Das rege Nachtleben pulsiert hier anhand einer aktiven Beisl-Szenerie. Auf die - frei nach Johann Wolfgang von Goethe - "Schöne Linzerin" kann man hier mitunter treffen. Blick in die Hofgasse als Portal zur Altstadt. Foto: oepb/1990
Das rege Nachtleben pulsiert hier anhand einer aktiven Beisl-Szenerie. Auf die – frei nach Johann Wolfgang von Goethe – „Schöne Linzerin“ kann man hier mitunter treffen. Blick in die Hofgasse als Portal zur Altstadt in Linz. Foto: oepb/1990

Das ist ja wie Klein-Düsseldorf hier!“ hörte man oft die zahlreichen Deutschen Touristen über jenes Fleckerl Linz frohlocken, wenn nach Einbruch der Dunkelheit die Türen auf und die Lichter angingen und wenn in diesem Bereich der Stahlstadt an der Donau die Nacht zum Tag gemacht wurde.

Ja, die Linzer Altstadt hatte Flair, damals, in den ausgehenden 1980er und frühen 1990er Jahren und wer „Die längste Theke der Welt“ am Rhein im „Dorf an der Düssel“ bereits einmal bereist hat, der weiß, dass das hier in Linz zwar alles ein bisserl kleiner, überschaubarer und gemütlicher, keineswegs aber schlechter oder gar hinterweltlerischer war und ist.

In der „Lentia Oldtown“ konnte man abschalten, den Tag ausklingen lassen oder einfach nur in aller Ruhe gemütlich Freunde und Kumpels jeglicher Provenienz treffen, um bei Musik, Wein, Weib und Bier die Probleme der Welt zu betratschen. Heute würde man wohl „chill out“ dazu sagen. Und dennoch zählte dieser Flecken von Linz in jenen Jahren auch zu einem absolut „gefährlichen Pflaster“.

Am 16. Oktober 1985 wurde das Freudenmädchen Gabriele Blaha, damals 25jährig, mit einer Stricknadel erstochen in ihrem Zimmer in der Hofgasse aufgefunden. Drei Jahre später, am 27. Februar 1988, erschoss man den bekannten OÖ-Nachrichten-Journalisten Günther Schädel am Tummelplatz. Beide Täter wurden nie gefasst, beide Fälle gingen als große ungeklärte Verbrechen in die OÖ-Kriminalgeschichte ein.

In der historischen Linzer Altstadt vereinen sich zahlreiche jahrhundertealte Einflüsse. Besondere Sehenswürdigkeiten sind die herrlichen barocken Fassaden der Häuser. Foto: API/Magistrat Linz
In der historischen Linzer Altstadt vereinen sich zahlreiche jahrhundertealte Einflüsse. Besondere Sehenswürdigkeiten sind die herrlichen barocken Fassaden der Häuser bei Tag …

Höchst bestialisch schied am 1. September 1990 der Linzer Revierinspektor Günther Lindorfer, damals im 33. Lebensjahr stehend, aus dem Leben. Er wurde Opfer eines 18jährigen Jünglings, der der damaligen schlagkräftigen Linzer Hooligan-Partie des SK VÖEST Linz zugezählt wurde. Dieser Fall konnte zwar binnen weniger Stunden restlos aufgeklärt werden, dennoch war das Ableben des Polizeibeamten leider so typisch für die damalige Zeit.

Die Linzer Hooligans verstanden sich als Anlaufstelle für zahlreiche nach Orientierung und Anerkennung suchende Jugendliche. Gemeinsame Freizeitaktivitäten wie Treffpunkte in Spielhallen, dem Linzer Stadion und eben in der Altstadt standen auf der Tagesordnung.

Und, keinem Wickel – sei er auch noch so klein und nebulos – aus dem Weg zu gehen, das war ihr Programm. Ihr Verein war der SK VÖEST, dem hielten sie bedingungslos die Treue. Gemeinsames Auftreten auf der Gugl, oder eben auch anhand von Auswärtsfahrten machte sie stark, und auch unberechenbar. Wenngleich der SK VÖEST in jenem Jahr bereits die dritte Saison in Serie in der 2. Liga bestritt, erlebten die VÖEST-Hools damals einen regelrechten Zulauf.

Heute kann man sagen, dass der Verein nicht zu Österreichs Spitze zählte, deren Hooligans allerdings schon. Eine „Sternstunde“ dieser Epoche war der 10. November 1990, als man als „Kegelklub“ getarnt mit 70 Mann und den ÖBB zum Match SK Sturm Graz gegen FK Austria Wien in die Gruabn reiste, um sich dort mit den Veilchen-Hools zu „klopfen“.

Und dennoch war am 31. August 1990 keiner der Hooligans auswärts anwesend, als der VfB Mödling den SK VÖEST Linz in der Duursmagasse mit sage und schreibe 7 : 0 in sämtliche Einzelteile zerlegte. Ob es der Frust über die Niederlage war, oder anderweitige Gründe, es wurde nie geklärt. Fakt ist, dass diese Nacht zum 1. September 1990 ein unrühmliches und trauriges Kapitel Linzer Stadtteil-Geschichte darstellt.

Nach 4 Uhr früh betrat das spätere Opfer Revierinspektor Günther Lindorfer, in ziviler Straßenkleidung, ein Szene-Lokal in der Hofgasse. Er sah an einem Tisch vier, seiner Meinung nach alkoholisierte Jugendliche sitzen und sprach diese mit den Worten: „In Eurem Zustand dürft´s aber nicht mehr selbst fahren – ich bin vom Unfallkommando und zahl´ Euch eine Runde, wenn Ihr Eure Mopeds stehen lässt.“, an.

... die sich bei Nacht in eine lebhafte Beisl-Szenerie verwandelt, die für Generationen von Jugendlichen Anlaufstelle und Heimathafen war. Beide Fotos: API/Magistrat Linz
die sich bei Nacht in eine lebhafte Beisl-Szenerie verwandelt, die für Generationen von Jugendlichen Anlaufstelle und Heimathafen war. Beide Fotos: API/Magistrat Linz

Die dann im Anschluss getätigte Bestellung wurde ihm von der Wirtin mit dem Hinweis auf die bereits eingetretene Sperrstunde verweigert, wenngleich ein Stammgast gleichzeitig noch ein Seidl Bier bekam. Lindorfer mokierte sich über diesen Umstand und wurde in späterer Folge von dem Stammgast aus dem Lokal gedrängt.

Dabei kam es zu einem Handgemenge mit anschließendem Raufhandel vor dem Lokal. Der Zivil-Polizist ging dabei zu Boden. Diese „Gunst der Stunde“ nützten die vier Jugendlichen, um dem „Feindbild Cop“ eine gehörige Abreibung zu verpassen.

Sie stürmten hinaus auf die Gasse und traten mit den Füßen auf den am Boden liegenden Lindorfer ein. Als sich dieser bereits verletzt und sichtlich benommen erheben wollte, setzte der 18jährige Th. F. zum finalen Tritt an.

Wie bei einem Elfmeter auf den Ball trat er auf den Kopf Lindorfers und traf diesen mit voller Wucht. Die ganze traurige Tat dauerte kaum eine Minute.

Lindorfer sank in sich zusammen. Die zu Hilfe geeilte Nachtschwärmer konnten dem zweifachen verheirateten Familienvater nicht mehr helfen. Sein Leben sollte mit nur 33 Jahren völlig sinnlos in der Hofgasse der Linzer Altstadt enden …

Aufgrund zahlreicher Augenzeugen-Aussagen konnten die vier Täter im Alter zwischen 16 und 19 Jahren binnen weniger Stunden dingfest gemacht werden. Bei der Einvernahme durch die Linzer Polizei gab der Haupttäter emotionslos zu Protokoll, dass es in seiner Szene als wahre Heldentat gelte, „einen Bullen zu klopfen“

Lokalaugenschein mit Thomas F, der ungerührt seine Tat nachstellte. Faksimile vom September 1990
Lokalaugenschein mit Th. F, der ungerührt seine Tat vom 1. September 1990 nachstellte. Foto: privat

Wie krank die Menschheit bereits damals war und wie weit man gehen kann, um geachtet und respektiert zu werden, dies alles lässt einem auch heute noch, 30 Jahre später, einen kalten Schauer über den Rücken jagen.

Keine Kreatur dieser Erde ist so brutal, wie der Mensch. Man tötet um zu überleben, aber aus Spaß, Langeweile oder Gewalt-Frohlockerei, dies ist ein dem „zivilisiertestem Lebewesen“ zuzuschreibendes Phänomen.

Es waren – und sind – kranke Auswüchse einer so genannten Gesellschaft, die stets gemeiner, brutaler, hemmungsloser und härter wird. Menschliche Werte zählen nichts. Wo die Lieblosigkeit stirbt, wird Brutalität geboren.

Günther Lindorfer wurde am 5. September 1990 unter dem Beisein der Ehrengarden von Polizei und Rettung, sowie 600 Trauergästen am Linzer Stadtfriedhof in Traun beigesetzt. Die Witwe und die beiden Kinder mussten dabei gestützt werden.

Th. F., der in der Szene den zweifelhaften Spitznamen „Felsen“ trug, wurde am 25. Februar 1991 vom Jugendgericht Linz wegen Körperverletzung mit Todesfolge zu 4 ½ Jahren Haft verurteilt.

Quelle: oepb

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