Zum 2. Jahrestag: Bleib aufrecht und lass Dich nicht unterkriegen, Du gute alte Wiener Stadt, damit sich auch noch Generationen nach uns an Dir erfreuen können. Staying Alive, good old Vienna! Foto: © oepb

Die Republik Österreich und deren Bundeshauptstadt Wien galt viele Jahre lang – um nicht zu sagen Jahrzehnte hindurch – als sprichwörtliche „Insel der Seligen“. Hier fühlte man sich wohl, hier konnte man gefahrlos leben und hier konnte man auch gemütlich seiner Wege gehen. In Zeiten des „Kalten Krieges“ galt Wien als Drehscheibe sämtlicher Spione und Geheimdienste, die sich hier allesamt mehr oder weniger begegneten und ihren Informationsflüssen freien Lauf lassen konnten. „Uns geschieht schon nichts, der Terror findet anderswo statt!“, so ein in den 1970er Jahren gängiges Aussage-Modell des Volksmundes hierzulande.

Bundeskanzler Dr. Bruno Kreisky

Gewiss, in der von 1970 bis 1983 andauernden 13-jährigen SPÖ-Kanzlerschaft von Dr. Bruno Kreisky galt Österreich als absolut sicher, da der „Sonnen-König“ den Mächtigen dieser Welt die Stirn bot und sich mit diesen auf gleicher Höhe – heute würde man wohl „auf Augenhöhe“ dazu sagen – begegnete. Wien galt als Nabel der Welt und das nicht erst seit dem 18. Juni 1979, als im Redoutensaal der Wiener Hofburg das SALT II-Abkommen der Supermächte USA in Form von US-Präsident Jimmy Carter und der Sowjetunion in Personalunion des Staatschefs Leonid Brechnew – mit anschließendem Wangenkuss – unterzeichnet wurde. Dieses seinerzeitige Abkommen über die Begrenzung der strategischen Rüstung war im Vorfeld sehr lange verhandelt worden. Beide Staatsoberhäupter – also US-Präsident Carter und UdSSR-Parteichef Breschnew – weilten bereits zuvor einige Tage in Wien, um sich diesbezüglich anzunähern.

Kreisky hatte alle „am Bandl“. Auch der PLO-Chef Jassir Arafat weilte im Juli des gleichen Jahres in Wien und Kreisky meinte nach dem Staatsbesuch, dass dieser dem Frieden gedient habe, denn die Nahostfrage könne nicht bloß eine Sache der Israelis und der Araber sein.

Stadtrat Heinz Nittel

Am 1. Mai 1981 wurde gegen 7 Uhr früh der Wiener Baustadtrat Heinz Nittel – der am Weg zu den 1. Mai-Feierlichkeiten war – vor seinem Wohnhaus erschossen. Kreisky befürchtete, dass der Präsident der Österreichisch-Israelitischen Gesellschaft das Opfer eines palästinensischen Terrorkommandos geworden war. Vier Tage später tauchte in Damaskus ein Flugblatt auf, in dem sich die von Abu Nidal befehligte Befreiungsbewegung Al Asifah zu diesem Mord bekannte. Am 29. Juli 1981 wurden am Flughafen Wien-Schwechat zwei Angehörige der Befreiungsbewegung Al Asifah mit scharfen Handgranaten und Maschinenpistolen im Gepäck festgenommen. Am 29. August 1981 richteten um 11.31 Uhr drei Araber in der Synagoge in der Seitenstettengasse ein Blutbad an, das zwei Tote und 20 Schwerverletzte forderte. Die Täter wurden verhaftet. Am 7. Oktober des gleichen Jahres gestand einer der verhafteten Palästinenser im Auftrag der Befreiungsbewegung Al Asifah Heinz Nittel ermordet zu haben.

Heinz Nittel (* 29. Oktober 1930, † 1. Mai 1981), ganz links im Bild, in seiner Eigenschaft als Wiener Baustadtrat anlässlich des Hallenbad-Bäderbaus zu Wien-Döbling im Frühjahr 1977. Foto: © oepb

Gaddhafi in Wien

Aufgrund einer länger zurückliegenden Einladung traf der libysche Revolutionsführer Muammar al Gaddhafi am 10. März 1982 in Wien ein. Bundeskanzler Dr. Bruno Kreisky beharrte aus wirtschaftlichen Überlegungen auf diesem Staatsbesuch, wenngleich er sich mit zahlreicher Kritik konfrontiert sah, den Revolutionsführer nach Wien eingeladen zu haben. Die damaligen Sicherheitsvorkehrungen für den als „gefährlichsten Mann der Welt“ geltenden Gaddhafi übertrafen alles bisher dagewesene. Die Wiener Polizei hatten alle Hände voll zu tun, umso mehr, als Gaddhafi auf einen Schaufenster-Bummel durch die Wiener Kärntnerstraße bestand. Drei Tage dauerte der Staatsbesuch und Gaddhafi erhoffte sich dadurch eine Annäherung an Europa. Umso mehr, da ihn und sein Land ein amerikanisches Wirtschaftsboykott arg in die Bredouille gebracht hatte.

Terror in Schwechat

Am 27. Dezember 1985 verübten drei arabische Terroristen am Flughafen zu Wien-Schwechat ein Blutbad, das zwei Tote und einen getöteten Terroristen mit sich brachte. 39 Verletzte mussten im Anschluss an etwa 200 Schüsse beklagt werden. Auch hierbei handelte es sich um eine gezielte Aktion einer Abu Nidal Befreiungsgruppe.

Der Terror der Neu-Zeit

Man könnte jetzt ausholen – sehr weit ausholen. Die Menschheit mordet, seit es sie gibt. Die Motive dafür waren und sind vielseitig. Und auch die unzähligen Kriege seit Existenz des Menschen lassen sich kaum noch aufzählen. Fakt ist allerdings auch, dass Europa den Spruch „Nie wieder Krieg!“, geboren nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges im Mai 1945 bis dato sehr ernst genommen hat. Wir Europäer sollten uns demnach allesamt glücklich schätzen, in einem friedvollen geeinten Kontinent ohne Grenzen leben zu dürfen. Wir haben alles, können allem nachgehen was uns lieb und teuer ist und leben in einer Wohlstandsgesellschaft, die unsere Vorfahren, beispielsweise die Eltern und / oder Großeltern bei weitem noch nicht so vorgefunden hatten. Und dennoch treten wir genau diesen Zustand mit Füßen. Warum? Weil der Mensch ein stets unzufriedenes Individuum ist, das nie genug bekommen kann. Am aktuellen Beispiel Russland läss sich das derzeit leider sehr genau beobachten …

Bewegung der Völker

Die Menschheit war auch immer schon gut zu Fuß. Die Sesshaftigkeit war nicht immer das oberstes Gebot des menschlichen Wesens. Wenn wir also heute von Migration sprechen, dann ist dieser Umstand nicht zwingend neu. Die Kunst ist und bleibt jedoch, aus der Vielseitigkeit der Völker und deren Lebensumstände eine Einheit zu formen, mit der wiederum wir alle zufrieden existieren können. Die Stichworte dafür lauten RESPEKT, ANERKENNUNG und TOLERANZ. Leben wir danach, bringen wir anderen Menschen diese Stichworte entgegen, oder anders gefragt, dürfen wir diese im Umkehrschluss auch erwarten? Es kann nur funktionieren, wenn ein jeder vor seiner eigenen Türe kehrt und sich selbst hinterfragt, ob  gerade er für die Gemeinschaft und deren friedvollen Erhalt alles zu geben bereit ist. Wenn das funktioniert, dann haben wir ein großes Stück Gemeinsamkeit erreicht, egal welcher Hautfarbe, Abstammung oder Religions-Ausübung wir auch angehören.

Holzauge sei wachsam

So schlimm das Denunziantentum in der NS-Diktatur zwischen 1938 und 1945 in Österreich auch war, so sehr wäre es heute ein kleiner Segen, wenn man vermehrt mit offenen Augen durch die Umwelt streifen würde. Wer mehr beobachtet, dem fällt mehr auf und der sieht auch mehr. Geht das überhaupt? Die Mitmenschen sind auf der Gasse permanent mit dem Handy beschäftigt. Sollte zwei Meter daneben stehend jemand tot umfallen, fällt das nur insofern auf, indem man das Geschehen sofort filmt, um es im Anschluss daran irgendwo sinnlos zu posten. Hass fällt nicht vom Himmel, der zeichnet sich ab, der bauscht sich auf. Und, eine gewisse Skepsis anderen Mitmenschen gegenüber ist immer noch besser, denn blindlingses Vertrauen, gerade am Beginn einer Kontaktaufnahme. Ein Sturmgewehr oder eine Kalaschnikow trägt man schließlich nicht im Hosensack mit sich! Jemand, der so herumstreift, der fällt auf.

Geben wir gemeinsam diesen Gesetzlosen keine Bühne und helfen wir allesamt zusammen mit, dass sich ein völlig sinnloses Attentat wie jenes am 2. November 2020 in der Inneren Stadt in Wien erlebt, nie mehr wieder in Europa zutragen wird. Die Hoffnung dazu stirbt immer zuletzt. 

Quelle: Redaktion www.oepb.at

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