Ältere Fußball-Anhänger unter unseren Lesern werden beim Namen Ernst „Dralle“ Fiala bestimmt hellwach sein. Und den jüngeren Fußballfans sei gesagt, dass mit dem Begriff „Dralle“ nicht die Fettn oder das Effet – der Drall des Balles – gemeint ist. Übrigens – der „Dralle“ ziert heute die Plastikbecher beim Bierausschank in der Generali-Arena. Ja, genau der ist das!
Ehrenkapitän Fiala
In früheren Zeiten, da gab es sie noch zuhauf. Spieler, die zeitlebens einem einzigen Fußballverein die Treue gehalten hatten. Mit ihnen assoziierte man diese Teams und umgekehrt war es genauso. Ernst Fiala war in den 1960er und frühen 1970er Jahren der FK Austria Wien schlechthin und umgekehrt die Wiener Violetten ohne ihren „Dralle“ nur die Hälfte wert. Von 1959 bis zum Winter 1974/75 trug Fiala den Dress der Wiener Austria und avancierte in jenen Jahren nach Ludwig „Luigi“ Hussak und Walter Nausch zum dritten Ehrenkapitän des FAK in der violett-weißen Klubgeschichte. Die sagenhafte Bilanz des Stürmers: 334 Meisterschaftsspiele mit 111 Toren. 5 Meistertitel (1961, 1962, 1963, 1969 und 1970), 6 Cupsiege (1960, 1962, 1963, 1967, 1971 und 1974), aber auch 8 Rote Karten im Laufe seiner Karriere und „nur“ 15 A-Länderspiele für Österreich in der Zeit zwischen 1962 und 1968.
Das „Häferl“ aus der Brigittenau
Ernst Fiala wurde am 23. November 1940 in Wien geboren. Die Familie wohnte in der Brigittenau. Der kleine Ernstl zerriss seine ersten Packeln beim WBC / Wiener Bewegungssport-Club IX in Alsergrund. 1954 gab es ein Spiel gegen die Austria. Man war von dem 14-jährigen Burschen mit dem typischen Wiener Namen Fiala derart angetan, dass der Rohdiamant sofort verpflichtet wurde. Was folgte, war eine Bilderbuch-Karriere in Violett-Weiß. In jungen Jahren galt Ernst Fiala aber auch immer ein bisserl als Enfant terrible. Was ihm immer wieder Rote Karten von den Schiedsrichtern einbrachte. Später dann, als violetter Kapitän und Mannschaftsführer agierte Fiala besonnener und ging als erfahrener Spieler stets erhobenen Hauptes und mit gutem Beispiel voran. Er stellte sich eben immer in den Dienst der Sache und zerriss sich für sein Team. Und wenn ihm ein Gegenspieler unstet in die Quere kam, dann wusste sich Fiala immer wieder zu verteidigen. Und dabei gingen ihm halt immer wieder auch ab und an die Nerven durch.
Die Geschichte mit dem Spitznamen
Der Ex-Rapidler Johann „Hansi“ Riegler heuerte nach 10 Jahren bei den Hütteldorfern im Sommer 1958 bei der Austria an. Dies umso mehr, da sein Bruder Franz „Bobby“ Riegler 1936 aktives Mitglied der Austria-Mannschaft war, die den Mitropacup gewann. Hansi Riegler fiel auf, dass der junge, pfeilschnelle Blonde namens Fiala immer perfekt frisiert war, auch nach dem rasantesten Sprint. Also begab er sich in der Kabine auf Spurensuche und entdeckte dabei Doktor Dralle, das Haarwasser des jungen Ernst Fiala. Von jenem Zeitpunkt an war der „Dralle“ geboren.
Vorbild für die erfolgreiche 1970er Generation
Ernst „Dralle“ Fiala galt bei den aufstrebenden Jung-Austrianern als absolutes Vorbild. Der spätere Ehrenkapitän Robert Sara ist heute noch voll des Lobes über Ernst Fiala und sprach ihn stets per Sie an. Und auch Herbert Prohaska wartet immer wieder mit einer lustigen Anekdote auf, wenn er sich an seine eigenen Anfänge bei der Austria zurückerinnert. Der „Schneckerl“ trug, als er 1972 erstmals bei der Austria zum Training erschien, Schlaghose, ein weit geöffnetes Hemd und Cowboy-Stiefel. Beim Betreten der Kabine sah ihn Ernst Fiala erstaunt von oben bis unten an und begrüßte den schüchternen Neuankömmling mit den Worten: „Bist mit´n Pferd da?“ Beide verstanden sich jedoch auf Anhieb sehr gut und Fiala ebnete auch die spätere Karriere Prohaskas. Als nämlich Robert Dienst 1974 Austria-Trainer wurde, hatte dieser die Idee, seine beiden Spielmacher hintereinander einzusetzen. Zuerst den „alternden“ Fiala und nach Seitenwechsel den jungen Prohaska. Darauf Fiala zu Dienst: „Lassen´s doch gleich den Buam spielen. Seine Karriere beginnt erst, meine Laufbahn ist beendet.“ Fiala riet Prohaska auch: „Dribbel soviel Du willst. Aber bleib nie stehen, wenn Du den Ball verlierst.“
22 Jahre Austria
Heimlich, still und leise ging eine große violette Karriere in der Saison 1974/75 zu Ende. Der eine – Herbert Prohaska – kam, der andere – Ernst Fiala – ging. Wie beliebt er bei den Austria-Fans war, bewies auch der Umstand, dass Ernst Fiala vom AWAK-Anhängerklub in den Jahren 1972 bis 1974 dreimal in Serie zum „Austria-Spieler des Jahres“ gewählt wurde. Und der Anhängerklub lud das einstige Idol auch zu einem Abschiedstreffen. Am 9. Oktober 1975 war das AWAK-Klubheim im 18. Bezirk, Weimarerstraße 5 bis auf den letzten Platz gefüllt. Der größte Austrianer seit Matthias Sindelar, so hieß es damals, sollte würdig verabschiedet werden. Und so war es auch. Dankesreden von Seiten des Anhängerklubs quittierte der förmlich überraschte Fiala mit zahllosen Bonmots aus seiner Laufbahn, währenddessen es im Saal mucksmäuschenstill war. Als am Ende des Abend Ernst Fiala mit zahlreichen Geschenken verabschiedet wurde und zu guter Letzt tosender Applaus und Standing Ovations für ihn einsetzten, war der gute Dralle derart gerührt, dass er dabei auch ein paar Tränen vergoss.
Trafikant und Fischer
Ernst Fiala zog sich Mitte der 1970er Jahre vom aktiven Sport zurück, war nur mehr hin und wieder bei Legendturnieren anzutreffen, am Fußballplatz sah man ihn allerdings kaum noch. Wo er immer gut gelaunt war und jungen Fans stets Gehör schenkte war in seiner Trafik in der Denisgasse in der Brigittenau. Dort schrieb er nach wie vor Autogramme und schenkte jugendlichen Fußball-Anhängern auch hin und wieder ein Sackerl Panini-Pickerl. Auf den Fußballplatz gehe er nicht mehr. Er verfolge seine Austria allerdings sehr genau, aber eben im TV. Dies erzählte er im Rahmen eines ORF-Termins in seiner Trafik im Jahre 1981. Um ergänzend hinzufügen, dass er sich mit dem Radfahren oder dem Fischen, seiner großen Leidenschaft, fit hält.
15. Todestag
Thomas „Tommy“ Parits war im Oktober 2006 gerade erst zum General-Manager beim FK Austria Wien bestellt worden, da musste er sogleich eine weniger erfreuliche Tätigkeit verrichten, nämlich vom Ableben seines alten Freundes und Weggefährten Ernst „Dralle“ Fialas zu berichten.
„Wenige Tage vor seinem Tod habe ich den Dralle noch im Spital besucht, ihm einen Trainingsanzug der Austria geschenkt und zu ihm gesagt: „Dralle, den trägst Du, wenn Du das Spital verlässt!“ Er hat sich darüber gefreut und wir plauderten lange und ausführlich und alte Zeiten. Wenige Tage später erreichte mich die Todesnachricht. Diese war wie ein Keulenschlag. Mit dem „Dralle“ ging ein großer Austrianer viel zu früh von uns. Er war ein Star seiner Zeit, hat dies aber nie herausgekehrt. Kam ein junger Spieler, konnte man sich sicher sein, dass sich der Dralle um ihn kümmerte, siehe Herbert Prohska. Ich hatte die Ehre, viele Jahre mit ihm ein Zimmer zu teilen, wenn wir unterwegs waren. Dabei werde ich nie vergessen, wie er einmal ein nagelneues Paar Fußballschuhe bekam, mir diese aber schenkte, da meine bereits verschlissen waren. Er war stets auf das Wohl der anderen bedacht. Sportlich verglich ich ihn immer gerne mit dem Deutschen Wolfgang Overath. Technisch sehr stark mit viel Übersicht. So führte er uns auch zu zahlreichen Titeln und Triumphen. Unvergessen unser 6 : 0 über Rapid 1969 im Stadion.“, so Thomas Parits.
Heimlich, still und leise, so wie er von der Fußballbühne abgegangen war, so verabschiedete sich Ernst „Dralle“ Fiala auch am 11. November 2006 von der Bühne des Lebens. Bleiben wird die Erinnerung an einen Aktiven, der stets mit großartigen Erfolgen beim FK Austria Wien gleichzusetzen ist. 670 Spiele mit 249 Toren – Quelle: www.austria-archiv.at – in 22 Jahren Austria, von den Knaben bis in die Seniorenauswahl immer für ein und dasselbe Team angetreten zu sein, das verdient Respekt und Hochachtung. Ernst Fiala und sein untrennbar mit ihm verbundenes Dralle-Haarwasser bleiben unvergessen.
Quelle: Redaktion www.oepb.at
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