Wer mit offenen Augen durch die schöne Wiener Stadt marschiert, der weiß, dass bei jeder Straßenbezeichnung oben auf den Häuserwänden eine Nummer vorne weg steht. Diese Nummer ist gleichbedeutend für den jeweiligen Bezirk.
Wer als ortsunkundiger eines der zahlreichen Taxis bemüht und den Fahrer frägt, wo man denn gerade sei, erfährt man zwar in freundlichem Urwienerisch, dass man jetzt im 4. oder 8. oder eben im 10. Hieb (gleichbedeutend für Bezirk) verweilt, der Name des jeweiligen Bezirkes ist dem netten Lenker der Kutsche aber nicht immer ganz so geläufig. Und da Wien über die Jahrhunderte hinweg stetig gewachsen ist, wurden unzählige Vorstädte im Laufe der Zeit zu Bezirken. Anbei daher die 23. Bezirke, oder aber ,Hiebe´ und auch ,Grätzl´ genannt samt Name, Entwicklung und Entstehung:
Innere Stadt (1. Bezirk):
Die ,Innere Stadt´ bildet den alten Stadtkern Wiens. Ursprünglich war der Bezirk in vier Viertel unterteilt. Das Stubenviertel im Nordosten, das Widmerviertel im Südwesten, das Kärntner Viertel im Südosten und das Schottenviertel im Nordwesten. Hier begann die Urgeschichte der Stadt, hier stand auch die Stadtmauer, die erst unter Kaiser Franz Josef geschliffen worden war.
Leopoldstadt (2. Bezirk):
Der Name geht auf die Vertreibung der Juden im Jahre 1670 zurück. 1624 vertreibt Kaiser Ferdinand II. die Juden aus der Stadt und weist ihnen den Unteren Werd als Wohngebiet zu. 1670 ließ Kaiser Leopold I. die dort errichtete Synagoge zerstören und die Kirche zum Heiligen Leopold erbauen.
Seitdem wird der ,untere Werd´ auch Leopoldstadt genannt.
Landstraße (3. Bezirk):
Der Bezirk entstand durch die Eingemeindung einiger Vorstädte, darunter auch einer namens ,Landstraße´. Dieser Ort geht auf eine Siedlung entlang einer alten Land- und Heeresstraße Richtung Ungarn zurück, die wiederum auf die römische Limesstraße zurückgeht.
Wieden (4. Bezirk):
Der Bezirk entstand aus einer der ältesten Vorstädte Wiens. Im Jahre 1211 wurde Wieden als ,Widem´ im Zusammenhang mit der Errichtung des Heiligengeistspitals erwähnt. Die Bezeichnung stammt vom Begriff ,Widum´, dem Ausstattungsgut einer Kirche.
Margareten (5. Bezirk):
Der Name geht auf einen alten Gutshof aus dem 14. Jahrhundert zurück. Aus dem ,Margaretner Hof´ entwickelte sich die Wiener Vorstadt Margareten. Es wechselten mehrmals die Besitzer, bis sie von einem gewissen Graf von Sonnau um 1727 an die Gemeinde Wien verkauft wurde.
Mariahilf (6. Bezirk):
Der Name ist auf eine Kopie des Gnadenbildes ,Mariahilf´ von Lucas Cranach dem Älteren zurückzuführen, das sich in einer Kapelle des 1660 von den Barnabiten in dieser Gegend errichteten Friedhofes befand. Dieses Bild befindet sich heute in der Mariahilfer Kirche.
Neubau (7. Bezirk):
Der Bezirk war einst Teil der Siedlung St. Ulrich, von der er jedoch 1693 zur Besiedelung abgetrennt wurde. Die neu entstandene Gemeinde wurde kurzerhand ,Neubau´ genannt.
Josefstadt (8. Bezirk):
Hier lag im Mittelalter eine namenlose Siedlung, die auch erst gegen Ende des 16. Jahrhunderts intensiv besiedelt wurde. Das Gebiet wurde 1700 von der Stadt Wien erworben und wurde nach Kaiser Josef I. zur Josefstadt getauft.
Alsergrund (9. Bezirk):
Der Name geht auf einen der Wienerwaldbäche zurück. Der Alsbach war damals dafür bekannt, bei Hochwasser über die Ufer zu treten und das Gebiet zu überschwemmen. Der noch heute bekannte Thurygrund im Bezirk wurde schon um 800 von bayrischen Kolonisten besiedelt.
Favoriten (10. Bezirk):
Der Name leitet sich von der ,Favorita´, einem einstigen Jagdschloss, her.
Der barocke Komplex ist nur teilweise erhalten, gehört zum 4. Bezirk und beherbergt heute das Theresianum. Von dort führte die heutige Favoritenstraße zum ,Favorithen-Thor´ des Linienwalls von Wien. Die dort entstandene Siedlung nannte man ,Siedlung vor der Favoriten-Linie´.
Simmering (11. Bezirk):
Die erste urkundliche Erwähnung Simmerings aus dem Jahre 1028 lautete noch auf den Namen Symmannigen. In einem anderen Dokument von 1130 wird als Besitzer des Ortes ein gewisser ,Isinrich von Simmaningen´ genannt. Bei den ,von Simmaningen´ dürfte es sich um ein in dieser Gegend ansässiges Landadelsgeschlecht gehandelt haben, dem der Bezirk seinen Namen verdankt.
Meidling (12. Bezirk):
Die älteste Nennung ist unter dem Namen ,Murlingen´ im Klosterneuburger Traditionsbuch überliefert. Der Name bedeutet soviel wie ,an der Mauer´. Im Mittelalter wurde in Meidling hauptsächlich Feld- und Weinbau betrieben. Mit der Entdeckung einer schwefelhaltigen Quelle wurde das Theresienbad zum beliebten Ausflugsziel. Im 18. Jahrhundert entwickelte sich der Ort zu einer Villensiedlung.
Hietzing (13. Bezirk):
Die Ortsbezeichnung ist von dem Vornamen ,Hiezo´ oder ,Hezzo´, einer Kurzform von ,Heinrich´ abgeleitet. Welcher Heinrich damit gemeint war, ist jedoch unklar. Die erste urkundliche Erwähnung stammt aus dem Jahr 1130.
Seit 1253 scheint das Stift Klosterneuburg als Grundherr auf.
Penzing (14. Bezirk):
An der Furt durch den Wienfluss wurde hier bereits um 800 eine Siedlung gegründet. Die Bezeichnung Penzing wird von ,Benzo´ abgeleitet, was vermutlich der Name eines damaligen Gefolgsherren war, der für die Gründung verantwortlich gewesen sein wird. Die Siedlung wurde erstmals 1130 als ,Pencingen´ urkundlich erwähnt.
Rudolfsheim-Fünfhaus (15. Bezirk):
Das Gebiet war schon immer dicht besiedelt und so gab es immer wieder Zusammenschlüsse der einzelnen Siedlungen. So wurden einst drei verschiedene Gemeinden zu ,Rudolfsheim´ und wurde 1860 erneut mit der Siedlung ,Sechshaus´ zusammengelegt. 1938 kam noch ,Fünfhaus´ hinzu und so kam der Bezirk zu seinem Doppelnamen.
Der ehemalige Schweinemarkt, heutiger Lobkowitzplatz.
Ottakring (16. Bezirk):
Die erste Erwähnung stammt aus dem 12. Jahrhundert unter dem Namen ,Ottachringen´. Die Siedlung geht aber vermutlich auf das 9. Jahrhundert zurück. Davon zeugt das ,ing´ im Namen. Nachdem das Heer von Karl dem Großen die Awaren aus dem Wiener Raum vertrieben hatte, wurden zur Festigung der Herrschaft zahlreiche Orte gegründet. Vermutlich lautete der Name des Begründers ,Ottacher´.
Hernals (17. Bezirk):
Der Name Hernals leitet sich von einem Rittergeschlecht, den Herren von Als ab. Die Als ist wiederum nach dem Wienfluss der längste Wienerwaldbach. Das Wort ,Als´ lässt unterschiedliche Deutungsmöglichkeiten zu. Einerseits könnte man es vom altslowenischen Wort Olsa (Erlenbach) herleiten, andererseits vom keltischen Wort für Bach, das ,Alt´ lautet, wobei das ,t´ gezischt wurde.
Währing (18. Bezirk):
Währing wurde erstmals 1170 als ,Warich´ urkundlich genannt. Über die Herkunft des Namens gibt es eine Vielzahl von Spekulationen. Zum einen könnte es vom germanischen Wort ,warich´ abstammen, das soviel wie ,Tagwerk´ bedeutet. Vielleicht leitet sich der Name auch von Werigandus ab, dem ersten Abt des Klosters Michelbeuern. Vermutlich ist der Name aber auf die slawische Landnahme zurückzuführen. ,Varica´ bedeutet soviel wie ,dunkler Bach´.
Döbling (19. Bezirk):
Döbling wurde erstmals 1114 als de ,Teopilic´ urkundlich erwähnt. Der Name leitet sich vom slawischen Wort topl´íka ab, was soviel wie ,sumpfige Stelle´ bedeutet. Der Name selbst kann auch vom altslawischen Wort ,toplica´ hergeleitet werden, was soviel wie ,warmer Bach´ bedeutet.
Brigittenau (20. Bezirk):
Der Ursprung des Namens liegt im 30jährigen (1618-1648) Krieg. Damals hieß das Gebiet noch Wolfsau und war ein von den Schweden schwer umkämpftes Gebiet. Erzherzog Leopold Wilhelm von Österreich überwachte den Kampfverlauf und übernachtete im Feldlager. Bei der Morgenandacht flog eine Kanonenkugel in sein Zelt, blieb vor seinen Füßen liegen, explodierte jedoch nicht. Aus Dank für seine Verschonung ließ er an der Stelle die Brigittakapelle errichten, zu Ehren der Heiligen Brigitta von Schweden. Nur sechs Jahre später wurde das Gebiet bereits Brigittenau genannt.
Floridsdorf (21. Bezirk):
Der Bezirk geht auf eine junge Dorfgründung, die nach der Errichtung von Brücken über die Arme der damals weitverzweigten Donau erfolgte, zurück. Die Siedlung entstand östlich der großen Straßengabelung der Prager und der Brünner Straße, den seinerzeitigen Reichsstraßen nach Prag und Brünn. Der Ort hieß zunächst ,Am Spitz´ und wurde später nach dem Klosterneuburger Abt Floridus Leeb benannt, der 1786 in der Gegend Klostergründe an Siedler abgegeben hatte.
Donaustadt (22. Bezirk):
Der Name Donaustadt wurde Ende des 19. Jahrhunderts für ein Areal im 2. Bezirk verwendet, das nach der Donauregulierung in den 1870er Jahren als Bauland nutzbar gemacht wurde. Da der Name ,Donaustadt´ von der Bevölkerung offenbar nicht benutzt wurde und sich stattdessen andere Grätzl-Namen bildeten, wurde er 1954 als Name für den neuen 22. Bezirk gewählt.
Liesing (23. Bezirk):
Am 1. November 1002 schenkte der deutsche König Heinrich II. dem Markgrafen Heinrich I. eine Besitzung zwischen der Liesing und der Triesting. In diesem Jahr wurde erstmals der Fluss Liesing als ,Liezniccha´ urkundlich erwähnt.
Dieser Name leitet sich aus dem slawischen ,Lieznicka´ ab und bedeutet Waldbach. Die erste Siedlung entstand dort um diese Zeit.