Die Malven-Langhornbiene benötigt den Pollen von Malvengewächsen zur Aufzucht der Larven. Sie wurde wie viele andere Arten seit über 50 Jahren nicht mehr im Gebiet nachgewiesen. Foto: © NHM Wien / Sylvia Wanzenböck

Mit über 700 nachgewiesenen Arten ist Österreich ein Hotspot der Wildbienen-Artenvielfalt in Europa. Allein die Anzahl der in Niederösterreich nachgewiesenen Arten übertrifft die Artenvielfalt ganz Deutschlands. In einer aktuellen veröffentlichten Studie von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern des Naturhistorischen Museums Wien und der Universität für Bodenkultur Wien wurden die Veränderungen der Wildbienenfauna und der Landschaft im und um das Naturschutzgebiet „Sandberge Oberweiden“ im östlichen Marchfeld erfasst.

Bereits seit Ende des 19. Jahrhunderts ist bekannt, dass das Gebiet durch seinen sandigen Boden und den Steppencharakter eine außerordentlich hohe Zahl an spezialisierten, seltenen Arten beherbergt. Dies bot eine einzigartige Gelegenheit, um Veränderungen über einen längeren Zeitraum hinweg zu untersuchen. „Im Gegensatz zu anderen Studien, die den Rückgang der Artenvielfalt in den letzten fünf Jahrzehnte aufgezeigt haben, konnten in diesem Projekt Veränderungen der Wildbienenfauna und ihrer Lebensräume über 100 Jahre hinweg analysiert werden,“ fasst Erstautorin Dr. Dominique Zimmermann aus dem NHM Wien zusammen.

Die Ergebnisse zeigen, dass sich die Artenvielfalt des Standorts in den letzten 100 Jahren halbiert hat – 164 von 289 Arten wurden seit über 50 Jahren nicht mehr auf der Fläche gefunden, und viele Arten waren zu diesem Zeitpunkt bereits selten. Vierzehn Arten, die früher auf der Fläche nachgewiesen werden konnten, gelten mittlerweile in ganz Österreich als ausgestorben. Besonders betroffen sind an Steppen- und Sandgebiete angepasste Arten sowie Arten, die ihre Nester im Boden anlegen. Darüber hinaus konnte auch eine überproportionale Abnahme von Kuckucksbienenarten aufgezeigt werden. Diese legen ihre Eier in die Nester anderer Bienenarten – ihr Rückgang weist also darauf hin, dass auch die Populationen ihrer Wirtsarten nicht stabil sind.

Insgesamt weisen die Ergebnisse darauf hin, dass durch Änderungen der Landschaftsnutzung (Windschutzgürtel, Bewirtschaftung, Überdüngung) in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts oder sogar noch früher Strukturen verschwunden sind, die bodennistende Wildbienenarten für das Anlegen ihrer Nester brauchen: statt unbewachsenen Bodenflächen kommen nun vermehrt Gehölzstrukturen und dicht wachsende Gräser vor. Diese Entwicklungen haben auch zu einem verminderten Blütenangebot geführt, wodurch Wildbienen die Nahrungsgrundlage entzogen wird.

Um die Bedingungen für die Wildbienen im Gebiet wieder zu verbessern, ist eine stärkere Bezugnahme auf historische Praktiken der Landbewirtschaftung wie kurzzeitige intensive Beweidung und kleinräumige, gestaffelte Mahd erstrebenswert.


Link zur Publikation:

Quelle: NHM / Naturhistorisches Museum Wien

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