In einem Forschungsprojekt des Naturhistorischen Museums Wien und der Schlesischen Universität im polnischen Katowice ist es erstmals gelungen, einzigartige Wirbeltier-Exkremente aus der Triaszeit der Nördlichen Kalkalpen zu erforschen. Damit lässt sich die Lebensweise der Tiere vor 220 Millionen Jahren rekonstruieren.
Alexander Lukeneder, Paläontologe am Naturhistorischen Museum Wien, und Mariusz Salamon und Dawid Surmik von der Schlesischen Universität in Katowice analysierten gemeinsam 220 Millionen Jahre alten fossilen Kot sowie Speiballen (hochgewürgte Nahrungsreste) aus den Reingrabener Schiefern Niederösterreichs. Erstmals ist es dabei gelungen, diese einzigartigen Wirbeltier-Exkremente aus der Triaszeit der Nördlichen Kalkalpen zu erforschen und Meeresfischen zuzuordnen. Dabei konnten sowohl Exemplare aus der Sammlung des NHM Wien als auch neues Material, das durch die Citizen Scientists Birgitt und Karl Aschauer aus Waidhofen an der Ybbs entdeckt wurde, untersucht werden.
Im fossilen Erbrochenen fanden sich hunderte zerbissene Schalen von Beute-Ammoniten und Armhäkchen von Tintenfischen. Diese konnten vom Räuber nicht verdaut werden und wurden wieder ausgewürgt. Der Hauptteil der Funde ist aber fossiler Kot. Mit Mikrotomographie, Rasterelektronenmikroskopie sowie diversen geochemischen Analysen wurden die fossilen Proben analysiert.
„Frei nach dem Motto ‚Zeige mir deinen Kot und ich sage dir, wer du bist‘ kamen wir zu der Erkenntnis, dass die Speiballen von Acrodus, einem 1-Meter großen Meeresfisch der Triaszeit, produziert wurden. Es handelt sich dabei um einen marinen, haiähnlichen Knorpelfisch, der alle Ammoniten und Tintenfische jagte.“, resümiert Alexander Lukeneder.
Diese Weichtiere schwammen nahe am Meeresboden und im offenen Meer. Sein besonders angepasstes Gebiss mit flachen Zähnen erlaubte es Acrodus, die hartschalige Beute zu knacken und zu verschlingen, aber eben nicht zu verdauen. Die störenden Schalenreste würgte der Fisch wieder hoch.
Diese spezielle Art, sich von hartschaligen Organismen zu ernähren und deren harte Schalen zu zerknacken, wird als Durophagie bezeichnet.
Der überwiegende Teil der Fosilien sind Kotreste von kleineren Fischen wie den Strahlenflossern Gigantopterus, Saurichthys oder Polzbergia, die in großen Schwärmen den Tethys-Ozean bevölkerten. Diese wiederum fraßen andere Fische – tausende Fischschuppen in ihrem Kot belegen diese Lebensweise.
Alexander Lukeneder und seine Kollegen zeigen in dieser Studie das unerwartete Potential von fossilem Kot und Erbrochenem für die Rekonstruktion von Lebensweise, Ökologie und Ernährungsstrategien vieler Meeresbewohner der Triaszeit.
Die Funde legen nahe, dass Durophagie, also das Fressen hartschaliger Tiere, sich erst in der Triaszeit durchsetzte und damit die Ökosysteme revolutionierte.
Die fossilen Fische und deren Exkremente werden nach der Covid-19-bedingten vorübergehenden Schließung des Naturhistorischen Museums Wien im Saal 8 ausgestellt sein.
Quelle: NHM / Naturhistorisches Museum Wien
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