Direkt von den Zügen kommend an den beiden steinernen Löwen vorbei gelangte man zum Bahnhofspostamt (links im Bild mit Uhr). Davor die alte Tramway Linie B, die später dann zur ESG Straßenbahnlinie 3 wurde. Am Linzer Hauptbahnhof war für die Garnitur, die aus Urfahr vom Bergbahnhof kam und entlang der Landstraße durch die Stadt ratterte, Endstation. Foto: © oepb – 1960er Jahre

Was waren das doch für Zeiten, als man als kleiner Putz an Großvaters starker Hand die einladend breite Stiege hinauf stolperte, um im 1. Stock des Bahnhofspostamtes in Linz bei den Postfächern die ganz bestimmt emsig eingetrudelten Brieftauben zu entwenden. Der Vorteil eines solchen Faches des Postfuchses war, dass man damals quasi rund um die Uhr zu seiner Post gelangte und nicht immer auf den Briefträger herwarten musste.

Wenn man also mit dem Zug aus Wien, Graz oder Salzburg kommend, wo man von Berufs wegen sehr oft engagiert war, wieder in Linz eintraf, konnte man sofort, wie spät es auch immer war, direkt vom Hauptbahnhof zum Hauptpostamt marschieren. Der Nachteil – es wurde naturgemäß nicht pausenlos sortiert, denn auch die fleißigen Beamten des Herrn Postministers hatten irgendwann einmal Schichtende.

So stand man also selbst winzig klein vor einer riesigen Wand von Brieffächern und die kleinen Holztürchen waren wunderbar – so schien es damals zumindest – von Hand nummernmäßig bemalt und man suchte immer wieder aufs Neue die Zahl „181“.

Postfächer soweit das Auge reicht. Die meisten bleiben ungeleert. Foto: © oepb

Dies war eben jenes Fach, das dem Unternehmen oepb viele Jahre, ja sogar Jahrzehnte hindurch, gehörte – damals, am Bahnhofspostamt in der oberösterreichischen Landeshauptstadt Linz / Donau.

Der Großvater langte also zu und der viel zu große und für ein Kind umständliche Eisenschlüssel gab die intimen Briefbotschaften nach Öffnung des Türchens 181 frei. Der wundervolle Geruch des Papiers und der Druckerschwärze der zahllosen Zeitungen, die völlige Menschenleere und die gespenstische Stille dahinter faszinierten das Kind. Der Knabe durfte immer wieder durch den Post-Schlitz für die „Rückgabe Fachpost“ – ja, auch das gab es, wenn in der Hitze des Gefechtes zu nächtlicher Stunde fehlerhaft sortiert wurde – oder aber durch das geöffnete Postfach blinzeln und entdeckte dabei, dass dort eben niemand anwesend war, zu dieser frühen Stunde, irgendwann am Sonntag Vormittag.

Die vollen Papier-Kübel von entledigten Kuverts – damals schrieb man noch Kouvert – und unverlangt zugestellten Sendungen, sowie meist das weniger schöne Wetter draußen sind in der Erinnerung des Kindes bis heute haften geblieben.

Und auch an die gestrenge Miene des Großvaters, der ob des Inhaltes von so mancher Briefzustellung nicht mehr ganz so gut gelaunt schien an einem von vielen Sonntagen damals, in den frühen 1970er Jahren … Der Knabe verstand nie, warum denn die Post gleich direkt dort am Fenstertisch geöffnet werden musste. Für ihn waren Briefe und Post etwas Heiliges, so etwas öffnet man nicht quasi zwischen Tür und Angel, sondern zu Hause, feierlich bei Tisch. Ein dauerhaft in der Weltgeschichte und permanent unter Strom stehender herumreisender selbstständiger Firmen-Boss sieht das wohlweislich anders.

Am Weg hinab, die breite Stiege wieder entlang und zurück hinunter, stellte das Kind fest, dass im Erdegeschoß immer ein kleiner Schalter geöffnet war – auch an Sonn- und Feiertagen – und „Buffalo Bill“ stets Dienst versah und die Menschen von ihm bedient wurden. „Buffalo Bill“ hatte immer Dienst am Sonntag, so schien es, denn er war immer da, dieser kleine schmächtige Herr mit Bart und Haarwuchs, der Buffalo Bill aus den kleinen bunten „Silberpfeil“-Heftchen so ähnlich sah. Viele Kunden waren nicht zugegen, aber dennoch kamen ab und zu Leute, die Briefe aufgaben, Briefmarken kauften, telefonieren wollten – dafür suchte man damals Telefonzellen auf, man konnte sich dafür aber auch in ein Postamt begeben – oder sich eben ihre Post abholten.

Für ein Kind scheint alles riesig, Jahrzehnte später hat das Postamt-Treppenhaus die seinerzeitige Rübezahl-Größe eingebüßt. Foto: © oepb

Das war und schien immer schon so, das Bahnhofspostamt in Linz hatte stets und immerwährend für seine Kunden geöffnet. Auch viele Jahre später hat sich an diesem Zustand nichts geändert und das Flair der persönlichen Postabholung an einem Sonntag blieb bis zur Jahrtausendwende hin ungebrochen gleich – auch wenn im Laufe der Jahre die kleinen Holztürchen metallenen Türen gewichen waren und die Postfächer zu ebener Erde installiert wurden und eben nicht mehr hoch oben im 1. Stock thronten. Sehr zum Vorteil für die Postabholer, die nun die schweren Säcke der Groß-Unternehmen nicht mehr über die Stiege hinunterschleppen mussten, sondern quasi direkt den Weg vom Fach zum Firmen-PKW fanden.

Die Zeiten änderten sich und alles wurde anders. Aufgrund des elektronischen Fortschrittes und der e-mail-Post rechnet sich heute ein Postfach nicht mehr.

Auch deshalb nicht, da die Post nach der Jahrtausendwende die Fachgebühr von dereinst 10 Schilling pro Monat (Euro 0,72) quasi über Nacht auf ein Vielfaches unverschämt erhöht hatte.

Dereinst der höchste Turm am Bahnhofsplatz in Linz, später dann ein stummer Block aus Stein. Der Postturm hielt jedoch Jahrzehnte allen Stürmen stand und auch die große Uhr versah treu ihren Dienst. Foto: © oepb

Dieser Dienst wurde im Anschluss von zahlreichen kleinen und mittleren Betrieben hierzulande nicht mehr in Anspruch genommen.

Geblieben ist aber die Erinnerung an die prall gefüllten Postfächer an verregneten Sonntag-Vormittagen an Großvaters Hand in Linz und an das legendäre Postfach mit der magischen Nummer 181

Quelle: Redaktion www.oepb.at

www.post.at

www.linz.at


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