Saison-Portrait vom Sommer 1975. Jürgen “Joe” Kreuzer vor seiner 20. - und letzten – aktiven Saison beim SK VÖEST Linz. Foto: oepb
Saison-Portrait vom Sommer 1975. Jürgen “Joe” Kreuzer vor seiner 20. – und letzten – aktiven Saison beim SK VÖEST Linz. Foto: oepb

Der SK VÖEST Linz er steigt mehr und mehr als weißer Rauch aus den Werksanlagen der VOEST-ALPINE empor, hinauf – bis zum Olymp der Unendlichkeit. Nun wurde es einmal mehr zur traurigen Gewissheit, dass mit dem plötzlichen Ableben von Jürgen Kreuzer, den alle Welt seit Urzeiten immer nur „Joe“ – in Anlehung an einen Jockey übrigens aufgrund seines Fliegengewichts in jungen Jahren, später wurde dann aus dem Jockey der Joe – genannt hatte, ein weiterer wertvoller Mosaikstein des größten und erfolgreichsten Werkssportvereins Österreichs dahingeschieden ist.

Blau-Weiß für alle Zeit

Diese Titulierung stimmt zwar nicht ganz, denn der Sportklub VÖEST änderte erst im Sommer 1972 seine bisherigen Vereinsfarben von Schwarz-Weiß auf Blau-Weiß. Dies vor allen Dingen auch deshalb, um sich vom zweiten „schwarz-weißen“ Verein der Stahlstadt, die mit den vier Buchstaben – die 1908 mit lediglich drei Buchstaben gegründet wurden – abzuheben. Für Jürgen Kreuzer war dies alles einerlei, begann er doch bereits sehr jung seine Fußballer-Laufbahn bei gerade eben diesem Vier-Buchstaben-Klub.

Vom LASK zum Erz-Koksler

Jürgen „Joe“ Kreuzer wurde am 1. April 1942 in Gablonz im Sudentenland, heutiges Tschechien, geboren. Nach Beendigung des 2. Weltkrieges 1945 wurden an die vier Millionen Sudetendeutsche aus ihrer angestammten Heimat in der Tschechoslowakei vertrieben. So auch die Familie Kreuzer, die nach Linz / Donau zog. Seine ersten „Packeln“ zerriss er bereits sehr jung beim Linzer ASK, wo er in der Knaben-, Schüler- und Jugendmannschaft wertvolle Verwendung fand. Der Einstieg ins Berufsleben brachte ihn 14-jährig ins Werk. Als Lehrling trat er 1956 in die VOEST ein, wechselte standesgemäß auch fußballerisch von den „Landstraßlern“ zum SK VÖEST und hielt den Werkssportlern bis 1976 hindurch 20 Jahre lang die Treue.

Der typische Linksfuß in perfekter Schusshaltung. Joe Kreuzer hier bei einem Heimspiel des SK VÖEST auf der Linzer Gugl des Jahres 1971/72. Foto: oepb
Der typische Linksfuß in perfekter Passgeber-Haltung. Joe Kreuzer hier bei einem Heimspiel des SK VÖEST auf der Linzer Gugl des Jahres 1971/72. Foto: oepb

Im Jahre 1962 wurde er mit der Leistungsplakette in Bronze und im Jahre 1967 mit der SK VÖEST-Leistungsplakette in Silber ausgezeichnet. In diesen 20 Jahren aktiver Fußballer-Laufbahn war er von Anbeginn an dabei am steten Aufschwung der Fußball-Sektion. 1957/58 OÖ-Landesmeister, ebenso wieder 1960/61. Mit den im Volksmund gerne als „Kokslern“ – in launiger Anlehnung an die Kokerei im Werk – bezeichneten VÖEST´lern stieg er in jenem Sommer 1961 auch in die Regionalliga Mitte auf, der damaligen zweithöchsten Spielklasse Österreichs.

Von VÖEST zu Stickstoff und wieder zurück

Im Sommer 1963 erfolgte ein Experiment. Nämlich jenes, die beiden Werksvereine SV Stickstoff Linz  und den SK VÖEST Linz zu einer Spielgemeinschaft zusammenzuschließen. Die einen – Stickstoff – spielten mit den besten VÖEST-Akteuren, darunter eben auch Joe Kreuzer oben, also in der Staatsliga, während die anderen, VÖEST, mit Talenten ausgestattet, in der Regionalliga Mitte kickten. Der Zusammenschluss blieb das, was er war, ein Experiment nämlich. Nach nur einem Jahr war wieder Schluss und Kreuzer kehrte zu „seinem“ angestammten Werksverein VÖEST zurück.

Technik und Übersicht

Joe Kreuzer galt als brillanter Techniker, aber auch als wertvoller Kämpfer und dienlicher Mannschaftsspieler. Er war sowohl als Läufer, wie auch als Stürmer gleich effektiv und stellte für jedwede gegnerische Verteidigung eine große Gefahr dar. Kreuzer avancierte in jenen ausgehenden 1960er Jahren zu einem der besten Techniker in der Fußball-Regionalliga Mitte. Er war der Spielmacher des SK VÖEST, seine Übersicht auf dem Feld wurde geschätzt und war beachtlich.

Dem Werk und seinem Sportklub (s)ein Leben lang verbunden: Joe Kreuzer gilt als der Ur-VÖESTler für alle Zeiten. Blick vom Bunker am VÖEST-Platz https://www.oepb.at/allerlei/neulich-in-der-voest.html auf den Gasometer und die Hochöfen. Den “blauen Turm”, das BG 41, die spätere Chefitäten-Etage gab es 1974 noch nicht. Foto: oepb, 1974
Dem Werk und seinem Sportklub (s)ein Leben lang verbunden: Joe Kreuzer gilt als der Ur-VÖESTler für alle Zeiten. Blick vom Bunker am VÖEST-Platz auf den Gasometer und die Hochöfen. Den “blauen Turm”, das BG 41, die spätere Chefitäten-Etage gab es 1974 noch nicht. Foto: oepb, 1974

Nie Profi, immer ein Job im Werk

Joe Kreuzer ging vor dem Fußball-Training als technischer Angestellter im Industrieanlagenbau einem geregelten Beruf im Werk der VOEST-ALPINE nach. Mehr und mehr wuchs er jedoch auch in administrative Aufgaben bei den Fußballern hinein. So vertrat er, wenn zeitlich Not am Mann war, beispielsweise öfters die Vereinsverantwortlichen bei privaten Feiern oder Hochzeiten der Mitspieler, entbot dabei in Vertretung des SK VÖEST die herzlichsten Glückwünsche und überreichte Blumenspenden an die künftigen Gattinnen der Fußball-Kollegen.

Mit 32 Jahren am sportlichen Zenit

Der SK VÖEST war bereits 1971/72 in seinem dritten Oberhaus-Jahr sehr nah dran an der Meisterschaft. Am Ende und nach einem sportlichen Einbruch zum Saison-Finale hin wurden die Linzer Dritter. 1973/74 sollte dann der ganze große Triumph gelingen. Der SK VÖEST Linz wurde Österreichischer Fußballmeister. Und Jürgen „Joe“ Kreuzer war dabei, als einer der Aktiven. Doch die Zeichen standen bereits auf Abschied.

Der Mohr hat seine Schuldigkeit getan …

… der Mohr kann gehen. Joe Kreuzer wirkte geknickt, als sich am 1. Juni 1974  die Fußballer-Kollegen noch am Linzer Stadion-Rasen nach einem 2 : 0-Erfolg über die Vienna von ihren Fans feiern ließen, als feststand, dass sie Meister geworden waren. Traurig diktierte er den wartenden Journalisten in die Schreibblöcke: „18 Jahr´ hab´ i auf den Moment warten müssen! Jetzt werd´ i nimmer braucht, jetzt werd´ i kostenlos an an Unterklaßler abgegeben.“ Er, der „Joe“, der Linksfuß, bekleidete bei den Werkssportlern alle Positionen, bloß im Tor, da stand er nie. Um dann fortzufahren: „Früher hamma für den Masta a Schnitzerl bekommen, da hat´s ka genaue Manndeckung geben, da hast Tricksen können. Jetzt – heut´ rennt jeder für sein Geld, jeder spielt für sich, wer trickst wird abg´haut.“

Teile des Vorstands des SK VÖEST Linz im Jänner 1981. Von links: Präsident ZBRO NR Franz Ruhaltinger https://www.oepb.at/allerlei/in-memoriam-franz-ruhaltinger.html geschäftsführender Obmann a.D. Johann Rinner https://www.oepb.at/koepfe/johann-rinner-sk-voeest-linz.html Sportreferent Joe Kreuzer, sowie Dir. Ing. Hans Brandlmayr. Foto: oepb
Teile des Vorstands des SK VÖEST Linz im Jänner 1981. Von links: Präsident ZBRO NR Franz Ruhaltinger  geschäftsführender Obmann a.D. Johann Rinner  Sportreferent Joe Kreuzer, sowie Dir. Ing. Hans Brandlmayr. Foto: oepb

Nach 20 Jahren war wirklich Schluss

Joe Kreuzer erhielt trotz seiner Befürchtung im Juni 1974 nochmals einen Zwei-Jahres-Vertrag, ehe er im Juni 1976 an Union Wels  nach 89 SK VÖEST-Spielen in der Zeit von 1969 bis 1976 im Oberhaus abgegeben wurde. Nicht aber ohne für seinen Verein, den blau-weißen SK VÖEST, zuvor nochmals einen Erfolg gelandet zu haben. Die Linzer Werkssportler gewannen nämlich im Februar 1975 das erste Linzer Hallen-Fußballturnier in der Sporthalle auf der Gugl, mit Joe Kreuzer als Kapitän und Anführer.

Der Spieler, Anführer und Kapitän wird zum Funktionär

Als im Herbst 1980 bekannt wurde, dass der langjährige Obmann des SK VÖEST, Johann Rinner, mit Jahresbeginn 1981 in den Ruhestand treten wird, war die Stelle im Sportreferat vakant. Johann Rinner selbst schlug Joe Kreuzer als seinen logischen Nachfolger vor. Und so kam es auch. Das von Rinner ab dem Jahre 1953 aufgebaute Sportreferat mit damals 8 Sportsektionen und 2.500 Mitgliedern, wurde von Kreuzer 1981 mit 19 Sport-Sektionen und knapp 10.000 Mitgliedern übernommen. Und der Joe krempelte auch sogleich die Ärmel hoch.

Die Mitgliederzahl stieg auf 13.000 an. Er hatte nicht nur stets offene Ohren für sämtliche Anliegen der verschiedensten Sport-Abteilungen – vom Amateurfunk, über Foto, Gewichtheben Ringen, Schach bis hin zum Wintersport – im Werk, er war auch maßgeblich daran beteiligt, dass der SK VÖEST im Jahre 1984 sein BJLZ – Bundes-Jugend-Leistungs-Zentrum – für die Fußball-Sektion etablierte. Gerade der Nachwuchs des SK VÖEST zählte jahrelang zur absoluten Top-Elite im Fußball-Land Österreich. Dem nicht genug, so führte Joe Kreuzer auch als Sportreferent den SK VÖEST in und durch sein 50-jähriges Bestandsjubiläum im Jahr 1999.

Von links: Harald Kaiserseder, Spieler des SK VÖEST von 1982 bis 1989, Joe Kreuzer, Spieler und Funktionär des SK VÖEST von 1956 bis 1976, sowie Ferdinand Milanovich https://www.oepb.at/allerlei/ferdinand-milanovich-vom-kaiserwasser-ueber-den-meidlinger-markt-nach-st-peter-zizlau.html Spieler, Trainer und Manager des SK VÖEST von 1969 bis 1991. Foto: oepb
Von links: Harald Kaiserseder, Spieler des SK VÖEST von 1982 bis 1989, Joe Kreuzer, Spieler und Funktionär des SK VÖEST von 1956 bis 1976, sowie Ferdinand Milanovich  Spieler, Trainer und Manager des SK VÖEST von 1969 bis 1991. Foto: oepb

Legende des SK VÖEST Linz

In Österreich besann man sich gedanklich und aktiv um die Jahrtauendwende seiner verdienstvollen Fußballer. Urplötzlich wurden Legenden-Teams aus dem Boden gestampft, die beispielsweise beim Wiener Stadthallen-Fußballturnier  noch einmal vor den Vorhang und auf das Parkett traten. Aber auch Legenden-Klubs wurden geschaffen. Beim FK Austria Wien, beim SK RAPID Wien und beispielsweise auch beim FC Blau-Weiß Linz.

Und so gehörte auch Joe Kreuzer mit zahlreichen anderen Granden des SK VÖEST von Anbeginn dem Blau-Weißen Legendklub an.

Dem aber nicht genug, galt er auch seit 2008 gemeinsam mit Adolf „Dolfi“ Blutsch und anderen als Initiator des Legendentreffens der Meistermannschaften des LASK von 1964/65 und des SK VÖEST Linz von 1973/74. Dieses Legendentreffen findet einmal im Jahr im Herbst im Casino Linz statt.

Sag zum Abschied leise Servus

Jürgen „Joe“ Kreuzer – ein Leben für den Fußballsport, für seinen SK VÖEST und für die Beibehaltung alter Werte mit verdienstvollen Weggefährten von einst fand nun ein abruptes Ende. Mit 77 Jahren wollte sein stets aktives Sportler-Herz einfach nicht mehr mitspielen. Joe Kreuzer hinterlässt neben seiner langjährigen Lebenspartnerin und Gattin Ingrid eine Lücke, die man nicht mehr schließen kann! Glück auf!“

Quelle: oepb

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