Blick in die Zeitgeschichte
Sommer 2000, Linz Straßerau, am Rande des Donaustroms. Der FC Blau Weiß Linz stieg im dritten Jahr seines Bestehens als „Meister 2000“ gerade eben erst in die Regionalliga Mitte auf, Otto Baric war Teamchef des ÖFB, Österreich bemühte sich um den Zuschlag für die Fußball-EURO 2008 (was im Herbst 2002 auch tatsächlich gelang), Viktor Klima war Bundeskanzler und das Bier im und an einen besseren Schlackenplatz in der VÖEST-ALPINE gemahnenden Areal mit dem klingenden Namen „Donauparkstadion“ wurde noch in Schillingen gelöhnt, als dem Verfasser ein bis dato gänzlich unbekannter junger Verkäufer ins Auge stach, adjustiert mit einer Umhängetasche und bewaffnet mit einem Pack Publikationen unter dem Arm. „Was will uns dieser junge Mann mitteilen?“ – so der einhellige Tenor des anwesenden Fußballplatz-Publikums. „ballesterer, neuer ballesterer!“ tönte dieser immer wieder lautstark und seine Stimmbänder wurden noch lauter, als sich die ersten Interessenten gemächlich vom Biertisch erhoben und aufmachten, das Portemonnaie zu zücken, um dem Schreihals die ersten druckfrischen Ausgaben gegen Bares quasi aus der Hand zu reißen. 28 Schilling – „30, stimmt scho!“ – heute € 2,03 kostete damals das gute Stück.
„Scho wieda a Zine und no dazua A4!“, matschkerte Einer. „A5 wär besser!“, warf ein Anderer ein. „Echt, a neichs Zine! Wahnsinn, i freu mi, davon kann es nie genug geben.“, ein Dritter. Letzterer sollte insofern Recht behalten, da die blaue „Linzer Szene“ beim SK VÖEST, späteren FC Blau-Weiß Linz zahlreiche derartige Postillen auf den Markt warf. Vom „Stahlexpress“ angefangen über die „Stahlfront-News“ und „Kauf mich“, den „Stahlstadt Jungs on Tour“ über „Der Fanatiker“ und „ALK-Zine“ (gemeint ist die Ortschaft Alkoven bei Eferding), über „Bauernszene 99“ bis hin zur „Schnauzerszene“ und dergleichen wurde in dieser Jugendbewegung über alles fußballerische schriftstellerisch palavert, was eben die fußballbegeisterte Jugend bewegt.
Das „blaue“ Linzer Areal sollte demnach für diesen Herrn mit seinem Magazin ein fruchtbarer Boden werden. Und siehe da, das Blatt fand Anklang und die erste Ausgabe in orange gehalten ging flockig von der Hand.
Ehrlicherweise sei erwähnt, dass dem Verfasser das Format ein Gräuel war. Match-Programme und Fan-Zines haben Din A5 zu sein, ob der leichteren Handhabung beim Spiel und beim späteren Abtransport nach eben diesem. Erfahrungswerte belegten, dass A4-Publikationen, beispielsweise in der Linzer Altstadt nach den diversen Kicks gerne schon einmal flöten gingen, ohne dass dies der Besitzer auch wirklich wollte. Darüber hinaus vertrat man die Ansicht, dass ein neues Zine nicht wirklich Großes und Neues bringen und bewegen würde. Doch siehe da – weit gefehlt!
Der ballesterer bot den skeptischen Linzer Donaupark-Schlackenplatz-Widersachern die Stirn, mehr und mehr und immer wieder. Die Erscheinungsweise war vorab zwar nur fallweise und dennoch wurde der „von Hand-Verkäufer“, dessen Rufname Reinhard zwischenzeitlich allerorts bekannt war, gerne erwartet, um ihm die immer wieder kehrende druckfrische Ausgabe Schuss aus der Umhängetasche heraus abzunehmen. Es bildeten sich fortan im Anschluss die so genannten „ballesterer-Leserkreise vom Donaupark“, die kritisch betrachtend und oftmals erheitert die neue Ausgabe quasi vor Ort untereinander rezensionierten.
Und auch anhand der zahlreichen Wien-Besuche auf der Hohen Warte beim First Vienna FC oder aber dem Sportclub-Platz beim WSC trafen Teile der „blauen“ Linzer Fan-Szene immer wieder auf die ballesterer-Kolporteure.
Das Zine hatte nicht nur seine Feuertaufe bestanden, sondern avancierte sehr rasch zu einem echten Fußball-Magazin mit fundierten Hintergrund-Reportagen, Nostalgie-Geschichten und auch Aufdecker-Storys. So ist es beispielsweise dem ballesterer-Team zu verdanken, dass Teile der aktuellen Wohnungseinrichtung von ÖFB-Verbandskapitän und Teamchef des Österreichischen Fußball-Wunderteams der 1930er Jahre – Hugo Meisl – nicht auf dem Sperrmüll gelandet sind, sondern für die Nachwelt im FK Austria Wien-Museum aufbewahrt werden. Die Story über den Bestand dieser Wohnung – Ausgabe 48-Dezember 2009/Jänner 2010 – rief den Verfasser auf den Plan und nachdem sich die Gemeinde Wien gegen ein Fußball-Museum im Karl Marx-Hof anhand dieser Wohnung entschieden hatte und die Räumkommandos quasi Habt Acht gestanden sind, gelang es mit der Hilfe einer „brennenden“ Sonntags-Kolumne in der größten „Kleinformatigen“ des Landes die Räumung aufzuschieben und den Kurator des FAK-Museums Gerhard Kaltenbeck mit dem Abtransport wertvoller und unwiederbringlicher Devotionalien zu betrauen.
Fußball aus aller Welt, akribisch aufbereitet in Wort und Bild, abseits von Ergebnissen und Tabellen, dafür mit tollen Fotos und echten Hintergrund-Schmankerln gespickt zu einem fairen Preis – so kann man das Fußballmagazin ballesterer einem Unwissenden in wenigen Worten nahe bringen.
Und da man die Feste feiern sollte, wie sie fallen, begeht der ballesterer heuer nicht nur sein 15jähriges Erscheinungs-Jubiläum, sondern besticht auch mit bisher sagenhaften 100 aufgelegten Magazin-Ausgaben. Dies ist insofern beispielgebend, da man weiß, welchen Stellenwert der Fußballsport hierzulande oftmals innehat. Und diesen ewigen Nörglern und alles schlecht Machern Paroli in Form einer stabilen Abwehrhaltung geboten zu haben, verdient Respekt, Hochachtung und den herzlichsten Glückwunsch zu diesem Doppel-Jubiläum.
Bravissimo, ballesterer, und bitte weiter so – flach spielen und hoch gewinnen!
Glück auf!