Expert*innen befürchten, dass die trotz COVID-Maßnahmen nicht völlig verschwundenen Pneumokokken ohne entsprechende Impfungen bald ein verstärktes Comeback geben könnten. Dies würde nicht ohne Folgen bleiben, denn Pneumokokken-Infektionen können – speziell bei Risikopersonen – zu einem schweren Verlauf und/oder langfristigen Folgen führen. Das Bewusstsein dafür ist in der Pandemie leicht gestiegen, allerdings nicht in allen betroffenen Gruppen. Damit sich mehr Menschen als bisher durch eine Impfung gegen Pneumokokken-Erkrankungen schützen können, gibt es wieder einen vergünstigten Impfstoff in den Apotheken. Die Aktion läuft noch bis Ende März 2022.
Verstärktes Wiederauftreten der Pneumokokken zu erwarten
Auch wenn es derzeit nicht so aussieht: Es ist nur eine Frage der Zeit bis die COVID-bedingten Hygienemaßnahmen inklusive Masken nach der vierten COVID-Welle wieder fallen. „Damit wird ein Wiederauftreten aller respiratorischen Keime einhergehen. Das betrifft unter anderem die Pneumokokken, die letzten Winter sogar trotz Hygienemaßnahmen nicht ganz verschwunden waren.“, warnt Dr. Rudolf Schmitzberger, Leiter des Impfreferates der Österreichischen Ärztekammer und Kinderarzt.
2020 wurden 356 Fälle invasiver Pneumokokken-Erkrankungen erfasst, 19 Personen haben die Erkrankung nicht überlebt. „Zu bedenken ist, dass die gemeldeten Fälle nur ein sehr kleiner Teil der tatsächlichen Infektionen sind. Pneumokokken-Infektionen führen oft zu Lungenentzündungen, die zwar meist mit einem Antibiotikum in den Griff bekommen werden können, aber dennoch nicht harmlos sind. Schwere Verlaufsformen mit Problemen bei der Sauerstoffaufnahme bis hin zu einer Blutvergiftung kommen häufiger vor als viele denken“, betont OA Dr. Michael Meilinger von der Abteilung für Innere Medizin und Pneumologie im Klinikum Floridsdorf und Mitglied im Arbeitskreis Infektiologie und Tuberkulose der Österreichischen Gesellschaft für Pneumologie.
Langfristige Folgen bei Erwachsenen und Kindern möglich
„Speziell bei chronisch Vorerkrankten sind langfristige Verschlechterungen ihrer Grunderkrankungen möglich. Bei Personen mit COPD (chronisch obstruktive Lungenerkrankung) weiß man seit langem, dass sich die COPD aufgrund einer durchgemachten Pneumokokken-Infektion nachhaltig und dauerhaft verschlechtern kann“ ergänzt der Pneumologe. „Daten zeigen, dass die Langzeitmortalität sogar 10 Jahre nach einer durchgemachten Pneumokokken-Pneumonie noch erhöht ist.“ Auch bei Kindern könne es schlimme Langzeitfolgen geben. Eine Pneumokokken-Meningitis könne oft kognitive Einschränkungen, verzögerte motorische Entwicklung, Höreinschränkungen oder psychologische Probleme nach sich ziehen. Diese Langzeitfolgen waren in vielen Ländern der Grund, Pneumokokken-Impfungen in Impfprogramme für Kinder aufzunehmen. So auch in Österreich.
Kinderimpfung schützt nicht nur Kinder
„Epidemiologische Daten aus Österreich zeigen, dass durch das Kinderimpfprogramm ein Herdeneffekt auch bei Erwachsenen für jene Serotypen nachgewiesen werden konnte, die im Impfstoff für Kinder enthalten sind“ erläutert Schmitzberger. „Das gilt besonders für Personen über 50 Jahre. Die Inzidenz für jene Serotypen, die nicht abgedeckt sind, ist jedoch gleichgeblieben. Das bedeutet, dass sich Erwachsene in Risikogruppen beziehungsweise ab dem Alter von 60 Jahren dennoch selbst auch noch (mit zwei verschiedenen Impfstoffen) impfen lassen müssen.“
Risikofaktoren: Höheres Alter und chronische Erkrankungen
Das Alter der Betroffenen ist ein kritischer Faktor für schwere Pneumokokken-Erkrankungen. Das gilt einerseits für Kinder unter fünf Jahren und andererseits für Menschen ab 60 Jahren. „Je älter, desto größer das Risiko für einen schweren Verlauf. Bei den über 80-jährigen, die im Krankenhaus mit Lungenentzündung behandelt werden müssen, stirbt jede*r fünfte Patient*in, bei den über 90-jährigen bereits jede*r vierte“, betont Meilinger. Ähnlich wie bei COVID-19 seien auch chronische Erkrankungen wie Herzinsuffizienz, Diabetes oder COPD Risikofaktoren für schwerwiegende Krankheitsverläufe beziehungsweise könne es durch eine Pneumokokken-Infektion zu einer Verschlechterung dieser Grunderkrankungen kommen.
Positiver Impf-Trend bei Personen ab 50 Jahren
„Daher wird die Pneumokokken-Impfung Menschen mit Immunschwäche, Asthma, COPD, Herz-Kreislauferkrankungen, Diabetes oder anderen schweren Vorerkrankungen unabhängig vom Alter besonders empfohlen“, berichtet Dr. Gerhard Kobinger, Präsidiumsmitglied der Österreichischen Apothekerkammer. „Ebenso allen Personen über 60 Jahre.“ „Personen, die eine COVID-Erkrankung durchgemacht haben, sollten ebenfalls mit ihrem* ihrer behandelnden Ärzt*in über eine Pneumokokken-Impfung sprechen“, fügt Meilinger hinzu.
„Positiv ist, dass die Pneumokokken-Impfung mittlerweile mehr als drei Viertel der Bevölkerung bekannt ist“, zitiert die Präsidentin des Österreichischen Verbandes der Impfstoffhersteller, Mag.a Renée Gallo-Daniel, eine neue Umfrage. „Das ist etwas mehr als vor der Pandemie.“ In der Altersgruppe der 50- bis 69-Jährigen gaben 15 % der Befragten an, in den letzten fünf Jahren gegen Pneumokokken geimpft worden zu sein. Das sei ein deutliches Plus im Vergleich zur Messung 2019, so Gallo-Daniel. Menschen, die sich in den letzten 12 Monaten gegen Pneumokokken haben impfen lassen, hätten dies am häufigsten aufgrund der Empfehlung eines* einer Ärzt*in, aus Präventionsgründen oder wegen der Zugehörigkeit zur Corona-Risikogruppe getan.
Die Pandemie hatte dabei einen positiven Einfluss auf die Pneumokokken-Impfbereitschaft. Die Zugehörigkeit zu einer Risikogruppe dürfte manchen bewusster geworden zu sein: 16 % wurde die Impfung aufgrund einer chronischen Lungenerkrankung empfohlen (6 % 2019). „Bei anderen chronisch Erkrankten wie Menschen mit Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Krebs dürfte die Impfempfehlung aber noch weniger gut angekommen sein als bei Personen mit chronischen Lungenerkrankungen. Hier ist noch viel Aufklärungsarbeit zu leisten“, betont Gallo-Daniel.
Vergünstigter Impfstoff noch bis Ende März erhältlich
Um einen weiteren Anreiz für die Pneumokokken-Impfung zu setzen, gibt es bereits seit 1. September 2021 eine Aktion, die noch bis zum 31. März 2022 läuft. „In diesem Aktionszeitraum kann ein Impfstoff in den Apotheken zum Sonderpreis von EUR 76,-, also rund ein Drittel günstiger, erworben werden“, berichtet Kobinger. „Die Zuschüsse werden direkt in der Apotheke abgezogen, sodass sich Impfwillige um nichts kümmern müssen. Die Apotheker*innen wissen alle Details und helfen, wo es nur geht.“
Quelle: FINE FACTS Health Communication
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