Visualisierung des neuen Universitätsstandortes "Uni Wien Rossau". Foto: Neumann + Partner/Tom Cervinka
Visualisierung des neuen Universitätsstandortes "Uni Wien Rossau". Foto: Neumann + Partner/Tom Cervinka

9. Oktober 2012

Eine nicht ganz alltägliche Bauaufgabe realisiert derzeit die Arbeitsgemeinschaft Architekt Maurer und Neumann + Partner ZT GmbH als Generalplanerteam für das Universitätszentrum Uni Wien Rossau. Knapp 16 Monate nach Beginn der umfassenden Umbau-, Sanierungs- und Erweiterungsarbeiten wurde jetzt die Dachgleiche gefeiert.

Auch nach der Dachgleiche laufen die Bauarbeiten weiterhin auf Hochtouren, immerhin werden in knapp einem Jahr mit dem Studienjahr 2013/2014 die beiden Fakultäten für Mathematik und Wirtschaftswissenschaften der Universität Wien mit 650 Fakultätsmitarbeitern und 2.500 Studierenden an den Standort in der Rossauer Lände 3 übersiedeln. Büros für die Mitarbeiter der beiden Fakultäten, Bibliotheksflächen, Lehr- und Seminarräume, sowie Hörsäle, Labore und ein Bistro sollen im neuen Universitätszentrum Platz finden.

Bauherr ist die Rossauer Lände 3 Immobilienprojektentwicklungs GmbH, eine 100prozentige Tochtergesellschaft der Raiffeisen-Holding NÖ-Wien. Der Nutzer, die Universität Wien, mietet das Gebäude von der Immobilienprojektentwicklungs GmbH. Den Wettbewerb für die Generalplanung konnte die Arbeitsgemeinschaft Maurer-Neumann + Partner im Jahr 2010 für sich entscheiden.

Blick in die Türkenstraße/Rossauer Lände. Foto: Neumann + Partner/Tom Cervinka
Blick in die Türkenstraße/Rossauer Lände. Foto: Neumann + Partner/Tom Cervinka

Der Gebäudekomplex mit Y-förmigen Grundriss besteht im Wesentlichen aus zwei Bauteilen: dem Hochhaus mit 12 Obergeschoßen und dem Sockelbau mit 6 Obergeschoßen entlang der Straßenzüge Hahngasse, Berggasse und Türkenstraße. Die Planungsaufgabe umfasst, neben der grundlegenden Generalsanierung des in die Jahre gekommenen Bürogebäudes aus den 1950er Jahren, auch die umfassende energetische Ertüchtigung, eine Erweiterung des Bestandes, sowie den Anbau von zusätzlichen Fluchttreppen infolge höherer Sicherheitsstandards. So wurden an der Hahngasse im Westen bereits zwei zusätzliche Stiegenhäuser bis in das dritte Obergeschoß errichtet. Auch der Hochhausbau erhielt an seiner Schmalseite in der Rossauer Lände eine Fluchttreppe. Weitere Treppenhäuser zur Verbesserung der vertikalen Erschließung werden in den Gebäudebestand integriert. Um die laut Raumprogramm erforderlichen Flächen unterzubringen, wird das Hochhaus in Richtung Rossauer Lände um zusätzliche Büroräume erweitert. Und auch im Innenhof war eine Verdichtung der Nutzfläche erforderlich. Dafür wurden die bestehenden Bauteile abgerissen und ein Neubau bis ins dritte Obergeschoß errichtet. Ein Hörsaal für 400 Studierende, drei weitere kleinere für jeweils 200 Personen, ein Hörsaal für 100 Studenten und ein Hörsaal für 80 Personen werden hier Platz finden. Damit wird eine Nettonutzfläche von knapp über 30.000 Quadratmetern geschaffen. Dabei erfolgte die architektonische Gestaltung so, dass künftige räumliche Expansionsmöglichkeiten bestehen bleiben.

Städtebauliche Dominante

Das in den Jahren 1955 bis 1959 nach den Plänen von Architekt Franz Schuster errichtete Gebäudeensemble sollte als Pendant zum Ringturm eine zweite städtebauliche Dominante an den Donaukanal setzen. Wesentliches Merkmal und mit ein Grund für die Zuschlagserteilung im Rahmen des Architekturwettbewerbs ist die Intention der Architekten Ernst Maurer und Heinz Neumann, diese Grundidee zu erhalten. „Der Bestand bleibt mit unserem Entwurf ablesbar, eine Identifikation über das gesamte Gebäude ist somit Gewährleistet.“, unterstreicht Heinz Neumann.

Ansicht von der Rossauer Brücke. Foto: Neumann + Partner/Tom Cervinka
Ansicht von der Rossauer Brücke. Foto: Neumann + Partner/Tom Cervinka

So bleibt beispielsweise die bestehende Lochfassade des Hochhauses erhalten. An den beiden Längsseiten erhält es eine Verkleidung aus grauen Faserzementplatten in Form einer vorgehängten Fassade. Der neuen Stirnseite zur Rossauer Lände wird eine zweischalige Glasfassade mit siebbedruckten Glaselementen vorgesetzt, die eine zusätzliche Schalldämmung bilden. Die Elemente sind teilweise beweglich und können für Wartungsarbeiten geöffnet werden. Den oberen Abschluss bildet das bestehende, zurückgesetzte 12. Obergeschoß, der umlaufende Dachkranz wird um den Zubau verlängert, wodurch vor dem neuen, internen Besprechungssaal eine großzügige Terrasse entsteht. Damit diese auch nutzbar wird, erhält sie einen umlaufenden Windschutz aus transparenten Glasscheiben. Im Erdgeschoß des Hochhauses sorgen großzügige Verglasungen für mehr Transparenz und Öffentlichkeit zum Straßenraum hin. Der Charakter des Sockelbaus bleibt ebenfalls weitgehend erhalten. Die Vollwärmeschutz-Verbundfassade erhält einen hellgrauen Putz. Lediglich die studentischen Pausenzonen erhalten versetzt angeordnete Erker. Mit diesen „Fenstern zur Stadt“ soll nicht nur der Sichtkontakt zur Stadt hergestellt werden, sondern auch Tageslicht in die innenliegenden Gänge geholt werden. Analog zur Stirnseite des Hochhauses erhalten die so genannten „Stadtfenster“ – ebenso wie die neuen Stiegenhäuser – eine bedruckte Glasfassade. Der Haupteingang für die studentischen Nutzungen befindet sich in der Hahngasse im Sockelbauwerk, Fakultätsmitarbeiter und Lehrpersonal betreten das Gebäude im Erdgeschoß des Hochhauses, das ab dem dritten Obergeschoß hauptsächlich deren Büros und Arbeitsräume beherbergt.

Technische Feinheiten

Die gesamte bautechnische und energetische Sanierung erfolgt im Hinblick auf eine Optimierung der Lebenszykluskosten. Das heißt, dass neben der kostenbewussten Sanierung eine Facilitymanagement-Steuerung den Gebäudenutzer laufend über Betriebskosten und notwendige Erhaltungsarbeiten informiert. Das energetische Konzept beruht auf der Versorgung mit Fernwärme sowie mit Fernkälte, die über Kühldecken und Deckenkühlgeräten in den Büros im gesamten Gebäude verteilt wird. Über ein Mess-, Steuer- und Regelsystem (MSR-Anlage) wird eine nutzerabhängige Optimierung des Energiebedarfs erreicht. Aber nicht nur die Haustechnik, auch Einrichtung und Ausstattung des neuen Universitätszentrums sind auf dem letzten Stand der Technik. Über die neun bestehenden Aufzüge ist das gesamte Gebäude barrierefrei gestaltet, inklusive einem Leitsystem für Blinde und Gehörlose.

www.architektmaurer.com

www.neumannundpartner.com

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