Die Kapuzinergruft ist ein Roman von Joseph Roth, der 1938 im Bilthovener Verlag „De Gemeenschap“ erschien. Das Schlusskapitel wurde am 23. April 1938 in der Exilzeitschrift Das Neue Tage-Buch unter dem Titel „Der schwarze Freitag“ vorab veröffentlicht. Die erste Ausgabe von 1938 wurde in einer Auflage von 3.000 Exemplaren gedruckt. Etwa die Hälfte dieser Auflage wurde im Mai 1940, vor der Besetzung der Niederlande durch deutsche Truppen, vergraben und nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges weiter verkauft.

Die Kapuzinergruft, Grabstätte der österreichischen Kaiser, wird hier zum Symbol der vergangenen Donaumonarchie. Der Roman spielt kurz vor, während und nach dem Ersten Weltkrieg; er endet mit dem sogenannten Anschluß Österreichs an das Deutsche Reich 1938“. 

Die Hauptfiguren sind – wie im Radetzkymarsch – Angehörige der Trotta-Familie, die in dem allgemeinen Umbruch nach dem Krieg 1918 entwurzelt und mittellos wurden. Immer wieder klingt leitmotivisch die Trauer an um eine dahingegangene Lebensordnung, die gebunden war an Tradition und das feste Gefüge einer monarchischen Staatsform. Erotische Abweichungen von der Norm, zweifelhafte Geschäftemacher, als maskulin empfundene Frauen werden als Kennzeichen einer zerrütteten Welt verstanden, deren Niedergang der Adel und die Anhänger der k.u.k. Monarchie mit Trauer, Verzweiflung und einer schwermütigen Resignation verfolgen. 

Wie in Roths gesamtem erzählerischem Werk spiegelt sich auch in diesem Roman das Schicksal der Menschen, die durch den Untergang der österreichischen Monarchie nicht nur materiell, sondern auch seelisch zutiefst getroffen wurden. Der Roman handelt von der Zeit vom April 1913 bis zum 12. März 1938 in Wien, Galizien und Sibirien.

Über die Person Franz Ferdinand Trotta

Franz Ferdinand Trotta, 1891 geboren, stammt aus „Sipolje in Slowenien“. Der Bruder seines Großvaters war jener Leutnant Joseph Trotta, der dem Kaiser Franz Joseph in der Schlacht bei Solferino das Leben rettete und dafür geadelt wurde. Obwohl Franz Ferdinand Trotta in Wiener adeligen Kreisen verkehrt, obwohl er vom Caféhausbesitzer mit „Herr Baron“ tituliert wird, ist er bürgerlich. Er spricht vom „geadelten Zweig“ seines „Geschlechts“. Sein Vater war zu Lebzeiten Chemiker, rebellierte gegen Kaiser Franz Joseph, besaß zwei Zeitungen in Agram und strebte ein „slawisches Königreich unter habsburgischer Herrschaft“ an.

Michael Heltaus Nachwort zu dieser Hör-CD

„Vorlesen ist keine eindimensionale Angelegenheit. Ganz im Gegenteil. Die intime Konzentration auf den Text ohne Bevormundung durch Illustration gibt dem Zuhörer eine Chance, seine Vorstellungskraft zu entdecken. Im Idealfall gilt das natürlich auch für die Arbeit des Schauspielers auf der Bühne. Niemandem die Phantasie wegspielen! Diese gleichsam „kammermusikalische“ Seite des Metiers, der reine Text, hat mich von Anfang an am meisten interessiert. Wenn ich vorlese, möchte ich gerne zum Lesen verführen.“

Über die Kapuzinergruft

Die Kapuzinergruft – auch Kaisergruft genannt – befindet sich unter der Kapuzinerkirche am Neuen Markt in der Wiener Innenstadt und ist die Familiengruft der Habsburger. Kaiserin Anna, Gemahlin von Kaiser Matthias, legte 1618 in ihrem Testament fest, das für sie und ihren Gemahl ein Kapuzinerkloster, das auch eine Begräbnisstätte beinhalten sollte, innerhalb der Wiener Stadtmauern zu errichten sei. Der Grundstein dafür wurde 1622 gelegt. 1633 waren sowohl die Kirche, als auch die Gruft soweit vollendet, dass die sterblichen Überreste Kaiserin Annas und Kaiser Matthias´ in die Kapuzinergruft überführt werden konnten. Bis in unsere heutige Zeit sind in der Gruft 146 Adelige, darunter 12 Kaiser, sowie 19 Kaiserinnen und Königinnen beigesetzt worden. Zuletzt im Jahre 1989 Kaiserin Zita, die Gemahlin des letzten österreichischen Kaisers Karl I.

Und so ruhen hier, unter der bescheidenen Kirche und dem Kloster des Kapuzinerordens, die Überreste der Herrscherinnen und Herrscher jener Dynastie, in deren „Reich einmal die Sonne nicht unterging“. Ein Rundgang durch die Kapuzinergruft führt durch 400 Jahre österreichischer und europäischer Geschichte, vom Dreißigjährigen Krieg über Revolutionen bis hin zu ersten Ideen für ein vereintes Europa.

Die größten Künstler ihrer Zeit gestalteten die Grufträume, auf den Särgen zeugen vielfältige Symbole der Macht vom imperialen Anspruch der Dynastie. Sinnbilder der Vergänglichkeit und des Glaubens spiegeln persönliches Gottvertrauen und Demut vor dem Schöpfer wider. Letztlich berühren jedoch die menschlichen Schicksale hinter den Ämtern, den Triumphen und Niederlagen.

Wir blicken auf 400 Jahre Herrschaft und deren Ende.

Manet aeternum diadema monarchiae / Ewig bleibt das Diadem der Monarchie

1010 Wien, Tegetthoffstraße 2 (Neuer Markt)
www.kapuzinergruft.at
Führungen in der Kapuzinergruft:

Joseph Roth

Moses Joseph Roth (* 2. September 1894 in Brody, Ostgalizien, Österreich-Ungarn; † 27. Mai 1939 in Paris) war ein österreichischer Schriftsteller und Journalist. Roth wird von vielen noch immer nur als verklärter Monarchist eingeschätzt und nicht als der scharf und klar denkende politische Autor, der sich in seinen Aufsätzen und Feuilletons gegen Verfolgung, Ausbeutung und politischen Terror stark machte. Seine unzähligen Feuilletons – er war einer der bestbezahlten Feuilletonisten seiner Zeit – sind von einem Großteil der Leserschaft noch immer unentdeckt.

Ende Jänner 1933 verließ Roth Deutschland, um nach Frankreich zu emigrieren: „Es ist Zeit, wegzugehen. Sie werden unsere Bücher verbrennen und uns damit meinen. Wenn einer jetzt Jakob Wassermann heißt oder Alfred Döblin oder Roth, darf er nicht länger abwarten. Wir müssen fort, damit es nur die Bücher sind, die in Brand gesteckt werden!“ Diese bedrohliche Zukunftsvision der Bücherverbrennung, bezugnehmend auf Heinrich Heines Äußerung „… wo man Bücher verbrennt, verbrennt man am Ende auch Menschen“, soll Joseph Roth im Kreise von Freunden und Bekannten im Juni 1932 in einem seiner Berliner Stammlokale ausgesprochen haben. Drei Monate nach Roths Tod im Mai 1939 beginnen die Nationalsozialisten einen Krieg, der ein Weltkrieg werden wird, und in dem seine Frau Friedl und alle seine Verwandten umgebracht werden.

Über den Roman „Die Kapuzinergruft“

Die Geschichte könnte typischer nicht sein für das Werk von Joseph Roth. Ein Mann, Spross einer alten Familie mit klingendem Namen, hineingeboren ins Ende einer alten Zeit, findet sich nach dem Zusammenbruch der Donaumonarchie hilflos, orientierungslos und ohne Halt.

Die Geschichte des Franz Ferdinand Trotta setzt im April des Jahres 1913 ein und endet mit dem Einmarsch der Nationalsozialisten in Österreich im März 1938. Seine Frau verliebt sich in eine Frauenrechtlerin, das Vermögen ist dahingeschmolzen und als schließlich Franz Ferdinands Mutter stirbt, reißt das letzte Band zur eigenen Geschichte. Trotta bleibt „allein, allein, allein.“ Seine einzige Rettung meint er in der Kapuzinergruft zu finden. Dort findet er die alte Welt bewahrt – und gleichzeitig begraben.

Die Kapuzinergruft sollte der letzte Roman sein, der zu Joseph Roths Lebzeiten erscheint. „Die Kapuzinergruft“, heißt es im Klappentext der 1938 in einem holländischen Verlag erschienen Erstausgabe, „ist das Gegenstück zum ‚Radetzkymarsch‘ und der Roman vom Untergang Oesterreichs als selbständiger Staat. Eindrucksvoll und ergreifend hat Joseph Roth die Erzählung dieses letzten Untergangs beschrieben.“ Auf Roths Wunsch wird das erste Exemplar mit persönlicher Widmung an Otto von Habsburg gesandt: „Meinem Kaiser Otto in ehrwürdiger Ergebenheit gewidmet.“

Dass der große Erzähler Joseph Roth vornehmlich für seine geradezu pandämonischen Romane „Radetzkymarsch“ und „Kapuzinergruft“ berühmt ist, ist auch ganz in Ordnung: Mit welcher Klarheit da das Zwielicht, mit welcher Akribie des Kolorits da des Gedankens Blässe, die vormals angebor’ne Farbe der Entschließung ankränkelnd, in allen Nuancen gemalt wird; mit welcher beinah funkelnder Sinnlichkeit Haltung und Wendung, Sanftmut und Brutalität zur Sprache gebracht werden – das hat in der Tat „Leidenschaft, Geist und Mut“ – drei unabdingbare Legitimationen des Schriftstellers, die Alfred Polgar seinem zeitweiligen Journalistenkollegen Joseph Roth nachrühmte.

Über Michael Heltau, den Erzähler des Romans

Michael Heltau, eigentlich Michael Heribert Huber (* 5. Juli 1933 in Ingolstadt) ist ein deutscher bzw. österreichischer Schauspieler und Chansonnier. 1968 wurde ihm die österreichische Staatsbürgerschaft verliehen. Er lebt in Österreich. Michael Heltau ist Schauspieler, Entertainer, Erzähler und Sänger. 

Sein Credo lautet: „Ich tanze nach der eigenen Pfeife. Und es macht mir so viel Freude, wenn ich mit dem, was mir einfällt und was ich gerne tue, Menschen Freude mache.“ Wie energiereich Heltau geblieben ist, spiegelt sich in seiner Stimme, die bis in die unmittelbare Vergangenheit ihre Frische und Spannkraft behalten hat.

Diese Vortragskunst beruht nicht zuletzt auf einer Gesangsausbildung, die der jugendliche Heltau, gerade eben ans Max Reinhardt Seminar gekommen, anfangs parallel zu seinem Schauspielstudium absolvierte, bis ihn die gestrenge Frau Professor Radò aufforderte, sich für eins von beiden zu entscheiden. Das hat er eingesehen. Und bei den Chansonprogrammen, mit denen er später so erfolgreich war, ist er nie in den Umstand verfallen, „singen“ zu wollen, sondern hat ganz bewusst gesungen wie eben ein Schauspieler.

https://michaelheltau.com/cds.html

„Ein großartiges Fresko der Kultursozialgeschichte über die Qual des österreichisch-ungarischen Reiches mit einer außergewöhnlichen Erzählkraft!“, so das oepb dazu

Die Kapuzinergruft / Michael Heltau liest Joseph Roth
Hör CD Box, bestehend aus 4 CDs, Gesamtspielzeit 4 Stunden 30 Minuten
Aufgenommen 1970 im Landesstudio Salzburg, erschienen im ORF Shop
ISBN 3-901846-30-1
Direkt zu bestellen bitte hier:

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