Lachen zieht sich durch mein Leben wie ein silberner Faden. Es gibt Ereignisse, bei denen gelacht wurde, die vor Jahrzehnten stattgefunden haben, die mir aber so lebhaft in Erinnerung geblieben sind, als wären sie erst gestern passiert. Es gibt Witze, die ich als Kind gehört und nie vergessen habe. Alle meine Freunde verbindet – bei all ihrer Verschiedenheit – die Eigenschaft, dass ich mit ihnen lachen kann. Ich kann mir einfach nicht vorstellen, mit jemandem wirklich befreundet zu sein, mit dem ich nicht lachen kann. Es vergeht praktisch kein Tag, an dem meine Frau und ich nicht miteinander lachen. Ich würde meine Kinder natürlich immer lieben, weil sie eben meine Kinder sind, aber die Tatsache, dass ich mit ihnen so oft und so herzlich lachen kann wie mit kaum jemand anderem, erfüllt mich mit einem ungeheuren Glücksgefühl. Die Fähigkeit – oder besser die Gabe, denn letztlich ist es ja ein Geschenk – lachen zu können, ist wie ein fliegender Teppich oder wie Aladins Wunderlampe, aus der, wenn immer man daran reibt, ein Geist herauskommt – der Geist des Lachens!
Dabei finde ich viel, was um mich herum vorgeht, überhaupt nicht lustig, aber sehr viel ungeheuer komisch.
Wenn die Amerikaner einem Land, das Öl oder andere interessante Rohstoffe hat, den Krieg erklären und die jeweilige Außenministerin der Welt treuherzig beteuert, man wolle jenem Land den Segen der Demokratie bringen, die Amerikaner aber bekanntlich eine ungetrübt herzliche, ölgetränkte Freundschaft mit Saudi-Arabien verbindet, der wahrscheinlich rigidesten absolutistischen Theokratie der Welt, in der oppositionelle Parteien strafrechtlich verfolgt werden und Frauen keinen Führerschein machen dürfen, dann ist das natürlich nicht lustig – aber wirklich komisch. „You think you might consider some democrazy for the Saudi people, King Abdullah?“ – „No, but I might consider selling my oil to the Chinese. After all, they pay cash!“ – „Oh, sorry, King Abdullah, stupid question!“ – „No problem, just don´t let it happen again, Hillary!“
Wenn gegen einen österreichischen Ex-Politiker jahrelang ermittelt wird, weil während und nach seiner Amtszeit in seinem Freundeskreis ein erstaunlicher Kapitalzuwachs registriert wurde und man nach diesen Ermittlungen „völlig überraschend“ eine Hausdurchsuchung durchführt, also zu einem Zeitpunkt, wo auch der größte Trottel schon alle Beweise beiseitegeschafft hätte, dann ist das auch nicht lustig – aber sehr komisch. Und wenn man dann noch was findet – ist es sogar lustig!
Und wenn ein anderer Ex-Politiker, dessen Partei bei den Wahlen nur den dritten Platz erreicht hatte, dem es aber mit machiavellischer Parteiakrobatik und houdinischen Verrenkungen gelungen war, sich in den Kanzlersessel zu katapultieren, Jahre später als „einfacher Abgeordneter“ zurücktritt, um „die Untersuchungen dubioser Vorfälle unter seiner Kanzlerschaft nicht zu behindern“, dann ist das ziemlich komisch!
Aber alle Parteien, auch die meiner sozialdemokratischen Freunde, entbehren ja nicht einer gewissen Komik. Wenn man sich an jedem 1. Mai überlegt, ob die Statik der Tribüne vor dem Rathaus noch dem Umstand Rechnung trägt, dass das Lebendgewicht der dort stehenden Funktionäre mit Lichtgeschwindigkeit zunimmt – nur Josef Cap zieht hartnäckig den Schnitt nach unten – und dann meine Freunde Häupl, Gusenbauer und Co. mit feierlich-ernstem Gesicht die „Internationale“ intonieren: „Wacht auf, Verdammte dieser Erde, die stets man noch zum Hungern zwingt“, dann fällt es mir bei aller Sympathie und bei aller Gänsehaut, die die Klänge dieses Liedes immer noch bei mir erzeugen, sehr schwer, ernst zu bleiben. Tut mir leid, aber es ist einfach komisch.
Wenn Greise in Soutanen, die schon vor Jahrzehnten der geschlechtlichen Liebe entsagt haben – sollten Sie Gottes verschlungene Wege nicht zufällig über das Lehramt geführt haben -, gültige Spielregeln für dieselbe ausstellen wollen, und es auch noch Menschen gibt, die diese ernst nehmen, ist das sowohl lustig als auch komisch.
Wenn ich mit dem Auto nach Ibiza fahre, also nach Barcelona, um dort die Fähre zu nehmen, und zwischen Wien und dem Walserberg mehr Autobahn-Baustellen sind als in der Schweiz, in Italien, in Frankreich und in Spanien zusammen, ist das wahrscheinlich nicht lustig – aber komisch. Es gibt dort auch immer tiefe Spurrinnen, die sich bei Regen übergangslos in Sprungschanzen verwandeln. Heißa, juchei! Auf geht´s! Es wäre durchaus gerechtfertigt, auf den Preis der Autobahn-Vignette zehn Prozent Vergnügungssteuer aufzuschlagen!
Wenn ich auf der Südautobahn in Richtung meines geliebten Friaul fahre und diese Südautobahn – die sich streckenweise zu einer wirklichen Autobahn verhält wie eine Kuhflade zu einer Sachertorte – sich in Tarvis von einer besseren Fortstraße in einen Samtteppich verwandelt, ist das auch nicht lustig – aber immer noch komisch. Es könnte doch der zuständige österreichische Minister seinen Kollegen in Italien anrufen und in seinem tadellosen Italienisch – die österreichischen Minister sind ja geradezu verschrien als Polyglotten! Oder heißt es Falotten? – fragen: „Was habt ihr für euren Autobahnbelag, was wir nicht haben?“ – „Ah, ihr verwendet wirklich Asphalt! Verstehe. Aha, Plastilin hält einfach nicht. Danke, Giovanni!“ Es wurde eben hier Asphalt verrechnet, aber Plastilin verwendet!
Wenn in Österreich das ganze Geld, das für die Autobahn vorgesehen war, in den letzten 50 Jahren tatsächlich für diese verwendet worden und nicht viel davon in irgendwelchen dunklen Kanälen versickert wäre, hätten wir heute nicht nur so schöne Autobahnen wie unsere italienischen Freunde, nein, wir könnten unsere Leitschienen bis zum Brenner und zum Walserberg vergolden!
Aber das hat nicht erst 2000 mit „Schwarz-Blau“ begonnen. Die schwarzen blauen Schafe haben es ja auch nicht erfunden, sondern nur rasend schnell gelernt und sich in weiser Voraussicht gedacht: Sehr lange kann das ja mit uns nicht dauern. Eigentlich verstehen wir gar nicht, dass es überhaupt angefangen hat. Also nehmen wir uns, so schnell wir können, so viel wir können!
Wenn ich mit meinen beiden Schachfreunden Dr. Werner Schneyder und Dr. Hans Pusch eine Partie spiele – Schach ist ja zunächst nicht wirklich ein lustiges Spiel -, wird sehr oft gelacht. Erstens, weil wir keineswegs stumm konzentriert spielen (wohl konzentriert, aber nie stumm), sondern viele Züge von Kommentaren begleitet werden: „Das soll ein Zug sein? Der wurde schon widerlegt, da warst du noch gar nicht auf der Welt!“ – „Das Lettische Gambit ist und bleibt ein läppisches Gambit, Herr Doktor!“ – „Mach schon an Zug, du Patzer!“ – „Spiel nie eine Eröffnung, die du nicht kannst – aber da dürftest du ja überhaupt keine spielen!“ So also, in diesem Sinne halt.
Aber es wird auch gelacht, wenn einer von uns einen Zug gefunden hat, von dem er glaubt, dass der andere nicht damit gerechnet hat, oder wenn er eine Falle sieht, die ihm der andere hinterhältig gestellt hat – das Lachen der Erkenntnis! Ich habe immer dort am liebsten und am leichtesten neue Erkenntnisse gewonnen, wo ich gleichzeitig auch lachen konnte.
Als ich ungefähr 16 Jahre alt war, fiel mir zufällig ein kleines Büchlein in die Hände: The Conquest of Happiness von Bertrand Russell. Das war der Beginn einer lebenslänglichen Liebe. Ich kann gar nicht sagen, was dieser Mann – wahrscheinlich einer der luzidesten Köpfe des 20. Jahrhunderts – für meinen Kopf getan hat. Innerhalb kürzester Zeit besaß ich eine kleine Russell-Bibliothek, ich konnte mich nicht sattlesen an ihm.
Und machte eine aufregende Entdeckung. Erstens, dass Denken eine geradezu erotische Faszination ausüben kann, und zweitens, dass man auch über die ernstesten und wichtigsten Dinge nachdenken kann, ohne dabei den Humor zu verlieren.
Aber ich wurde dadurch frühzeitig verdorben, weil ich diese Forderung naiv auch an alle Denker stellte, denen ich später begegnete – eine Enttäuschung folgte der nächsten. Ich konnte mit der schwülstigen, unklaren, esoterischen, humorlosen Priester-Geheimsprache der deutschen Denker und Sozialkritiker einfach nichts anfangen. Adorno, Horkheimer, Habermas oder der seltsame Wirrkopf Heidegger, dessen Diktion nicht einmal die „Frankfurter“ ausgehalten haben, blieben für mich ein Buch mit sieben Siegeln. „Das Nichts nichtet!“ Was du nicht sagst, Martin! Und „Der Wicht wichst!“, nehme ich an. Oder wenn er in seinem Aufsatz „Das Ding“ mit der erhellenden Erkenntnis beginnt: „Ausgießen aus dem Krug heißt schenken. Das Krughafte im Krug west im Geschenk.“ Und in der Tour geht es weiter. Wie hat Popper über ihn gesagt: „Und man versteht kein Wort. Seitenweise.“ Tucholsky hat es auf die unschlagbare Kurzformel gebracht: „Heidegger, der Philosoph, der nur aus Pflaumenmus besteht.“ Und sein Erzfeind Adorno hat gegen ihn seine Polemik Der Jargon der Eigentlichkeit geschrieben. Schreibt aber selber so Sachen wie: „Kunst will das, was noch nicht war, aber alles, was sie ist, war schon.“ Durchaus möglich, dass er recht hat – nur ich habe nicht die geringste Ahnung, was er meint.
Aber ich war, wie gesagt, von Russel verdorben. Und was mich am meisten enttäuschte, war diese Humorlosigkeit. (Man ist versucht, „deutsche“ dazuzusagen, darf man aber nicht, weil auch Erich Kästner, Loriot, Hanns Dieter Hüsch und viele andere große Humoristen von dort kommen.) Das wunderbare Lachen der Erkenntnis hat sich jedenfalls bei mir nie eingestellt. Oder vielleicht gab es da einen Humor, den ich nicht verstanden habe.
„Bei vielen Menschen ist es schon eine Unverschämtheit, wenn sie „ich“ sagen.“ Vielleicht fand Adorno seinen Satz lustig, ich hielt ihn einfach nur für arrogant und überheblich. Wo bleibt das Mitleid? Er hat meiner Meinung nach vergessen, dass er in vieler Hinsicht ein sehr privilegierter Mann war und viele Menschen, bei denen es für ihn schon eine Unverschämtheit ist, wenn sie „ich“ sagen – und ich weiß schon, was er meint, so blöd bin ich auch wieder nicht -, nicht seine Möglichkeiten hatten.
Das ist das Problem, das es zu lösen gilt. Die Diagnose allein hilft nicht. Natürlich ist sie, wie in der Medizin, die Voraussetzung. Man hat der berühmten „Wiener Medizinischen Schule“ oft vorgeworfen, dass ihr die Diagnose wichtiger war als das Heilen. Diesen Vorwurf kann man der „Frankfurter Schule“ auch machen.
Aber die Frankfurter haben viele Anhänger gefunden (sowohl als Würste wie auch als Denker), die wahrscheinlich der Meinung waren, wenn man etwas überhaupt nicht versteht, muss ja was dran sein. Oder – und das muss man dann neidlos anerkennen – sie haben sie wirklich verstanden. Als Menschen waren – und sind mir bis heute – sowohl Adorno als auch Heidegger (die anderen kenne ich noch weniger) ziemlich suspekt. Heidegger kam von der Theologie, wurde dann Philosoph, dann wirklich begeisterter Nazi (seine Reden und Aktionen als Rektor der Universität Freiburg waren einfach schändlich), dann wieder Philosoph, um an seinem Lebensende wieder resigniert sein Heil in der Religion zu suchen. Na ja, wie gesagt: „Das Nichts nichtet.“ Dem ist nicht hinzuzufügen.
Und Adorno (der im Jahr 1934 als Musikkritiker eine Hymne auf die vertonten Männerchöre von Baldur von Schirach geschrieben und noch 1937 um Aufnahme in die Reichsschrifttumskammer angesucht hatte), den die 68er angehimmelt haben, dessen Zitate sie ständig auf den Lippen hatten, ließ den Hörsaal von der Polizei räumen, als seine Studenten, deren Bibel seine Kritische Theorie war und die im Grunde nur eine konsequentere Fortsetzung seiner eigenen Ideen forderten, sein Institut besetzten. Er konnte sich nicht anders wehren. Nicht komisch – traurig! 1961 wurde der 89-jährige Russell bei einem Anti-Atomwaffen-Protestmarsch in London wegen „Widerstand gegen die Staatsgewalt“ verhaftet und zu einer Woche Gefängnis verurteilt. Das ist der Unterschied: Der protestierende Russell ließ sich selbst verhaften – Adorno seine protestierenden Studenten.
Welch ein Labsal war es dann, endlich nach Russell jemandem wie Popper zu begegnen! Ein Mann, der sich schon allein von den Frankfurtern unterschied, dass der Titel eines wichtigen Buches von ihm lautete Alles Leben ist Problemlösen (schon viel mehr nach meinem Geschmack), und der es geradezu als vornehmste Aufgabe des Denkers ansah, sich klar auszudrücken: „Das Schlimmste aber – eine Sünde gegen den Heiligen Geist – ist es, wenn Intellektuelle sich ihrer Umwelt gegenüber als große Propheten aufspielen und versuchen, sie durch Orakelsprüche zu beeindrucken. Wer´s nicht klar sagen kann, der soll schweigen und weiterarbeiten, bis er´s klar sagen kann.“ Wittgenstein hat zwar auch gesagt, „Alles was man sagen kann, kann man auch klar sagen.“, befolgt hat diesen Satz aber, weit mehr als er, Sir Karl Raimund Popper. Behutsam (gelegentlich auch gar nicht so behutsam, was ihm in England den Spitznamen „The totalitarian liberal“ eingebracht hat), glasklar, mit intellektueller Redlichkeit – und mit einem ständig aufblitzenden Humor.
Endlich wieder so einer! Wozu die Jahre im englischsprachigen Raum sicher viel beigetragen haben! Während Wittgenstein ein Leben lang den Unterschied zwischen sinnvollen und sinnlosen Sätzen untersucht hat, um am Ende draufzukommen, dass das einzig Sinnvolle dieser Beschäftigung war, herauszufinden, dass sie sinnlos ist. Außerdem hat Wittgenstein (er war vielleicht zu kurz in England und zu lange in Norwegen) in Cambridge Popper – wenn auch vielleicht nicht ganz ernst gemeint – mit dem Schürhaken bedroht und dann wütend das Zimmer verlassen. Auch kein eines wirklichen Philosophen würdiger Abgang. Aber Wittgenstein war jähzornig. Das heben seine Schüler während seiner kurzen Karriere als Dorfschullehrer am eigenen Leib zu spürten bekommen.
Russell und Popper waren auch Lehrer. Leidenschaftliche, engagierte. Popper begann bei Alfred Adler als ehrenamtlicher, sprich unbezahlter Lehrer für Schwererziehbare und brachte es bis zum einflussreichen Professor der „London School of Economics“, und Russell gründete sogar eine eigene Schule, weil ihm die bestehenden nicht gut genug erschienen. Aber meines Wissens haben beide ihrer Schüler weder bei den Ohren gezogen noch ihnen Kopfnüsse versetzt, wie dies der unbeherrschte Ludwig ständig tat.
Natürlich hatte ich auch am Theater immer die größten Schwierigkeiten mit jenen Regisseuren oder „Theatermachern“, die sich der Diktion der Frankfurter Schule bedienten – und eine Zeit lang taten dies viele. Praktisch alle, die etwas auf sich hielten. Sie trugen unter einem Arm den „Spiegel“, gegen den ich wirklich nichts hatte, im Gegenteil, aber er war für viele nur ein Requisit, mit dem sie ihre Intellektualität demonstrieren wollten. (Es gab den berühmten Witz: „Was ist der Unterschied zwischen den deutschen und den österreichischen Intellektuellen?“ – „Die deutschen Intellektuellen sind „Spiegel“-Leser, die österreichischen Intellektuellen sind Spiegeltrinker.“)
Unter dem anderen Arm trugen sie „Theater heute“, gegen das ich schon mehr hatte, denn darin wurde auf eine Art und Weise über Theater gesäuselt, die mir schon mit 20 auf die Nerven ging. Sie sonderten dann Sätze ab wie: „Wir wollen versuchen, mit diesem Stück die Produktivitätsgrenzen des dekonstruktiven Ästhetizismus auszuloten!“ (Das ist ein wörtliches Zitat!) Wie kann man als Schauspieler bei einer solchen Ankündigung ernst bleiben? Ich konnte es nicht. Meine Antwort war: „Sag mir einfach, wo ich auftrete, und ich lote inzwischen.“
Lachen ist den Mächtigen immer unheimlich. Jeder schlechte Lehrer wird sofort nervös, wenn „unten“ gelacht wird. Weil er – meist zu Recht – annimmt, dass über ihn gelacht wird. Jede Diktatur zeichnet sich dadurch aus, dass Witze, die in irgendeiner Form das System infrage stellen, bei (Todes)Strafe verboten sind. Unter Hitler, Stalin, Honecker, Franco oder Pinochet wurde wenig gelacht. Offiziell. Auch lachende Generäle sind selten.
Militär an sich lacht nicht. Wie kann ein Mensch ernsthaft im Stechschritt gehen, Gewehrgriffe pracken oder auch nur salutieren und dabei ernst bleiben? Nur wenn ihm das Lachen bei Strafe verboten wird! (Wie singt mein Freund, der wunderbare, seit Jahrzehnten von mir verehrte Georg Kreisler in seinem Lied vom General: „Na ja, er ist ein General, da ist der Schaden schon total. Er näht sich Borten an den Rock und kleine Sterne. Und wenn die andren salutier´n – das hat er gerne! Na, sag´n Sie selbst – ist das normal? Aus dem wird nie etwas, der bleibt ein General!“)
Jede Einrichtung, die merkt, wie schnell sie der Lächerlichkeit preisgegeben werden kann, tut alles, um dieses entlarvende Lachen zu verhindern. Plato hat sich vehement gegen die Lektüre von Homer gewandt (gegen die der dramatischen Dichter sowieso), weil bei ihm Helden weinen und Götter lachen. Militär, Krieg und Götterverehrung werden in einem Aufwasch relativiert! Damit konnte er, Plato, von dem das gefährliche Diktum „Kein Mensch soll ohne Führer sein“ stammt und der ebenso vehement, wie er gegen Homer war, für eine militärische Aufzucht der Kinder und einen straff geführten totalitären Staat eingetreten ist, natürlich nichts anfangen.
Und doch gibt es wahrscheinlich kaum eine andere Staatsform, die den Witz und das Lachen so animiert wie die Diktatur. Lachen als Ventil für tiefe Verzweiflung, als letzte Möglichkeit, das Unerträgliche zu ertragen! (Das ist ja eine der Wurzeln des jüdischen Witzes, die ständige Auseinandersetzung mit Verfolgung, Bedrohung, Not und Verzweiflung. Darum macht auch jeder gute jüdische Witz das Wesen der Dialektik weit einleuchtender und klarer verständlich als Hegel, Marx oder die gesamte Frankfurter Schule.)
Und das Unerträglichste für uns Menschen ist der Tod. Wir verdrängen unsere Angst davor, indem wir Witze über ihn machen. Begräbnisse sind besonders gefährdet! Ein falsches Wort vom Pfarrer, ein komischer Hut – schon hat die Trauer eine rettende Entschuldigung gefunden -, man lacht. Oder, wie es meine Freunde aus dem Weinviertel, wo ich viele Jahre gelebt habe, so treffend formuliert haben: „G´locht muass werd´n bei der Leich`- sonst geht kaner mit!“
Es gibt so viele Formen des Lachens. Die gar nicht so verschieden sind voneinander. Sie gehen ineinander über. Das Lachen der reinen Freude, der Schadenfreude, der Erkenntnis, der Verzweiflung, der Peinlichkeit, der Erleichterung.
Und sollte ich je der gütigen Fee begegnen, die uns Sterblichen drei Wünsche gewährt, müsste ich nicht länger nachdenken: „Erstens möchte ich nie die Fähigkeit verlieren, mich zu wundern; zweitens möchte ich, so lange es irgendwie geht, neugierig bleiben; und drittens, bitte, lass mich nie die Fähigkeit verlieren zu lachen!“
Denn die Zeilen aus Goethes Faust, die mich immer mehr erschüttert haben als die ganze Gretchentragödie, sind jene aus dem „Prolog im Himmel“, wenn Mephistopheles zum Herrn sagt:
„Verzeih, ich kann nicht hohe Worte machen, und wenn mich auch der ganze Kreis verhöhnt;
Mein Pathos brächte dich gewiss zum Lachen, hättst du dir nicht das Lachen abgewöhnt.“
Schrecklicher Gedanke! Wobei man allerdings zugeben muss: Jeder halbwegs anständige Gott hätte sich als Verantwortlicher für den Zustand dieser Welt wahrscheinlich schon längst das Lachen abgewöhnt.
Als Menschen dürfen wir, können wir, müssen wir weiterhin lachen!
Auszug aus dem Buch „Ich komme aus dem Lachen nicht heraus“, ISBN 978-3-85002-760-1, erschienen bei AMALTHEA;
Das oepb über Heinz Marecek:
Heinz Marecek (* 1945 in Wien), Max Reinhardt-Seminar Absolvent und zwischen 1971 und 1998 Ensemblemitglied des Theaters in der Josefstadt ist als Übersetzer, Regisseur und Schauspieler bei weitem mehr, als „nur“ der heutige Haubenkoch Hannes Kofler in der beliebten Fernseh-Serie „SOKO Kitzbühel“, wenngleich er diese Rolle auch wiederum bereits seit knapp 20 Jahren spielt. Und wer den Lebenslauf von Marecek kennt, der weiß, dass er dem Thema Kochen, Genuss und Essen sehr viel abgewinnen kann, und das seit frühester Kindheit. Folglich ist ihm die Rolle des Herrn Haubenkochs aus Kitzbühel förmlich auf den Leib geschrieben.
Andererseits muss man ihn einfach auch anders erlebt haben, in ernsten Charakterrollen, wie zum Beispiel in allen vier „Der Bockerer“-Ausstrahlungen, oder aber auf der Bühne, live, mit kongenialen Partnern wie etwa Erwin Steinhauer oder Karlheinz Hackl, oder eben alleine vor einem – seinem – Publikum. Marecek hat das, was für einen Schauspieler lebens- und überlebensnotwendig ist – das gewisse Etwas. Man sieht ihm staunend zu, in welcher Rolle auch immer, erfreut sich an seinem Tun und Machen und nimmt ihm jedwede Komik und Mimik ab. Dass sie meistens lustig ist, versteht sich hier von selbst.
Über Harald Juhnke hieß es einmal, dass er, der junge Juhnke, mit so einem Gesicht nie Karriere machen wird. Dabei ist doch gerade der Anblick eines Menschen, seine Aura und Ausstrahlung genau das, was uns fasziniert und auch anzieht. Bei Marecek verhält es sich ähnlich. Einen ernsten Marecek scheint es sehr selten zu geben, denn ihn umgibt einfach eine gewisse Komik, die ihn so unverwechselbar sympathisch und liebenswert macht. Der unvergessene Ossy Kolmann beispielsweise betrat die Bühne und die Leute lachten. Marecek steht Ossy Kolmann um nichts nach. An dieser Stelle ist es schier unglaublich, dass er heuer seinen 75. Geburtstag feiern wird. Der Umkehrschluss dazu jedoch besagt auch, dass er seit Ewigkeiten für uns, sein staunendes Publikum, da ist. Und das ist auch gut so, denn Marecek gilt als absoluter Publikumsliebling.
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