Wenn einer eine Reise tut, dann kann er bekanntlich etwas erzählen. So auch aus den vergangenen Tagen, als eine Gruppe der ,Eghalanda Gmoi z`Linz´ mit befreundeten Heimat- und Trachtenvereinen in die alte Heimat, dEM Egerland, aufbrach. Dies war jenes Gebiet im Sudetenland, rund um die Kurstädte Marienbad, Franzensbad und Karlsbad, sowie Eger, dem heutigen Cheb, aus dem nach 1945 800.000 Menschen vertrieben, gefoltert und ermordet wurden. Auch wenn die Städte jahrhundertelang Deutsch waren, so setzten die Tschechen damals alles daran, die Sudentendeutschen quasi über Nacht aus ihrer angestammten Umgebung zu verjagen. Dies ging sogar soweit, daß Frauen, Kinder und alte Menschen in Aussig an der Elbe – dem heutigen Usti nad Labem – einfach in den Fluß geworfen wurden. Auf die im Wasser Treibenden wurde dann auch noch geschossen …
Insgesamt verloren nach der Zwangsaussiedlung im Mai 1945 3,5 Millionen Menschen im gesamten Sudetenland ihre angestammte Heimat.
Doch zurück zur Reise:
Alle zwei Jahre findet in Marktredwitz in Bayern der sogenannte ,Egerland-Tag´ statt. Und in diesem Jahr war diese Feierlichkeit noch von einem besonderen Ereignis geprägt – der Egerland-Brunnen vor dem Egerland-Kulturhaus konnte eröffnet werden. Dieser Brunnen zeigt anhand verschiedenster Figuren das Leben und Wirken der Egerländer. Deren Geschichte ist im angrenzenden Egerland-Museum in Marktredwitz zu bewundern. Und da die ,Eghalanda Gmoi z´Linz´ bereits seit vielen Jahren Stammgast auf dem Egerland-Tag in Marktredwitz und auch auf dem stattfindenden Umzug ist, ließ es sich eine kleine Abordnung des 101jährigen Vereins auch heuer nicht nehmen, aktiv dabei zu sein. Und so waren eben viele befreundete Trachtenvereine ebenfalls mit von der Partie, als es im Zuge einer Rundreise vier Tage durch die Tschechische Republik ging.
Es begann alles in Prag. Die Hauptstadt der Tschechei mit ihrer jahrhundertelangen Tradition und Geschichte wurde als erstes Ziel dieser Fahrt angesteuert. Aufgrund der Vielfalt an Besichichtigungsmöglichkeiten, die diese Stadt an der Moldau zu bieten hat, reicht ein Tag aber auch leider nicht aus, um nur annähernd einen Eindruck von Praha zu bekommen. Ein äußerst gevifter und witziger Reiseleiter führte geschickt und gekonnt durch die Stadt. Dank seiner lebhaften Phantasie erblickte man sogar Karel Gott, die goldene Stimme der Stadt, hinter einem Fenster stehen. Prag hat ja auch den Ruf, die Stadt der 1.000 Türme zu sein. Wenn man auf dem Hradschin – der Burgstadt hoch oben – steht und über die darniederliegenden Dächer blicken darf, dann weiß man, diese Aussage auch zu schätzen. Überhaupt ist diese Burganlage die imposanteste und größte ihrer Art. Jede volle Stunde folgt das Zeremoniell der Wachablöse und die jungen Rekruten, die eine Stunde ohne Regung stramm stehen dürfen, werden abgelöst. Auch das Klicken der Fotoapparate und die vielen hübschen Damen, die sich fototechnisch zu ihnen gesellen, scheint diese eisernen Soldaten in keinster Weise zu beeindrucken. Erwähnenswert wäre unter anderem auch die Straßenbahn, die in Windeseile die Serpentinen hinauf auf den Berg fährt. Prag besteht unter anderem auch aus fünf Altstädten, die allesamt mit vielen Brücken über die Moldau mitsammen verbunden sind. Die Karlsbrücke die zum Wenzelsplatz führt, ist wohl die berühmteste davon. Den Abend dieses überaus lehrreichen Tages ließ man anhand einer Schiffahrt auf der Moldau bei Musik, Tanz und gutem Essen ausklingen.
Der nächste Tag sollte die Reisegruppe nach Gablonz, dem heutigen Jablonec führen. Die Bezirksstadt am Fuße des Isergebirges ist auch als Hauptstadt der Schmuckindustrie bekannt. Infolge dessen besuchte man eine beinahe 100jährige Glasschmuck-Fabrik, die nach der Wende 1989 neu gegründet wurde und nunmehr 50 Menschen Arbeit bietet. Diese müssen sich ihr Geld jedoch sehr hart verdienen, der Lohn von 15.000 Kronen, das sind zirka EUR 500,-, steht in keiner Relation zum Arbeitsaufwand. Weiter ging die Reise nach Reichenberg, dem heutigen Liberec. Dies war die bedeutendste Stadt in der ehemaligen Tschechoslowakei und das größte Industriezentrum des Sudetenlandes. Die geförderte Tuchindustrie ließ Uniformen für das Heer im 17. Jahrhundert anfertigen. Viele Jahre später dann, um 1900, waren 32 Textilfabriken in Betrieb. Reichenberg war auch Sitz der Deutsch-Böhmischen Landesregierung und zwischen 1938 und 1945 Hauptstadt des Reichgaues Sudetenland. Auch das ansässige Stadttheater erfreute sich damals großer Beliebtheit, denn wenn in Wien Theaterferien waren, reisten viele urlaubende Schauspieler nach Reichenberg, um dort auf den Brettern, die für sie die Welt bedeuten, zu stehen. Auch der legendäre Schauspieler Maxi Böhm ließ in der Fernseh-Serie ,Hotel Sacher´ oft verlauten: ,Bei uns daheim in Reichenberg …´ Diesen Tag ließ man in Tetschen, dem heutigen Decin ausklingen. Dort bezeugten archäologische Funde, daß schon die Kelten und die germanischen Stämme der Kvarden und Markomannen in der Umgebung der Stadt Siedlungen unterhielten. Tetschen liegt an der Elbe, die sich wie ein Wurm rund um die Stadt schlängelt. Im 30jährigen Krieg wurde die Stadt arg verwüstet und nur ein Drittel der Bevölkerung überlebte. Die Schiffahrt auf der Elbe und die Industrie brachten im 19. Jahrhundert jedoch wieder einen Aufschwung. Das imposante Schloß der Stadt, in dem Frederic Chopin 1835 verweilte, steht unter Denkmalschutz, der Rosengarten ist frei zugänglich.
Über besagtes Aussig (Usti nad Labem), siehe bitte am Beginn des Artikels, das eben durch diese grausige Tat traurige Berühmtheit erlangte und heute Sitz der Chemischen Industrie ist – unzählige Kraftwerke reihen sich aneinander und der Himmel ist nebelwolkenverhangen, sowie die dortige Lebenserwartung im Sinken begriffen ist, ging es weiter nach Brux, ehemals Most. Die Attraktion dort ist die Kirche, die – man höre und staune – geschlagene 841 Meter einfach verschoben wurde. Doch wie kam es dazu? Nun, die Gegend um Most wurde jahrelang zur Braunkohleförderung herangezogen. Bereits im Mittelalter wurde im Tagbau gefördert. Im 19. Jahrhundert gab es dann allerdings einen gehörigen wirtschaftlichen Aufschwung und aufgrund dessen ein Ansteigen der Bevölkerung. Folglich florierte der Braunkohleabbau derartig, daß er auch vor und unter den Toren der Stadt nicht Halt machte. Dies ging soweit, daß die Kirche in sich zusammenzustürzen drohte, da unterhalb des Gotteshauses derart viele Stollen keine Garantie mehr für einen Halt des pompösen Bauwerkes gaben. Und so wurde 1975 begonnen, nachdem zuerst der Turm abgetragen wurde, die Kirche einfach zu verschieben. Endgültig fertig mit dem ganzen Zeremoniell war man dann 1991 und ein Österreichisches Unternehmen, die Firma Swietelsky aus Linz, war nicht unwesentlich an diesem Husarenritt beteiligt. Heute steht die Kirche im Grünen ein wenig abgeschottet vor den Toren der Stadt Brux. Es war faszinierend zu sehen, daß dieses Bauwerk einfach von Punkt A nach Punkt B manövriert wurde. Der Aufwand dazu war verständlicherweise enorm, aber er lohnte.
Nach diesen imposanten Eindrücken führte uns die Reise weiter nach Klasterec nad Ohri (vormals Klösterle), Kaaden und endete schließlich in Cheb, dem damaligen Eger, der Hauptstadt des Egerlandes. Die ehemalige Reichsstadt Eger ließ 1125 eine Burg zum Schutze der Händler und Siedler errichten. Friedrich Barbarossa gestaltete die Burg zu einer Kaiserpfalz aus, dadurch gewann die gesamte Region an Bedeutung. Ein sehr historisches Ereignis war die Ermordung Wallensteins am 5. Feber 1634, der durch das berühmte Egerer Stöckl gejagt wurde – dies ist eine schmale Gasse, die direkt auf den Hauptplatz führt – um dort zu Tode zu kommen. Auf der Burg kamen gleichzeitg nibelungentreue Offiziere des Feldherrn grausam zu Tode. Heute gilt das Balthasar Neumann-Haus als der Treffpunkt der Deutschen, die noch in Eger verblieben sind und als Ort, an dem deutsche Kultur und die Sprache gepflegt wird.
Ansicht von Marktredwitz
Und so endete unsere Rundreise durch die Vergangenheit auf den Spuren unserer Ahnen in Marktredwitz, Kreis Wunsiedel, im Bayrischen, um am ,Egerland-Tag´ am 4. September 2005 wieder aktiv teilzunehmen, der seinen Höhepunkt in einem Festgottesdienst in einem riesigen Zelt fand und einen Umzug durch die 10.000 Einwohner große Stadt. Zu diesen Feierlichkeiten kommen alle zwei Jahre gut 25.000 Menschen, die sich dieses Ereignis nicht entgehen lassen möchten.
Ein Dank geht an dieser Stelle auch an das Busunternehmen Lehner aus dem oberösterreichischen Niederwaldkirchen, das die gesamte Crew, bestehend aus 40 Mann in Form von Chauffeur Willi nicht nur gut durch die Lande brachte, sondern auch im Vorfeld in Form von Buchungen und Reservierungen dafür sorgte, daß alles reibungslos von statten ging.