Die Auswirkungen des Klimawandels auf die Landwirtschaft werden immer deutlicher. Wetterextreme, Schädlinge und Pilzkrankheiten verursachen zunehmend Ernteverluste bei Kulturen wie Zuckerrübe, Raps, Kartoffeln oder Kürbis. Bei diesen Kulturen gibt es bereits deutliche Flächenrückgänge und Versorgungsengpässe. Zusätzlich erschweren aktuelle EU-Vorschriften die heimische Lebensmittelproduktion. „Die Landwirtschaft braucht jetzt wirksame Werkzeuge, um die Lebensmittelversorgung nachhaltig zu sichern. Ansonsten drohen entlang der gesamten Lebensmittelwertschöpfungskette ernsthafte Probleme“, geben EU-Abgeordneter DI Alexander Bernhuber, der Obmann des Vereins „Wirtschaften am Land“ DI Josef Plank und die Geschäftsführerin der InteressenGemeinschaft Erdäpfelbau (IGE) DI Anita Kamptner zu bedenken.

Wirkstoffverbote im Pflanzenschutz bringen Produktionsrückgänge

Die Landwirtschaft kämpft mit den Auswirkungen des Klimawandels. Anstatt wirksamer Werkzeuge und Wirkstoffalternativen im Pflanzenschutz gegen das vermehrte Auftreten von Schädlingen und Pilzkrankheiten, sehen EU-Vorschriften wie die aktuelle Pflanzenschutz-Verordnung (EG 1107/2009), das EuGH-Urteil zu den Notfallszulassungen im Jänner 2023 oder Gesetzesvorschläge zur SUR (Sustainable Use Regulation) Verbote und Einschränkungen in der Lebensmittelerzeugung vor:

Verordnungsvorschlag zur nachhaltigen Verwendung von Pflanzenschutzmitteln
(SUR): Ziel ist die Reduktion von Pflanzenschutzmitteln um 50% bis 2030.

EuGH-Urteil zu Notfallszulassungen:
Beizen von Saatgut mit gewissen Wirkstoffen als Pflanzenschutzmaßnahme verboten (u.a. jene bei Zuckerrüben gegen den Rübenderbrüssler oder bei Ölkürbis gegen bodenbürtige Pilze).

Aktuelle Pflanzenschutzverordnung (EG 1107/2009):
Keine Wiederzulassungen von vielen notwendigen Pflanzenschutzwirkstoffen, Resistenzbildungen als Folge.

Alexander Bernhuber: „Dürfen nicht in die Importfalle tappen“

„Die aktuellen Entscheidungen der Europäischen Kommission bringen die heimische Landwirtschaft in Bedrängnis. Das spiegelt sich in Verarmung der Fruchtfolge, Verlust der Artenvielfalt und einer beginnenden Verlagerung der Lebensmittelproduktion ins Ausland wider“, warnt Bernhuber. Die Europäische Kommission erschwert die Lebensmittelproduktion, anstatt Lösungen für die klimatischen Herausforderungen zu geben. Anhand der Erdäpfel lasse sich skizzieren, wie der Verlust der eigenen Produktion auch die Verbraucher belaste, so Bernhuber: „Früher war die Versorgung mit heimischen Erdäpfeln flächendeckend möglich, da wir die Kultur gegen Schädlinge wie den Drahtwurm schützen konnten. Durch das Verbot nützlicher Wirkstoffe können Landwirte das Risiko der Produktion nicht mehr tragen. Wir erleben einen Produktionsrückgang und laufen Gefahr, dass heimische Kartoffeln aus den Supermarktregalen verschwinden und solche aus dem Ausland importiert werden müssen. Die Zeche zahlt der Konsument in Form von geringerer Qualität zu höheren Preisen. Um das zu verhindern, brauchen wir Anpassungsmaßnahmen im Green Deal und eine durchdachte Entscheidungspolitik – sonst schlittern wir in die Importfalle, aus der wir nur schwer wieder herauskommen.“

Anita Kamptner: „Alternativen für Wirkstoffverluste oder Produktionsaufgabe“

„Die Versorgungslage mit heimischen Erdäpfeln birgt bereits jetzt ernsthafte Herausforderungen für die Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion“, warnt Kamptner. Wichtige Pflanzenschutzmittel wurden eingeschränkt, ohne Alternativen bereitzustellen: „Das Risiko ist für Landwirte nicht mehr tragbar, daher ist bereits jetzt die Versorgung mit Erdäpfeln nicht mehr gegeben.“ Die IGE befürchtet, dass sich solche Probleme entlang der Lebensmittelwertschöpfungskette verschieben: „Die Verarbeitungsbetriebe, meist im ländlichen Raum beheimatet, bekommen zu wenig Rohstoffe von den Bauern geliefert. Als Folge müssen sie die Verarbeitungskapazität verringern, was wiederum Arbeitsplätze gefährdet.“ Im Pommeswerk Hollabrunn etwa seien 170 Mitarbeiter beschäftigt, die 120.000 Tonnen Erdäpfel von 160 Landwirten beziehen und verarbeiten. „Das bedeutet einen Verlust von Arbeitsplätzen und Wertschöpfung im ländlichen Raum.“ Durch den Wegfall wichtiger Pflanzenschutzstoffe nehme außerdem die Lebensmittelverschwendung zu: „Aufgrund eines Drahtwurmbefalls wurden 2018 rund 112.500 Tonnen Erdäpfel ungenießbar, was ausgereicht hätte, um die gesamte Wiener Bevölkerung ein Jahr lang zu versorgen“, so Kamptner, die außerdem die Wichtigkeit von alternativen Wirkstoffen betont. „Wir brauchen Lösungen, um den Ressourceneinsatz zu optimieren, anstelle bloßer Verbote“, betont Kamptner.

Josef Plank: „Wir brauchen effizientere, bessere Methoden und ökologischen Fortschritt.“ 

„Wir haben schon im letzten Jahr eindringlich vor einem Produktionsrückgang gewarnt“, verdeutlicht Plank. Die Auswirkungen sind bereits jetzt spürbar, wie aktuelle Zahlen zeigen. Bei der Zuckerrübenverarbeitung droht ein Verlust von rund 470 Arbeitsplätzen und einer Bruttowertschöpfung im dreistelligen Millionenbereich. Bei der Herstellung von steirischem Kürbiskernöl sind insgesamt 840 Personen in Ölmühlen und Trocknungsanlagen beschäftigt. Die Branche weist einen Marktwert von 173 Millionen Euro auf, der sich hauptsächlich auf Kürbiskerne und Kürbiskernöl zurückführen lässt. „Wir wollen besser, effizienter und ökologischer werden, aber es braucht die Zeit für Forschung und Entwicklung effizienter Anwendungen und damit Raum für nachhaltige Weiterentwicklung. Wir fordern eine Politik des Ermöglichens, um blühende Landschaften, Artenschutz, heimische Lebensmittelproduktion und regionale Wertschöpfung nicht zu gefährden.“ Es braucht alle Akteure entlang der Lebensmittelwertschöpfungskette, um gemeinsam nachhaltige Strategien zu entwickeln, so Plank abschließend: „Nur so können wir den Verlust der Eigenversorgung verhindern, Arbeitsplätze erhalten und den ländlichen Raum stärken.“

Beispiel Raps: Verlust blühender Kulturen durch Wirkstoffverbote Raps als wichtiges Fruchtfolgeglied gilt durch seine gelbe Blüte als außerordentliche Bienentracht. Durch den Verlust vieler notwendiger Wirkstoffe gegen Schädlinge wie Erdfloh, Kohlfliege oder Rapsstängelrüssler wurden den Landwirten in der Erzeugung von Rapsöl – unter anderem für die Pommesproduktion (über 10.000t Ölbedarf im Pommeswerk Hollabrunn) – die Hände gebunden. Das zeigt auch die Statistik: Innerhalb von 13 Jahren büßte die Rapsproduktion in Österreich mehr als 51% ihrer Fläche ein und steht im heurigen Jahr bei nur mehr 26.550ha. Das bedeutet nicht nur eine geringe Selbstversorgung mit Frittier- und Speiseöl, sondern auch ökologische Folgen. Es kommt zu einer Verarmung der Fruchtfolge, einer dadurch reduzierten Kulturartenvielfalt und sinkender Biodiversität

Aktuelle Herausforderungen bei landwirtschaftlichen Kulturen

Verlagerung der Probleme entlang der Lebensmittelwertschöpfungskette Erste Herausforderungen in der landwirtschaftlichen Erzeugung deuten bereits weitere Probleme entlang der nachgelagerten Lebensmittelwertschöpfungskette an. Da Landwirte das zu hohe Anbau- oder Kulturführungsrisiko nicht mehr tragen können, bleiben Rohstoffe für verarbeitende Betriebe aus. Weniger Verarbeitungskapazitäten führen schließlich zu weniger Arbeit in Verarbeitungsbetrieben, die sich meist im ländlichen Raum befinden. Es droht der Verlust von zahlreichen Arbeitsplätzen, der Verlust von Traditionsbetrieben in der Region und führt letztendlich zu einer Verarmung des ländlichen Raums

Drei Beispiele aus der Praxis

Verlagerung von Umweltproblemen durch Import

Weitaus größere Umweltbedenken bestehen mit Sicherheit beim Kauf ausländischer Erdäpfel, wie zum Beispiel der ägyptischen Wüstenkartoffel. Die ägyptische Erdäpfelproduktion befindet sich mitten in der Wüste. Unnatürlich im reinen Wüstensand wachsende Knollen werden durch enormen Ressourcenaufwand an Wasser und Düngemitteln herangezogen und legen danach mehr als 4.100 km zurück, um in unseren Regalen zu landen. Besonders bedenklich ist der Wasserverbrauch: Laut dem deutschen Umweltbundesamt (2022) verbraucht ein Kilo deutscher Erdäpfel 119 Liter an Wasser, über 70% davon aus natürlich vorkommenden Quellen wie Regen. Ein Kilo ägyptischer Wüstenerdäpfel verbraucht über 418 Liter, das künstlich aus tief liegendem Grundwasser entnommen werden muss und Verunreinigungen hinterlässt. Zudem werden Pflanzenschutzmittel in Ägypten eingesetzt, die in Europa keine Zulassung finden.

Quelle: Wirtschaften am Land

Fotos 1, 3 und 4: © Pixabay

Foto 2: © Harald Klemm

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