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Viermal jubelten gestern die Grün-Schwarzen. Foto: GEPA

 

Tore sind das Salz in der Suppe im Fußballsport, dafür geht man auf den Platz, das wollen die Leute sehen. Ein von beiden Seiten offensiv vorgetragenes Match ist aller Ehren wert. Wenn allerdings der Tabellenführer zum Letzten der Liga fährt, dort divenhaft einer Primaballerina gleich auftritt und genau genommen vom Anstoß weg das Heft in der Hand hat, um daraus so gut wie kein Kapital zu schlagen, dann sollte man sich auf Seiten der Austria berechtigte Sorgen machen, denn „Keine Sorgen“ hatten gestern lediglich die Gastgeber.

17. Spieltag tipico-Bundesliga / Sonntag, 29. November 2015, 16.30 Uhr / Keine Sorgen-Arena, 3.231 Besucher, Referee Alexander Harkam

Der SV Ried zählt mit einigen anderen Teams in der höchsten österreichischen Spielklasse zu den so genannten Kleinen, zu den Underdogs. Dennoch sollte nicht unerwähnt bleiben, dass man bereits seit 20 Jahren im Oberhaus vertreten ist, sieht man einmal von dem Betriebsunfall von zwei Saisonen in der 2. Bundesliga zwischen 2003 bis 2005 ab. Der Anhang der Innviertler ist nicht sehr groß, aber fanatisch und enthusiastisch. Und wenn man dann den „Großen“, so wie gestern Nachmittag, gehörig ans Bein pieseln kann, dann herrscht naturgemäß Euphorie pur im kleinen Fertigteil-Stadion unweit der Rieder Messe entfernt.

Es sind immer heiße Duelle, wenn der FK Austria Wien in Ried antritt. Egal, welchen Kader die Schwarz-Grünen auch haben, jeder Spieler ist bis in die Haarspitzen motiviert. Da wird gelaufen, gerackert, gezwickt, gebissen und neuerdings auch Fußball gespielt. Denn jenes flüssige Kombinationsspiel, welches die Rieder gestern abriefen, hätte man in derartig vollendender Form eigentlich von einer spielstarken Mannschaft wie der Austria erwartet. So wog die Partie vom Anstoß weg hin und her und beide Torhüter – Thomas Gebauer einerseits, sowie Osman Hadzikic andererseits – standen immer wieder im Mittelpunkt des Geschehens. Freilich mit dem besseren Ende für den Gastgeber.

Und so wurde der Treffer-Reigen bereits in der 7. Spielminute eröffnet: die Austria ist in Ballbesitz, kann jedoch die sich ihr gebotene Chance durch Marco Meilinger nicht nützen. Das flinke Umschalten des SVR gelingt rasant, Oliver Kragl flankt auf Gernot Trauner und der versenkt volley das Leder im Geheiligten der Austria zum 1 : 0. In Minute 11 donnert Roi Kehat aus 18 Metern die Kugel an die Unterlatte und ließ damit Gebauer keine Chance, 1 : 1. Es war dies Kehats Premierentreffer in der Bundesliga. Doch damit nicht genug setzte Ried sofort nach: Thomas Murg, zwischen 2012 und 2014 selbst ein Violetter, lief anhand eines perfekt gespielten Konters alleine auf Hadzikic zu und bugsierte das Leder zum 2 : 1 in die Maschen. Dies geschah vor der Rieder-Fantribüne. Während dort in der 15. Minute noch fröhlich gefeiert wurde, schossen auf der anderen Seite Teile der Austria-Anhänger Leuchtkugeln aufs Spielfeld. Dieser anhaltende Unsinn veranlasste Schiedsrichter Harkam dazu, die Partie für 5 Minuten zu unterbrechen und beide Teams vom Feld zu bitten.

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Thomas Murg traf gegen seinen Ex-Verein zweimal. Link: Lukas Rotpuller, der im Vorfeld den Zweikampf zum späteren 2 : 4 verlor. Foto: GEPA

Nachdem es von nun an ruhig blieb, ging es weiter. In der 21. Minute wurde Larry Kayode im Strafraum von Thomas Reifeltshammer gefoult, was einen sofortigen Elfmeterpfiff nach sich zog. Alexander Gorgon ließ sich die Chance zu seinem 10. Saisontreffer – 5 davon anhand anhand verwerteter Penalties – nicht nehmen und traf zum 2 : 2-Ausgleich. In Minute 33 Elfmeter-Alarm auf der Gegenseite. Richard Windbichler schubste Florian Hart weg, Dieter Elsneg sorgte für die neuerliche 3 : 2-Führung der Gastgeber. Eine Minute später hätte neuerlich der Ausgleich klappen können, Lukas Rotpuller knallte das Leder jedoch nur an die Latte.

Mit 3 : 2 ging es in die Pause. Kurios war, dass die Austria mit 3 : 0 an Cornern führte und auch 60 : 40 Prozent Ballbesitz aufweisen konnte. Die teilweise Unsicherheit der Rieder sah man daran, dass Gebauer dreimal im Zuge eines Abstoßes die Kugel aus dem Stadion drosch.

In der zweiten Hälfe spielte wieder nur die Austria, wenngleich Ried sich nicht versteckte und ihr Tor nicht einzementierte, aber die gänzlich in Gelb agierenden Veilchen ließen dem Gegner kaum Luft zum Atmen. Die werten sich jedoch mit sämtlichen erlaubten Mitteln, hatten Fußspitzen, Knie, Oberschenkel und ganze Körper im Einsatz und warfen sich bereits sehr frühzeitig in Pässe und Zuspiele. Und die Konter waren stets brandgefährlich.

Eine kuriose Situation geschah in Minute 53. Die Austria knallte dreimal aufs Tor der Rieder, traf aber nicht. Gorgons Kopfball war zu uneffektiv, Gebauer wehrt ab, dann trifft Kehat nur die Latte und zu guter letzt kann Gebauer die Situation vor gefühlten 6 „Gelben“ meistern. Beinahe im Gegenzug die spielentscheidende Szene: Lukas Rotpuller verliert auf Höhe der Mittellinie den Ball gegen Elsneg und kullert auf die Outlinie. Elsneg schickt den quirligen Murg auf die Reise und dieser verwertet staubtrocken und sich in der Entstehung bereits abzeichnend zum 4 : 2. Gespielt waren da 54 Minuten, es wäre demnach noch Zeit für weitere Austria-Tore gewesen.

Die passierten allerdings nicht mehr, denn einmal war Kayode wohl sich selbst zu schnell, suchte nicht den direkten Abschluss im Strafraum, sondern legte sich mit der Ferse den Ball zurück, um eine bessere Schussposition zu erzielen und rechnete nicht mit den Polypenarmen von Gebauer. Dieser war auch nach einem Alexander Grünwald-Stanglpass auf Kayode im Strafraum schneller am Ball. Und in der 69. Minute verfehlte Kayode eine Gorgon Vorlage um Haaresbreite. Dann war es vorbei mit der Violetten Herrlichkeit in Gelb. Unglaublich wirkt der Ballbesitz von 65 zu 35 Prozent für die Austria in der zweiten Spielhälfte. Heraus kam dabei toremäßig nichts.

Während Ried nun 6 : 0 Punkte aus den letzten beiden Spielen für sich verbuchen konnte und derzeit Vorletzter der Tabelle ist, verspielte die Austria die Tabellenführung und ihren Punktepolster auf Salzburg und RAPID komplett. 2 : 7 Punkte aus den letzten drei Partien sorgen derzeit für Platz Zwei. Spielerisch war es ein Klassespiel und der Sieg für Ried ging in Ordnung. Dennoch darf man von einem Titelkandidaten mehr Effizienz und weniger Schlendrian in der Passgenauigkeit erwarten. Bei einer derartigen Ballbesitz-Quote sollte am Ende der Begegnung mehr herauskommen sein, als nur ein erzielter Treffer aus dem Spiel. Das zweite Tor war bekanntlich ein Elfmeter.

Auch Paul Gludovatz ging gestern gewissermaßen in die Geschichtsbücher ein, war dies doch sein 144. Bundesligaspiel an der Linie der SV Ried. Damit überholte er den Aufstiegshelden von 1991 und späteren langjährigen Coach Klaus Roitinger (143. Partien).

Aus der Statistik:
Gesamtbilanz: 74 Spiele / 18 Siege / 20 Unentschieden / 36 Niederlagen – Tore: 64 : 104
Heimbilanz: 37 Spiele / 15 Siege / 12 Unentschieden / 10 Niederlagen – Tore: 39 : 35
1. Spiel gegeneinander: 30. 08. 1995 (0 : 0)

www.svried.at
www.bundesliga.at
www.austria.wien

 

 

 

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