Der Mensch ist nur da ganz Mensch, wo er spielt, wusste schon Friedrich Schiller, Stürmer und Dränger bei der BSG Klassik Weimar 1788, wo er manche Vorlage des legendären Zehners Johann Wolfgang von Goethe eiskalt verwandelte. Getreu dieser Devise ist der Mensch zum Beispiel ganz Mensch, wenn er Fußball spielt. Manche spielen aber nicht, sondern sehen nur zu, geben sich aber außerdem dem Tippspiel hin und versuchen also seherisch, den Ausgang von Spielen vorherzusagen. Diese Menschen organisieren sich gerne in internetbasierten Tipprunden, wo es immer wieder zu Problemen kommt. So setzt der Autor dieser Zeilen Woche für Woche hervorragende Tipps ab, an die sich die Spieler der Mannschaften jedoch partout nicht halten.
Bei der genaueren Analyse der entsprechenden Datensätze hat ein internationales Forscherteam – bestehend aus dem Autor dieser Zeilen, der ganz gut Englisch spricht – herausgefunden, dass vielen Tippern ihre Erfolge nur möglich sind, weil sie gegen grundlegende Gesetze von Anstand und Moral verstoßen. Indem sie gegen ihren eigenen Verein tippen!
Interessierte Kreise, bisher bestehend aus dem Autor dieser Zeilen, arbeiten an einer UNO-Resolution, die diesem Treiben Einhalt gebieten soll. Bis dahin wird hier in aller Sachlichkeit noch einmal festgehalten: Jede*r, der oder die in diesen Spielrunden Vorteil aus einer Niederlage zu ziehen sucht, sollen die Finger abfaulen, mit denen er oder sie die Tipps in die App eingegeben hat, und siebenmal sieben Jahre soll eitriger Grind ihre Schädel überziehen, und die Mundfäule soll sie heimsuchen, wann immer sie sich über die so niederträchtig ergaunerten Punkte freuen, und ihr Schlaf soll voller Nachtmahre mit garstigen Fratzen sein!
Ja, aber, wird der eine oder andere einwenden, was machen Sie, Herr Goosen, wenn Ihr Klub gegen den FC Bayern München spielt? Nun, dann tippt man entweder ein 0 : 0 oder aber gleich auf Sieg für die eigenen Jungs, denn auch wenn es bei 1.000 Versuchen 999-mal schiefgeht, werden sich spätere Generationen nur an den einen geglückten Versuch erinnern! Oder man macht es wie mein Zweitgeborener: Der tippte vor dem ebenfalls aussichtslos erscheinenden Spiel unseres Vereins in Leipzig das Gründungsdatum unseres Klubs: 18:48. Und der Vater sprach zum Sohne: „Du tatest recht, in Dir ist meine Saat aufgegangen!“
Über Frank Goosen
Der weit über die Grenzen des deutschen Ruhrgebiets hinausreichend bekannte und beliebte Autor, Kabarettist und Feuilletonist Frank Goosen ist langjähriger, bekennender und leidgeprüfter – ob der schier übermächtigen Konkurrenz aus Dortmund und Schalke – Anhänger des VfL Bochum von 1848. Als solcher steht er nach wie vor treu ergeben zu den einstmals „Unabsteigbaren“, schließlich zählten die Blau-Weißen aus der Herbert Grönemeyer-Stadt Bochum von 1971 bis 1993 ununterbrochen zur höchsten deutschen Spielklasse. Nach Jahren des Paternoster-Daseins – „Wir steigen auf, wir steigen ab – und zwischendurch Europacup“ – in Anlehnung an die Aufstiege, die bis in den UEFA-Cup führten, um sich im Jahr darauf erneut in der 2. Spielklasse wieder zu finden, müsste es nun „Die Unaufsteigbaren“ heißen, denn seit 10 Jahren kannte man an der Castroper Straße die 1. Deutsche Bundesliga nur mehr vom Hörensagen. Bis, ja bis eben zum Frühjahr 2021, denn da kehrte der VfL wieder in die Beletage des Deutschen Fußballsports zurück. Und genau genommen machen gerade solche Vereine mit ihrem treuen Gefolge die Fußballwelt bunt und interessant, denn zu permanent siegreichen Teams zu stehen, das kann doch schließlich jeder.
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