Viele haben es bestimmt schon einmal gehört, aber noch mehr davon können es nicht glauben: Alle sieben Jahre verändert sich der Mensch – die Figur, die Haare, bis hin zur Persönlichkeit. Dies galt lange Zeit als reiner Mythos.
Doch die moderne Zellforschung stellte nun fest: Der Körper erneuert sich in der Tat. Dies dauert jedoch keine sieben Jahre.
Organe, Knochen und Haut – wenn alte Zellen absterben wachsen beinahe alle Körperzellen nach. Nach zwei Jahren ist die Leber komplett neu, nach deren zehn das Skelett. Nur unser Herz muss eine Leben lang mit der Mehrzahl derselben Zellen auskommen. Hier erneuern sich höchstens 40 Prozent.
Natürlich verändert sich körperlich, geistig und psychisch jeder Mensch. Das ergibt sich zwangsläufig durch die verschiedensten Lebensphasen.
Und wer möchte, kann dabei sogar Sieben-Jahres-Phasen feststellen: vom Säugling zur Siebenjährigen, die ihre Milchzähne verliert, zur 14-Jährigen in der Pubertät, zur 21-jährigen Erwachsenen, zur 28-jährigen Mutter und so weiter;
Anthroposophie trifft Zellbiologie
Lange Zeit galt der Sieben-Jahres-Rhythmus als Spekulation und Mythos, entwickelt vom österreichischen Esoteriker Rudolf Joseph Lorenz Steiner (1861-1925) als Teil seines anthroposophischen Weltbildes. Dabei kam es ihm in erster Linie auf die Entwicklung der Wesensglieder des Menschen an: Persönlichkeit, Charakter, Psyche. Steiner meinte aber auch: „Der Mensch stößt im Laufe von sieben bis acht Jahren seine sämtliche physische Materie ab und erneuert sie.“ Und hier trifft sich Esoterik mit moderner Wissenschaft.
Auch der schwedische Zellbiologe Jonas Frisén vom Karolinska-Institut kennt die Mär von den Umschwüngen alle sieben Jahre. Er forscht seit Jahren auf dem Gebiet der Zellerneuerung und meint: „Ich habe tatsächlich etwas Amateur-Recherche zu diesem Mythos angestellt, jedoch ohne Erfolg.“
Zellen erneuern sich – bloß nicht alle sieben Jahre
Die Körperzellen erneuern sich, und nach allem, was heute bekannt ist, hat der Mensch tatsächlich alle sieben bis zehn Jahre einen fast neuen Körper. Dabei erneuern sich manche Zellen, etwa die der Haut, innerhalb von Tagen, andere bleiben ein Leben lang in ihrem Urzustand, etwa die Zellen des zentralen Nervensystems.
Jonas Frisén sagt zur unterschiedlich schnellen Erneuerung von Zellen: „Manches Gewebe wird mechanisch stark beansprucht, etwa die Schleimhaut in Magen und Darm. Viele Zellen gehen verloren und müssen schnell ersetzt werden.“
Andere Zellen, etwa jene im Gehirn, müssten lang erhalten bleiben, weil sie dauerhafte Informationen speichern. „Es wäre nicht hilfreich, wenn unsere Zellen fürs Gedächtnis ständig mit neuen, leeren Zellen ersetzt werden würden.“
Zellerneuerung ist ein fließender Prozess
Die Erneuerung läuft unbemerkt ab, da sich natürlich nicht alle Zellen gleichzeitig oder auch gleich schnell austauschen. Lebensstil und Krankheiten verändern und verzögern die Zellerneuerung. Mit den Jahren verlangsamt sich der Prozess, und es sterben mehr Zellen ab als neue nachwachsen.
Zum Beispiel Knochen: Jedes Jahr tragen Osteoklasten 8 bis 10 Prozent altes Knochengewebe ab, Osteoblasten bauen es wieder auf. Alle zehn Jahre haben wir dadurch ein neues Skelett. Zumindest bis der Hormonabfall in der Lebensmitte den Aufbau stark abbremst. Statt junger Knochen bekommt der Mensch nun Osteoporose.
Auch das Regenerationswunder Haut bleibt nicht ewig jung und glatt. Die Hautzellen erneuern sich alle zwei bis fünf Wochen. Aber unter massivem Sonneneinfluss findet die Zellalterung um 80 Prozent schneller statt. Und die Leber, unser Entgiftungsorgan, benötigt nur 300 bis 500 Tage, bis sie einmal komplett erneuert ist. Wird sie aber überstrapaziert, etwa durch zuviel Alkohol, Medikamente oder Drogen, fällt diese Regeneration aus.
Jonas Frisén machte bereits 2005 auf sich aufmerksam, als er die komplette Austauschzeit verschiedener Körperteile errechnete: Neben den zehn Jahren des Skeletts und den knapp zwei Jahren der Leber kam er für den Dünndarm auf 16 und für die Rippenmuskulatur auf 15 Jahre für die Runderneuerung. Viel schneller sind Lungenbläschen (acht Tage), die Magenschleimhaut (eine Woche) oder rote Blutkörperchen (vier Monate).
Das Herz schlägt ein Leben lang beinahe unverändert
Warum sich manche Körperzellen ständig erneuern, andere jedoch von Geburt an unverändert bleiben, ist noch nicht ganz geklärt. Vor allem, warum das viel strapazierte Herz sich kaum erneuert, ist und bleibt ein Rätsel.
Jonas Frisén veröffentlichte 2015 eine Studie über die Zellerneuerung unseres Lebensmotors. Im Fachmagazin „Cell“ kamen der Zellforscher und sein Team zu dem Schluss, dass das Herz eines jungen Erwachsenen jedes Jahr maximal ein Prozent neue Zellen bildet, ein gesundes Seniorenherz schafft höchstens noch ein halbes Prozent. Selbst in einem langen Leben erneuern sich höchstens 40 Prozent der verschiedenen Herzzellen eines Menschen.
Quelle: WHO / oepb