Ab 21. Dezember werden die Tage wieder länger – so haben wir es in der Schule gelernt. Aber die Wissenschaft der Tageslänge ist noch viel facettenreicher und interessanter.

Der 21. Dezember ist der kürzeste Tag des Jahres: Die Zeitspanne zwischen Sonnenaufgang und Sonnenuntergang ist an diesem Tag kürzer als an jedem anderen Tag. Wenn man es genau nimmt, ist die Sache aber etwas komplizierter: Der früheste Sonnenuntergang des Jahres ist nämlich schon am 12. Dezember, der späteste Sonnenaufgang hingegen ist erst am 31. Dezember.

Der Sonnenstand passt nicht exakt zu unserer wohldefinierten, regelmäßigen Uhrzeit. „Wenn man etwa den Höchststand der Sonne misst, stellt man fest: Manchmal ist diese wahre Sonnenzeit eine Viertelstunde vor einer gleichmäßig laufenden Zeit und manchmal eine Viertelstunde hintennach“, sagt Prof. Johannes Böhm vom Department für Geodäsie und Geoinformation der TU Wien.

Sonnentag und siderischer Tag

Der Grund dafür liegt in mehreren Effekten, die einander überlagern. Wenn man auf der Erde steht und die Sonne betrachtet, dann vergehen von einem Sonnenhöchststand bis zum nächsten Sonnenhöchststand ziemlich genau 24 Stunden. Wenn man die Rotation der Erde allerdings von außerhalb des Sonnensystems beobachtet, dann zeigt sich: Um sich einmal um 360 Grad zu drehen, braucht die Erde eigentlich nur etwas über 23 Stunden und 56 Minuten – das wird als „siderischer Tag“ bezeichnet.

Die Ursache dieser Diskrepanz liegt in der Bewegung der Erde um die Sonne. Während sich die Erde einmal um die eigene Achse dreht, ist sie entlang ihrer Bahn um die Sonne ein kleines Stückchen weitergewandert. Die Sonne befindet sich also nach einer vollen Erdumdrehung von der Erde aus gesehen nicht mehr genau am selben Ort wie einen Tag zuvor. Erst wenn sich die Erde noch ein bisschen weitergedreht hat – nämlich für ungefähr vier Minuten – ist dieser Effekt kompensiert, die Sonne hat ihren scheinbaren Höchststand erreicht, wir sagen: Ein ganzer Sonnentag ist vergangen.

Geneigte Erdachse und elliptische Erdbahn

Dazu kommt nun aber eine weitere Komplikation: Die Äquatorebene ist gegenüber der Ebene der Ekliptik, in der die Bahn um die Sonne liegt, um ungefähr 23,5 Grad geneigt. Das bewirkt, dass diese notwendige Korrektur, die aus dem siderischen Tag einen vollen Sonnentag macht, nicht immer gleich groß ist. Je nachdem, wo sich die Erde gerade auf ihrer Bahn befindet, ändert sich die scheinbare Position der Sonne von der Erde aus gesehen.

Außerdem bewegt sich die Erde auch nicht auf einem perfekten Kreis um die Sonne, sondern auf einer annähernd elliptischen Bahn. Auch das bewirkt eine Verschiebung des Sonnenstandes über den Jahresverlauf hinweg.

Die Kombination dieser Effekte wird in der sogenannten „Zeitgleichung“ beschrieben – mit ihr lässt sich der Sonnenstand – und somit auch der Tag des spätesten Sonnenaufgangs oder frühesten Sonnenuntergangs – präzise ausrechnen.

„Hinzu kommt noch, dass sich die Erde selbst langfristig immer etwas langsamer dreht, weswegen in unregelmäßigen Abständen Schaltsekunden bei unserer offiziellen Zeit eingefügt werden“, erklärt Johannes Böhm. Mit Hilfe modernster Methoden kann man heute selbst winzige Schwankungen der Tageslänge messen – so zeigt sich etwa, dass sich im Winter die Erde ein kleines bisschen langsamer dreht – die Hauptursache dafür sind Schwankungen in Winden wie den Jetstreams.

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