirdLife Österreich die Beobachtung erst den zweiten Nachweis dar, erstmals wurde der Goldhähnchen-Laubsänger im November 2004 im oberösterreichischen Almtal entdeckt. Wie bei derartigen seltenen Nachweisen üblich, muss die Beobachtung noch durch die Avifaunistische Kommission (AFK) bestätigt werden, wie Hans-Martin Berg, Sammlungsmanager der Vogelsammlung im NHM Wien und Vorsitzender der AFK erläutert: „Eine ausreichende Dokumentation, wie sie im aktuellen Fall durch viele Bildbelege vorliegt, ist entscheidend, um derartige Nachweise für wissenschaftliche Auswertungen verwenden zu können.“, so Berg. „Das gesicherte Wissen um das Auftreten seltener Vogelarten kann durchaus zu unserem Verständnis über Veränderungen in unserer Vogelwelt und den Ursachen dafür, wie Klimawandel oder Lebensraumveränderungen, beitragen.“
Quelle: NHM
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