Die Zulassung eines COVID-19-Impfstoffes bedeutet, dass dieser von den Behörden als wirksam und sicher befunden wurde und nun unter den definierten Bedingungen eingesetzt werden kann. Mit der Impfung eines großen Teils des Gesundheitspersonals und der Personen in Alten- und Pflegeheimen gibt es dazu nun auch in Österreich erste Erfahrungen. Die Zulassung bedeutet nicht, dass die Entwicklung des Impfstoffes damit abgeschlossen ist. Damit das Ziel, möglichst viele Menschen schnell mit einem wirksamen und sicheren Impfstoff impfen zu können, erreicht werden kann, müssen auch zugelassene COVID-19-Impfstoffe weiter evaluiert werden. Dazu gehören ein sehr strenges und hocheffektives Sicherheitsmonitoring, weitere Studien bei neuen Zielgruppen und zur Beurteilung der Wirksamkeit bei neuen Virusvarianten und die Optimierung der Produktion.
Zulassung vorläufig für ein Jahr
Die in der EU eingesetzten Impfstoffe erhielten eine sogenannte bedingte Zulassung (Conditional Marketing Authorisation), die vorerst für ein Jahr gültig ist. „Bei einer bedingten Zulassung muss der Antragsteller zunächst ausreichend Daten vorlegen, die Qualität, Sicherheit und Wirksamkeit des Impfstoffs belegen und eine Nutzen-Risiko-Bewertung ermöglichen. Bestimmte und zum Zeitpunkt der Zulassung genau zu definierende Daten und Informationen sind nach erfolgter Zulassung zur Begutachtung vorzulegen.“, erläutert DI Dr. Christa Wirthumer-Hoche, Leiterin der AGES Medizinmarktaufsicht. Die Zulassungsinhaber müssen außerdem noch zwei Jahre lang die Ergebnisse der laufenden klinischen Studien zur Verfügung stellen. Diese würden Aufschluss darüber geben, wie lange der Schutz anhält, wie gut der Impfstoff schwere COVID-19-Erkrankungen verhindert, wie gut er immungeschwächte Personen, Kinder und Schwangere schützt und ob er asymptomatische Fälle verhindert.
Monatliche Sicherheitsupdates
Außerdem würden monatlich sämtliche weltweit zur Verfügung stehenden Daten über unerwünschte Wirkungen der Impfstoffe im Pharmacovigilance Risk Assessment Commitee (PRAC) der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) evaluiert, so Wirthumer-Hoche und betont: „Art und Anzahl der unerwünschten Wirkungen der Impfstoffe entsprechen bisher den Erfahrungen, die man aus den Zulassungsstudien gewonnen hat. Die häufigsten Impfreaktionen waren unter anderem Müdigkeit, Schwindel, Übelkeit, Kopfweh und Schmerzen an der Injektionsstelle. Bisher gibt es keine Anhaltspunkte, die Anlass zur Besorgnis geben.“
Gute Erfahrungen
Eine Erfahrung, die auch vom Wiener Gesundheitsverbund bestätigt wird. Die Impfbereitschaft sei sowohl im Bereich der BewohnerInnen der Pflegeeinrichtungen, als auch unter den MitarbeiterInnen hoch. Dennoch hätte man noch eine eigene Impfkampagne durchgeführt, um gut zu informieren, Bedenken zu nehmen und zum Impfen zu motivieren. Dass dies geklappt hat, zeigen die Zahlen. Mehr als 16.000 MitarbeiterInnen seien bereits geimpft, die Erstimpfungen im klinischen Bereich so gut wie abgeschlossen. Die Durchimpfungsrate liege insgesamt bei mehr als 80 Prozent, mit Schwankungen zwischen den Häusern.
Impfstoffe wirken auch bei der Variante aus Großbritannien
„Alle derzeit verfügbaren Impfstoffe bieten einen guten Schutz.“, betont Prof. Florian Krammer Icahn School of Medicine at Mount Sinai in New York. Auch gegen die B.1.1.7-Variante aus Großbritannien dürften alle zugelassenen und im Rolling Review befindlichen Impfstoffe ähnlich gut wie gegen den Wildtyp wirken. Etwas anders sei dies bei der zuerst in Südafrika detektierten Variante B.1351. „Die meisten, wenn auch nicht alle, zugelassenen oder im Rolling Review der EMA befindlichen Impfstoffe weisen derzeit zwar einen herabgesetzten, aber immer noch guten Schutz gegen die B.1.351-Variante auf. Anzunehmen ist, dass das auch für die aus Brasilien stammende P.1-Variante gilt.“, so Krammer. „Allerdings gibt es erst sehr wenige Studiendaten dazu, die über In-vitro-Daten hinausgehen. Es ist aber zu erwarten, dass zumindest schwere Verläufe abgewendet werden können.“ Er sei dagegen, auf einen bestimmten Impfstoff zu warten. „Besser ist, sich mit jedem verfügbaren Impfstoff impfen zu lassen. Die Alternative, sich noch monatelang nicht impfen zu lassen, ist wesentlich schlechter, da während dieser Zeit ein hohes Risiko besteht, sich anzustecken.“, betont der Virologe.
Außerdem würde es noch Monate dauern, bis ein adaptierter Impfstoff zur Verfügung stehen könnte. Dann wäre ein Szenario, die Grundimmunisierung mit einem der derzeitigen Impfstoffe durchzuführen und später einen „Booster“ mit einem adaptierten zu erhalten, eventuell auch mit einer anderen Technologie. „Solche „Prime-Boost“-Impfstrategien sollten so bald wie möglich in klinischen Studien getestet werden.“, erläutert Kammer.
Hinweise auf reduzierte Infektiosität nach Impfung – nur eine Teilimpfung für Genesene
Mittlerweise gibt es erste Hinweise, dass auch die Weitergabe des Virus durch eine Impfung zumindest teilweise funktionieren könnte. Krammer erklärt das so: „Durch die Impfung kommt es entweder tatsächlich zu weniger Infektionen oder das Zeitfenster, in dem jemand infektiös ist, ist kürzer.“
Hinweise mehren sich auch, dass bei Genesenen eine Teilimpfung völlig ausreichend ist. Krammer: „Bereits eine Impfung führt zu einem massiven Ansteigen der Immunabwehr, verbunden mit oft starken Impfreaktionen, die auf eine gute Immunantwort hinweisen.“ Interessantes Detail am Rande: Schon durch eine einzige Impfung erreichen Genesene enorm hohe Antikörper-Titer gegen SARS-CoV-2 – auch gegen die B.1.351 Variante – und zumindest niedrige Titer gegen SARS-CoV-1.
Produktion läuft auf vollen Touren
Damit diese und andere Gruppen geimpft werden können, braucht es natürlich ausreichend Impfstoffe. Diese werden nun sukzessive geliefert. „Als Impfstoffhersteller haben wir bereits zu Beginn der Impfstoffentwicklung gegen COVID-19 damit begonnen, Einkauf, Logistik und Produktion zu planen, ohne zu wissen, ob es je zu einer Zulassung kommen würde.“, betont Mag.a Renée Gallo-Daniel, Präsidentin des Österreichischen Verbandes der Impfstoffhersteller. „Die Produktion von Impfstoffen ist sehr komplex, braucht viel Planung und Abstimmung mit Behörden und Zulieferern. Rohstoffe und andere Materialien müssen in ausreichender Menge zur Verfügung stehen, um die Produktionen überhaupt starten zu können. Für den Transport der Impfstoffvorstufen und des Endprodukts braucht es eine ausgeklügelte Logistik.“ Außerdem sei jeder Schritt von genauen Qualitätskontrollen begleitet. Zu bedenken sei auch, dass die Errichtung von neuen Produktionsanlagen eher nicht in Frage käme, da es normalerweise fünf bis zehn Jahre dauere, um eine Impfstoffproduktionsanlage zu errichten, zu validieren und zu registrieren, so Gallo-Daniel und betont: „Eine Ausweitung der Produktionskapazität ist daher von Investitionen in den Ausbau oder die Adaptierung von bestehenden Anlagen, einer Zusammenarbeit mit Auftragsherstellern oder anderen Unternehmen abhängig. Daran arbeiten wir derzeit mit Hochdruck. Unser Ziel ist nach wie vor, so schnell wie möglich Impfstoffe für alle, die es wollen, zur Verfügung zu stellen.“
Quelle: FINE FACTS Health Communication
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