Der alljährliche Wildabschuss in den ländlichen Gebieten hierzulande ist bereits wieder – „leider“ meinen die Einen, „es muss so sein“ frohlocken die Anderen – in vollem Gange und somit tritt auch der Streit zwischen den Gegnern und den Befürwortern neuerlich auf den Plan.
Dazu der Melker Bezirksjägermeister Bernhard Egger: „Der Wald ist der Lebensraum unseres Wildes und das ergibt Konfliktsituationen. Wenn der Wildbestand zu hoch wird, wird auch der Wald geschädigt“.
Es ist daher geradezu eine unerlässliche Notwendigkeit, den Wild-Bestand auf einer gewissen Größe zu halten und gezielte Abschüsse vorzunehmen.
„Aber die Zahl der Tiere wird doch gerade durch die Fütterung, die wiederum Jäger durchführen, erhöht.“, meint dazu die Tierfreundin Kathrin Weidum. „Bei uns fehlen einfach Luchs, Bär und Wolf, die den Bestand reduzieren könnten. Diese Aufgabe müssen dann die Jäger übernehmen.“, entgegnet Bernhard Egger.
Die Anti-Babypille
„Ja, es fehlen die natürlich Feinde, aber es gäbe andere Möglichkeiten den Bestand zu kontrollieren, man muss die Tiere nicht erschießen!“, verweist die Veganerin Kathrin Weidum auf andere Jagd-Gebiete Europas, wo beispielsweise Hormone zugefüttert werden. Also eine Anti-Babypillen für die Hirschkuh. Jäger Egger wirft ein: „Wir erlegen ja nicht nur altes und krankes Wild, sondern auch Wild, das auf den Markt kommt. Tiere die Hormone bekommen, können natürlich nicht auf den Lebensmittelmarkt.“ Und genau dieser Zugang trifft insofern ins Schwarze, da er beide Gemüter entzweit: Die Wildschützerin hält von der Jagd für den Markt, also Wildschweinebraten und Hirschragout, so absolut rein gar nichts.
„Unsere Aufgaben sind vielseitig. Diese sind unter anderem die Hege des Wildes und bis zu einem gewissen Grad die Wirtschaft und der Abschuss des Wildes, sowie die Hilfe in der Notzeit. Ich bin Förster und Wald und Wild sind untrennbar mitsammen verbunden.“, unterstreicht Bernhard Egger, dessen Großvater bereits Jäger war, seinen für ihn wichtigen Standpunkt.
Im Detail – nur für Niederösterreich:
Niederösterreichs Jäger zum Beispiel haben in der Saison 2017 rund 224.000 Stück Wild erlegt. Dabei hat die Zahl der Abschüsse beim Haarwild – dazu gehören Rehe, Hasen, Füchse und Wildschweine – knapp 195.000 Stück betragen, beim Federvieh waren es knapp 29.000 Stück. Diese Daten entstammen der Statistik Austria.Die Ergebnisse beim Haarwild im Detail: Auf der Abschussliste der Waidmänner in Niederösterreich standen in der abgelaufenen Jagdsaison 77.200 Rehe, 34.300 Hasen, 26.100 Stück Schwarzwild und 21.600 Füchse. Hinzu kamen 7.800 Marder, 7.000 Wiesel, sowie 8.600 Stück Rot- und 1.500 Stück Gamswild. Und auch beim Federwild hatten die NÖ-Jäger in der Saison 2017 kräftig Beute gemacht. Von Fasanen, der zahlenmäßig bedeutendsten Gruppe, wurden 15.800 Stück erlegt. Bei den Wildenten waren es 9.000, bei Wildtauben 2.700 Stück …
Dazu noch die Pros & Contras:
Dr. Josef Pröll, NÖ-Landesjägermeister: „Gerade heute, in Kultur- und nicht Naturlandschaften, wo der Mensch aus eigennützigen Interessen schon massiv eingegriffen hat, ist eine Regulierung bestimmter Wildtierbestände notwendig. Nichts regelt sich bei uns noch „von selbst“. Ein Auge auf die richtige Ausgewogenheit von Wildvorkommen im verfügbaren Lebensraum zu werfen, macht Sinn. Das ist aber nur ein Standbein der Jagd, denn nicht alle Wildarten müssen reguliert werden. Das zweite Standbein der Jagd ist die Nutzung von selbst nachwachsender Ressourcen. Wir Jäger nutzen Wildbestände, die sich von selbst erneuern und vergrößern.“
Contra von Martin Balluch, Obmann Verein gegen Tierfabriken: „Bei vielen Tieren wie Fuchs, Dachs und Vogel trifft eine Notwendigkeit zur Bejagung überhaupt nicht zu. Auch bei Paarhufern hat man festgestellt, dass ohne ganzjährige Fütterungen sich auch der Bestand von selbst in Grenzen halten würde. Wir lehnen besonders die Treibjagden auf überfütterte Paarhufer, importierte Hasen oder gezüchtete Vögel ab. Es ist ja nicht so, dass die alle gegessen werden. Eine Untersuchung ergab, dass drei Viertel aller Fasane nicht gegessen werden. Sie werden ganz einfach nach dem Abschuss eingegraben.“
Und so wird nun auch in der Jagdsaison 2019 zum fröhlichen Halali geblasen. Wanderer und Spaziergänger im ländlichen Raum wundern sich jedoch, wenn auch an Sonntagen fleißig geschossen wird. Denn dieser Tag gilt gemeinhin als Schon(zeit)-Tag.
Quelle: oepb