Burgschauspieler Ulrich Rheintaler (links) verkörperte im Film „OPERATION RADETZKY“ die Person von Major Carl Szokoll. Rechts: der 29jährige Carl Szokoll des Jahres 1944. Bild: Riff GesmbH
Der morgige Feiertag, der 26. Oktober, wird in Österreich seit dem 26. Oktober 1955 begangen.

Der seinerzeitige Tag der Fahne wird seit 1965 als Österreichischer Nationalfeiertag geführt, der alljährlich am 26. Oktober an das Gesetz der immerwährenden österreichischen Neutralität erinnern soll.

Die Republik Österreich war somit nach 17 Jahren (1938 politischer Anschluss an Hitler-Deutschland / 1945, nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges bis 1955 von den vier Siegermächten UdSSR, USA, England und Frankreich besetzt) wieder frei und eigenständig.

Seit dem Jahre 1967 ist der 26. Oktober übrigens den anderen gesetzlichen Feiertagen in Österreich gleichgestellt und somit arbeitsfrei.

Am Weg dorthin möchten wir im Zuge dieses Nationalfeiertages an den Wiener Carl Szokoll (* 15. 10. 1915, † 25. 08. 2004) erinnern;

Die Operation Radetzky des Generalstabsoffiziers Major Carl Szokoll war darauf ausgerichtet, Wien im Frühling 1945 zur offenen Stadt zu erklären und der heranrückenden sowjetrussischen Armee quasi kampflos zu übergeben. Dem gegenüber stand der Befehl des Führers und Reichskanzlers Adolf Hitler, Wien zur Festung zu machen und die Stadt mit Hilfe der SS-Truppen bis zur letzten Patronenhülse zu verteidigen.

Zwischen beiden Positionen vollzog sich das kriegerische Geschehen. Major Szokoll und seine Mitstreiter konspirierten mit dem Oberkommando der Sowjetarmee und ermöglichten den Einmarsch der russischen Truppen. Der Motor des österreichischen Widerstandes Carl Szokoll geriet ins Zwielicht der Bewertung seines Kampfes, zumal der Widerspruch zwischen vorbehaltlosem Eid und Eidbruch nicht ausgeräumt wurde. Der schale Beigeschmack zwischen Wert und Unwert des Soldateneides blieb bestehen.

Carl Szokoll gehörte zu den Jahrgangs-Besten der Militärakademie in Wiener Neustadt. Hier 1935. Foto: © oepb

Kennwort Radetzky Wien 1945 – Die Operation von Major Carl Szokoll

Major Carl Szokoll war während des Zweiten Weltkrieges beim Wehrkreiskommando in Wien Führungsoffizier. In dieser Funktion baute er den Widerstand auf. Ein Mitstreiter, Oberfeldwebel Ferdinand Käs, schlug sich in den letzten Kriegstagen zum russischen Oberkommando in der Nähe von Wien durch und bot den Führungsoffizieren an, die „Rote Armee“ durch die Kanäle Wiens in die Stadt zu führen, um den letzten Widerstand der Waffen SS zu brechen. Es gelang ihm, das russische Misstrauen gegen sein Angebot zu überwinden. Und so kam es zu dieser Aktion, die verhindern konnte, dass die Stadt Wien – als einzige Großstadt im Deutschen Reich übrigens – nicht gänzlich zerstört und damit in Schutt und Asche gelegt wurde.

Die Operation glückte, aber Carl Szokoll wurde vom russischen Geheimdienst verhaftet und geradezu als Verräter behandelt. Es bedurfte einer hartnäckigen Intervention des neuen und alten Bundeskanzlers Dr. Karl Renner, um dem Chef des militärischen Widerstandes wieder die Freiheit zu schenken. Anschließend musste sich Carl Szokoll verstecken, da auch die österreichischen Behörden nach ihm fahndeten.

Carl Szokoll hat im Nachhinein den Soldaten der Deutschen Wehrmacht vorgeworfen, den von ihnen auf Adolf Hitler abgelegten Fahneneid nicht gebrochen zu haben. Er selbst fühlte sich an diese seine Eidleistung an Adolf Hitler anhand der zahllosen verbrecherischen Gräueltaten im späteren Verlauf des Zweiten Weltkriegs nicht mehr gebunden. Er war als junger Offizier und Abgänger der Theresianischen Militärakademie in Wiener Neustadt vom ehemaligen Österreichischen Bundesheer übernommen worden und stieg sodann die Beförderungsleiter bis zum Major empor.

ORF-Intendant Johannes Kunz interviewt den Major a.D. Carl Szokoll als Zeitzeuge des Kampfes der österreichischen Widerstandsbewegung im Kampf gegen Adolf Hitler und für die Republik Österreich. Foto: © oepb

Der Vorwurf des Majors und Chef des militärischen Widerstandes war unabdingbar

Die Aktion Radetzky, die untrennbar mit dem Namen Major Carl Szokoll verbunden war, mündete in die Kernfrage des Soldateneides und seiner Unbedingtheit. In diesem Zusammenhang ergab sich der Konflikt zwischen Eid und Gewissen. Und die Kollision zwischen beiden führte zum Eidbruch. Dem Soldaten bleiben zwei Möglichkeiten – im Dienst zu bleiben, oder aber zu handeln gegen die durch den Eid beschworene Pflicht und somit Zivilcourage zu zeigen.

Der Eid gegenüber Adolf Hitler wurde als nichtig erklärt, da er unter anderen Voraussetzungen geleistet wurde. Nie wurde in den Eid auf Hitler einbezogen, dass er sich zum Herrn von Europa machte. Damit wurde aber der Eid zur Lüge. Und angeführt wurde diese Auffassung durch das Carl Szokoll-Buch „Der gebrochene Eid“, in dem dieser den Eidbruch nicht für sich, sondern jedem einzelnen Soldaten der Deutschen Wehrmacht die Pflicht zu einer solchen Handlungsweise zuordnete. In dieser Zuordnung lagen jedoch die Wurzeln der Ablehnung der Person und Funktion Carl Szokoll und der Operation Radetzky.

Als Beweis dafür wurden die Nachkriegs-Turbulenzen des Befreiers von Wien durch die russische Besatzungsmacht ins Treffen gebracht. Auch bei den Offizieren des späteren Österreichischen Bundesheers lagen gewisse Reserviertheiten und andererseits kraftvolle Zustimmungen vor.

Den heutigen Soldaten der Republik Österreich bleibt dieser Konflikt zwischen Eid und Gewissen erspart. Aufgrund immer weniger werdender Zeitzeugen verblasst auch die Sicht auf den März 1938 und den so genannten Anschluss Österreichs an Hitler-Deutschland mehr und mehr. Dennoch ist es Aufgabe und Verpflichtung, dem Heute das Seinerzeit zu erhalten, wobei einer objektiven Bewertung das Wort geredet werde.

Carl Szokoll schrieb im Vorwort seines Buches von Gräben, die der Nationalsozialismus gerissen hat. Sein Wort galt allen, die diesseits und jenseits des Grabens standen. Denen, die auf seiner Seite standen, galt sein Gruß und seine Verbeugung. Und seine Hoffnung gipfelte in der Vision, dass die nachfolgenden Generationen über die Gräben aufeinander zuschreiten. Darin lag auch seine Antwort auf die Frage der nachfolgenden Generation, die da stets gelautet hatte: „Warum habt Ihr Euch nicht gewehrt?“

Die Sepp Riff-Film drehte für den ORF die „Operation Radetzky, die am 26. Oktober 1992 erstmals im TV ausgestrahlt wurde.

Quelle: Redaktion www.oepb.at

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