Wiener Kaffeehauskultur als UNESCO-Kulturerbe. Eva Nowotny und Maximilian Platzer. Foto: oepb
Wiener Kaffeehauskultur als UNESCO-Kulturerbe. Eva Nowotny und Maximilian Platzer. Foto: oepb

Die UNESCO hat per 10. November 2011 die Wiener Kaffeehauskultur in das Verzeichnis immateriellen Kulturerbes aufgenommen.

Die offizielle Verleihung der Urkunde fand im Café Weimar in Wien durch die Präsidentin der Österreichischen UNESCO-Kommission Dr. Eva Nowotny statt. „Für die Wiener Kaffeesieder geht ein Traum in Erfüllung“, so KommR Maximilian K. Platzer, Obmann des Klubs der Wiener Kaffeehausbesitzer.

Zum immateriellen Kulturerbe zählen laut UNESCO Praktiken, Darstellungen, Ausdrucksformen, Wissen und Fertigkeiten, die Gemeinschaften, Gruppen und gegebenenfalls Einzelpersonen als Bestandteil ihres Kulturerbes verstehen. Immaterielles Kulturerbe wird von einer Generation an die nächste weitergegeben, fortwährend neu gestaltet und vermittelt den Gemeinschaften ein Gefühl von Identität und Kontinuität.

„Die Wiener Kaffeehauskultur ist schon seit sehr langer Zeit eine fixe Größe in der österreichischen Kultur“, so Maximilian Platzer. Blickt man auf die lange Geschichte der Wiener Kaffeehäuser zurück, steht ganz außer Frage, dass diese eng mit der österreichischen Geschichte verbunden ist. Denn das Wiener Kaffeehaus und die dort einzigartig gelebte Kaffeehauskultur war schon immer ein Ort der Kommunikation zu privaten, politischen, wirtschaftlichen oder kulturellen Themen. Viele der Wiener Traditionsbetriebe bestehen seit über 100 Jahren und legen stets großen Wert auf die Erhaltung des familiären Flairs früherer Zeiten. Dies mache das Wiener Kaffeehaus zu einem Treffpunkt mit Seele und Herz für Jung und Alt, so Obmann Maximilian Platzer.

Charakteristisch zeichnet das Wiener Kaffeehaus nicht nur die besondere Atmosphäre, sondern auch sein ganz spezielles Ambiente. Holz- oder Plastiktische sucht man im typischen Wiener Kaffeehaus vergebens, denn die Wiener Melange wird ihren Gästen stets auf klassischen Marmortischen serviert. Logen und Polsterungen der Sitzflächen und die typischen Thonetstühle bieten den Kaffeehausbesuchern besonderen Komfort. Entscheidend für ein typisches Wiener Kaffeehaus sind neben den besonderen Logen vor allem kleine aber wichtige Details, wie der traditionelle Zeitungstisch und die Innenausstattung im Stil des Historismus. Das Kramersche Kaffeehaus am Graben war 1720 das erste Wiener Kaffeehaus, das auch Zeitungen auflegte und seine Gäste somit mit Nachrichten aus aller Welt versorgte.

Dr. Christl Gräfin Schoenfeldt, bis 1980 Organisatorin des Opernballs. Foto: oepb
Dr. Christl Gräfin Schoenfeldt, bis 1980 Organisatorin des Opernballs. Foto: oepb

Die Geschichte des Wiener Kaffeehauses begann bereits gegen Ende des 17. Jahrhunderts und ist eng mit der Türkenbelagerung verbunden. Von 1803 bis 1813 wurde das Wiener Kaffeehaus durch Napoleons Kontinentalsperre für den Handel mit England auf eine harte Probe gestellt. Der Zoll auf Kaffeebohnen wurde so hoch, dass ihn sich kein Kaffeesieder zu leisten vermochte. Als 1808 Österreich der Handelssperre beitrat, standen die Wiener Kaffeehäuser kurz vor dem Ruin. In dieser durchaus kritischen Zeit wurde den Wiener Kaffeehäusern erstmals gestattet, seinen ausschließlich männlichen Gästen auch Wein und warme Speisen zu servieren – das bis in die heutige Zeit bekannte und beliebte Wiener Kaffee-Restaurant ward geboren. Weiblichen Gästen öffnete das Wiener Kaffeehaus erstmals 1856 seine Pforten. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts ist das Wiener Kaffeehaus ähnlich wie heute, nicht nur zu einem beliebten Treffpunkt für ein Plauscherl unter Freunden avanciert, sondern gilt ebenso als Ort für Geschäftsgespräche und Verhandlungen. Als Mekka der Kommunikation ist das Wiener Kaffeehaus ein alt bekannter und geliebter Ort, dessen Entwicklung seit den 1860er Jahren in imposanten Photobänden bestaunt werden kann.

Martha Kyrle, Tochter von Adolf Schärf, im Cafe Weimar. Foto: oepb
Martha Kyrle, Tochter von Adolf Schärf, im Cafe Weimar. Foto: oepb

Und so sitzt man also auch in diesen Tagen in einem typischen Wiener Cafe und harrt dem „Ober“, was auch soviel heißen möge wie … „ob er auch kommt.“ Winken oder gar nach ihm rufen schickt sich nicht, ja ist gar verpönt.

Ein echter Wiener Kaffeehaus-Ober sieht stets aus einem schier spitzbübischen Augenwinkel heraus, wer Neu im Lokal ist oder wer gar noch Wünsche nach lukullischen und warmen Genüssen hegt.

Und so kann man nach wie vor zwischen einem „Großen oder Kleinen Braunen“, einem „Verlängerten, Einspänner, Melange, Mokka“ und dergleichen wählen und ist oftmals belustigter Ohrenzeuge, wenn diese Vielfalt an Kaffee-Tassen-Möglichkeiten vorzugsweise Deutschen Touristen immer wieder gerne offenbart wird, sollten diese lediglich unwissend „einen schönen Kaffee“ bestellen.Auch die stets freundliche, zuvorkommende, aber auch manchmal ein bisserl grantelnde Wiener Art, wie: „Küß die Hand, Frau Kommerzialrat!“, oder „Servus, Grüß Dich Herr Kammerschauspieler“, sowie „Gnä Frau, wegen Ihna kann i kane Rollschuah anziehn.“ ist es, die das Flair eines echten Wiener Cafes ausmachen.

War es allerdings dem jungen Kabarettisten Karl Farkas der Zwischenkriegsjahre oft noch unmöglich, im Cafe einen Kaffee zu konsumieren … „Lieber Herr Ober Hans, halten´s mir bitte den Stuhl frei, ich gehe jetzt schnell nach Hause einen Kaffee trinken.“, verkündete ÖFB-Wunderteam-Architekt Hugo Meisl der wartenden Journalisten-Schar im Ring-Cafe sein „Schmiranski-Team“, residierte die große Wiener Austria in Sachen Fußballsport jahrzehntelang in einem Kaffeehaus anstatt einem Büro, so stellte der bekannte Schriftsteller und Kaffeehaus-Literat Friedrich Torberg einstens trocken fest: „Man ist zwar nie zu Hause, aber auch nicht an der frischen Luft.“, oder aber „Man braucht Gesellschaft, um alleine zu sein.“

Das Wiener Cafe ist und bleibt eben neben den zahlreichen Sehenswürdigkeiten der Stadt eine Institution und wurde nun auch als UNESCO-Kulturerbe – nach dem Wiener Dudeln und der Ball-Kultur – offiziell anerkannt.

Aus einem Zusammenschluss traditioneller und innovativer Kaffeehäusern Wiens ist 1956 der Klub der Wiener Kaffeehausbesitzer entstanden. Zu den wichtigsten Aufgaben des ehrwürdigen Klubs zählen die Vertretung des Klubs und seiner Mitglieder gegenüber den Medien und Interessenten aus der Wirtschaft sowie die Erhaltung und Förderung der Tradition „Wiener Kaffeehauskultur“.

Quelle: oepb

www.kaffeesieder.at

Das Wiener Kaffeehaus

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