Vor 30 Jahren, am 14. November 1992, verstarb Ernst Happel. Der „Wödmasta“ ist nach wie vor unvergessen. Hier im Bild bei Österreich gegen Finnland (5 : 1 vor 26.000 Zuschauern) am 17. Juni 1981 im Linzer Stadion auf der Gugl. Foto: © oepb

„Ein Tag ohne Fußball ist ein verlorener Tag!“ So lautete nur eines von vielen Zitaten von Ernst „Aschyl“ Happel. Nun, 10.950 Tage oder aber 30 Jahre sind seit dem Ableben der österreichischen Trainer-Legende am 14. November 1992 vergangen und so wie bei „9/11“ auch, hat wohl jeder, der sich intensiv mit der Materie Fußball befasst, noch seine eigenen persönlichen Erinnerungen an diesen trüben November-Samstag des Jahres 1992.

Der Verfasser war im Münchener Olympiastadion zugegen und verfolgte die Bundesliga-Begegnung FC Bayern München gegen 1. FC Nürnberg (1 : 0), saß im Anschluss daran wieder im PKW am Weg nach Wien, um tags darauf bei der Erstliga-Matinee Wiener Sport-Club gegen FC STAHL Linz (detto 1 : 0) live vor Ort zu sein, als über das Autoradio via Bayern 1 noch in der Sendung „Heute im Stadion“ die traurige Nachricht verlautbart wurde, dass Ernst Happel um 17.16 Uhr in der Innsbrucker Universitätsklinik verstorben war. Man war geschockt und das „Schmäh führen” unter den Fußball-Kumpels fand ein abruptes Ende. Irgendwie wollte man es nicht wahrhaben, wenngleich der Kampf Ernst Happel´s gegen seine Krebserkrankung ohnehin schon die längste Zeit ein deutlich unfairer war. Diese Niederlage schmerzte am meisten. Lobenswert erwähnt sei an dieser Stelle der Deutsche Fußball-Bund, denn vier Tage später, am 18. November 1992 trat die Deutsche Nationalmannschaft in Nürnberg gegen Österreich (0 : 0 der Endstand) an und beide Teams spielten mit einem Trauerflor. Auch die abgehaltene Trauerminute für Ernst Happel dauerte länger, als die sprichwörtliche Minute und 46.000 Besucher im restlos ausverkauften Frankenstadion waren mucksmäuschenstill gewesen.

Ernst Franz Hermann Happel erblickte am 29. November 1925 in Wien das Licht der Welt. Mit 4 Jahren kam er zur böhmischen Großmutter Nechiba, die am Meiselmarkt im 15. Bezirk, auf der Schmelz, einen Obst-, Würstel- und Gemüsestand betrieb. Vater Franz war Gewichtheber, 1,95 Meter groß und ein Bär von einem Mann, Mutter Karoline war um vieles kleiner und rundlicher. Der junge Ernst spielte in jeder freien Sekunde Fußball – auf der Straße oder einer Wiese. Schulfußball gab es nicht. Der Vater betrieb in Wien-Alsergrund ein Wirtshaus in der Thurngasse, gleich um die Ecke der Berggasse 9, der berühmten Adresse von Sigmund Freud. Der Salzburgerhof war ein großes Wirtshaus mit Garten. Die Mutter agierte im gleichen Metier. Bei der Mollardschule, in die als Kind auch ein gewisser Bruno Kreisky ging, in der Gfrorenengasse betrieb sie eine Gaststätte. Der kleine Ernst kannte kein glückliches Familienleben und wurde, als sich seine Eltern scheiden ließen, zur Oma abgeschoben.

Kindheit in Wien

Über seine Großmutter sollte er später einmal erzählen: „Wenn mir die Großmama sonntags für die Kirche 10 Groschen mitgab, dann zweigte ich mir Geld für Schokolade ab und warf nicht alles in den Opferstock. Auf der Schmelz am Flötzersteig war vor dem Krieg eine Schokoladenfabrik. Die in Stanniol eingepackte Schokolade hatte stets Bilder der berühmtesten Fußballer. Ich hab sie alle gesammelt, im Fotoalbum schön aufgepickt und mir alle Autogramme geholt. Schön und sauber, mit weißem Fotostift. Meine Sammlung war komplett – bis zum Sindelar. Leider ist dann im Krieg alles weggekommen und meine späteren 20 Matthias Sindelar-Fotos hatte ich alle eingetauscht.“

SK Rapid Wien und Nationalteam

Der grün-weiße Eigenbauspieler feierte bereits als 17jähriger sein Debüt beim SK Rapid Wien im Jahre 1942 und hielt den Hütteldorfern stets die Treue, sieht man von einem Kurz-Gastspiel in den Jahren 1954 bis 1956 bei Racing Club de Paris ab. Ernst Happel bestritt 51 Länderspiele für Österreich, wobei die Krönung für ihn dabei sicherlich die Fußball-Weltmeisterschaft 1954 in der Schweiz war. Österreich wurde WM-Dritter und erzielte das bis heute beste Ergebnis einer ÖFB-Auswahl im Zuge dieser Großveranstaltungen. Gemeinsam mit seinem Haberer Walter „Tiger“ Zeman im Tor stand der Ernst´l wie ein Mann hinten in der Abwehr und stellte eine echte eine Ausnahmeerscheinung dar.

Ernst Happel (ganz rechts) beobachtet seinen Teamkollegen Rudolf Röckl im Zweikampf. Aus Österreich gegen Jugoslawien (7 : 2) vom 8. Oktober 1950 vor 65.000 Zuschauern im Wiener Stadion. Foto: © oepb

Gegen Real Madrid im vier Jahrzehnte später nach ihm benannten Wiener Stadion gelangen ihm am 14. November 1956 beim 3 : 1-Erfolg der Hütteldorfer sämtliche Treffer in Form eines klassischen Hattricks. Dies war – und ist – für einen Abwehrspieler ein Novum gewesen. 53.000 Zuschauer waren hellauf begeistert, denn dieser Erfolg sorgte für eine Patt-Stellung in Form von 3 : 3 gegen die „königlichen“ Spanier. Da es die Auswärtstorregel noch nicht gab, musste ein drittes und entscheidendes Match her: In Madrid verlor Rapid jedoch mit 0 : 2.

Ernst Happel meinte später über Walter Zeman: „Mein Tormann, Busenfreund, Zimmergenosse, nur getrennt durch meine 26 Jahre im Ausland. Wir haben 8 Jahre zusammengespielt, mindestens 35 Matches pro Jahr, viel gewonnen, viel gefeiert. Er war leichtathletisch durchgebildet von der tschechischen Sokol-Schule, einer der schnellsten Fußballer, die es je gab. Und er hatte unglaubliche Reflexe auf der Linie. Beim 1 : 1 in Budapest haben die Ungarn auf ihn eingeschossen, von drei, vier Metern, unglaublich: er fliegt von einer Ecke in die andere, und die Ungarn verzweifeln.“

Ernst Happel war beidbeinig, was für einen Fußballspieler eine Seltenheit darstellt. Jahre später traf er als Trainer des Hamburger SV im Aktuellen Sportstudio des ZDF nach dem Interview beim traditionellen Torwandschießen vier Mal ins Schwarze. Und auch der ewig junge Rivalenkampf mit dem FK Austria Wien hatte für ihn als echten “Greanen” stets Heiterkeitswert. Happel vor einem Wiener Derby im Scherz zu Ernst Stojaspal: „Trau Dich ja nicht, mir den Ball durch die Beine zu spielen, ich bring Dich um.“

Stojaspal und er waren gute Freunde, auch nach ihrer aktiven Zeit. Einmal pro Jahr besuchte Happel Stojaspal in dessen Bar de Vienne in Monte Carlo. Und Happel weiter: „Bei aller Rivalität saßen wir gemeinsam nach jedem Wiener Derby beim Heurigern, Rapidler und Austrianer. Das gleiche beim traditionellen österreichisch-ungarischen Osterturnier: In Wien sitzen wir nachher bei den Schrammeln, in Budapest bei der Zigeunermustik.“ Dies ging sogar soweit, dass die Rapidler Ernst Happel, Max Merkel, sowie die Gebrüder Robert und Alfred Körner beim Veilchen Ernst Ocwirk und dessen Tankstelle in der Felberstraße im 15. Bezirk Benzin für ihre Roller kauften.

Am Samstag, 11. April 1959 trug Ernst Happel zum letzten Mal den RAPID-Dress. Seine “Greanen” verloren im Stadion vor 20.000 Zuschauern gegen den Wiener Sport-Club mit 2 : 3. 240 Spiele, 6 Meistertitel und 1 Cupsieg standen am Ende seiner aktiven Laufbahn zu Buche. Er wird Sektionsleiter bei den Grün-Weißen. Im Mai 1961 und dem Europacup-Aus gegen Benfica Lissabon beschließt er, vom Sektionsleiter-Stuhl auf die Trainerbank zu wechseln.

Eine Weltkarriere als Trainer beginnt

Seine erste Station führte ihn 1962 zu ADO Den Haag in die Niederlande. Er bemerkte dazu später: „Die Holländer sind die Chinesen von Europa. Wenn ich einem österreichischen Fußballer was sag, ist er im Keller. Der Holländer aber geht trotzig weg, mit dem Kopf durch die Wand und schwört sich: Dem Trainer zeig ich´s!“ Bis Ernst Happel kam, spielte ADO stets gegen den Abstieg. ADO wurde unter ihm Dritter, erreichte 1963, 1964, 1966 und 1968 das holländische Cupfinale und gewann dieses in seinem letzten Jahr bei Den Haag auch mit 2 : 1 gegen Ajax Amsterdam. Happel kündigte in Den Haag nach Ungereimtheiten mit dem Klubvorsitzenden und wechselt nach Rotterdam zu Feyenoord. Dort sollte er 5 Jahre – bis 1973 – bleiben. Bei Feyenoord Rotterdam gilt Ernst Happel bis heute als der Erfolgs-Trainer schlechthin.

Der Weltenbummler Ernst Happel kehrte im Urlaub immer wieder nach Österreich zurück. Wenn er in Wien war, weilte er stets im Cafe Ritter in Ottakring und spielte dort leidenschaftlich gerne Karten. Foto: © oepb

Er gewann 1968/69 das Double – die Meisterschaft und den Cupsieg – und holte mit Feyenoord und dem Österreicher Franz Hasil 1970 den Europapokal der Landesmeister gegen Celtic Glasgow mit 2 : 1. Zum Drüberstreuen gewann er im gleichen Jahr auch noch den Weltpokal gegen Estudiantes Buenos Aires (2 : 2 in Argentinien, 1 : 0 in Holland). Ein Jahr später folgte neuerlich der Gewinn der Meisterschaft mit Feyenoord. 1973 nimmt er auf eigenen Wunsch seinen Hut in Holland. Die Jahre waren für ihn äußerst erfolgreich, er wollte sich am Rotterdamer-Zenit stehend eine neue Herausforderung suchen. Die fand er zwar beim FC Sevilla, sie war jedoch nur von kurzer Dauer.

Dazu Ernst Happel später: „Der Präsident befiehlt mir: Wir müssen auf Mallorca einen Punkt holen! Sage ich: Wissen S´ was, sterben muss ich und das kostet mein Leben. Ich mache Ihnen einen Vorschlag: Entlassen Sie mich und retten Sie Ihren Kopf – und die Sache ist für mich erledigt. Was heißt ich muss? Ich will ja selber, bin Profi, also verpflichtet, Leistung zu bringen. Ich will auch siegen – aber müssen? Wenn einer muss, ist es schon schlecht.“

1974 verschlägt es ihn nach Belgien zu Brügge, dem Club Brugge KV, wie das Team offiziell heißt. So wie Franz Hasil zu Feyenoord, verpflichtet Ernst Happel erneut einen Österreicher, den Wiener Eduard Krieger. Mit ihm kommt noch der Ungar Lajos Kü, der Jahre später auch beim SC Eisenstadt aktiv war. Und auch in Belgien warten erfolgreiche Jahre auf ihn. Er holt mit dem FC Brügge in den Jahren 1976, 1977 und 1978 die Meisterschaft, sowie 1977 den Cupsieg. 1976 steht Ernst Happel mit Brügge im UEFA-Cup-Finale, unterliegt jedoch dem FC Liverpool mit 2 : 3 und 1 : 1. 1978 die gleiche Konstellation, diesmal im Meistercup: 0 : 1 gegen den FC Liverpool. Ein weiteres Kuriosum war, dass er während seines Trainer-Jobs im belgischen Brügge, das Traineramt der Holländischen Nationalmannschaft übernimmt. Dabei gewinnen Happels Oranjes gegen die Diable Rouges in der WM-Qualifikation mit 2 : 0 und 1 : 0, Holland fährt zur WM nach Argentinien, Belgien bleibt im Lande. Und er führt die Niederlande nach einer durchwachsenen Vorrunde – 3 : 0 gegen den Iran, 0 : 0 gegen Peru und 2 : 3 gegen Schottland, mit einem 5 : 1 gegen Österreich, dem 2 : 2 gegen Deutschland und einem 2 : 1 gegen Italien bis ins Finale. Dort, in Buenos Aires, warteten am 25. Juni 1978 77.000 Besucher auf das Finale Argentinien gegen Holland. Die Hausherren siegten mit 3 : 1 nach Verlängerung. Nach 90 Minuten stand es 1 : 1 und wer weiß, was passiert wäre, hätte Rob Rensenbrink in der 90. Minute nicht die Stange, sondern ins Tor getroffen. Ernst Happel meinte dazu lakonisch: „Dass der Kempes zweimal trifft, war zu erwarten. Ich hatte nie das Gefühl, dass ich dieses Finale gewinnen kann. Selbst wenn Rensenbrink getroffen hätte, hätte der Schiedsrichter notfalls zehn Minuten nachspielen lassen und irgendeinen Elfmeter gegen uns gepfiffen.“ 

Nach der Final-Niederlage 1978 zurück in Belgien – Ernst Happel ist immer noch Trainer bei Club Brugge – möchte ihn der RSC Anderlecht verpflichten. Der Traditionsklub wartet seit sieben Jahren auf den Gewinn der Meisterschaft. Happel soll es richten. Der deal platzt. In Brügge baut ihm der Bürgermeister ein neues Stadion. „Aber in die Kabine kommen S´ net, da bin ich der Bürgermeister.“, so Ernst Happel. Als es das Stadt-Oberhaupt im Zuge der Stadion-Eröffnung dennoch probiert, wirft ihn Happel hochkantig hinaus. Am 23. November 1978 tritt er in Brügge zurück. Sein Weg führt ihn weiter zu KRC Harelbeeke, für drei Spiele. „Ich muss in den letzten drei Spielen nur einen Punkt machen, dann sind sie gerettet. Gegen die zwei Brüsseler Großklubs verlieren wir zweimal mit 0 : 1, das letzte Spiel gewinnen wir mit 3 : 0, gerettet und Auftrag erfüllt.“, so seine Laudatio über diese Trainer-Station. Doch der Weg in Belgien ist noch nicht zu Ende, es folgt ein Engagement bei Standard Liège. Mit dem Lüttich-Team aus der wallonischen Region Belgiens gewinnt Ernst Happel 1981 den Pokal, 4 : 0-Erfolg über Sporting Lokeren.

Die Jahre 1981 bis 1987 mit Ernst Happel als Trainer beim Hamburger SV waren für die stolzen Hanseaten die erfolgreichsten in der bisherigen 135-jährigen Klub-Geschichte. Foto: privat

Große Zeit beim Hamburger SV

Es folgten ereignisreiche Jahre in Hamburg. Der HSV, 1979 unter Branko Zebec Deutscher Meister geworden, trennte sich von seinem Trainer und der Manager Günther Netzer sorgte nach der interimistischen Lösung von Aleksandar Ristic für einen Paukenschlag: Der Wiener Ernst Happel im kühlen hohen Norden beim Hamburger Sport-Verein. Man schrieb das Jahr 1981. Die folgenden sechs Spielzeiten sollten für die Hanseaten zu den erfolgreichsten ihrer Klubgeschichte werden. 1982 und 1983 holte Happel mit dem HSV die Deutsche Meisterschaft. In der Zeit von 16. Jänner 1982 bis 29. Jänner 1983 blieb der HSV in 36 Liga-Spielen in Serie ungeschlagen. Dies stellte jahrelang einen ungebrochenen Bundesliga-Rekord dar. Im UEFA-Pokal trifft der HSV 1982 im Endspiel auf den IFK Göteborg. Doch die Schweden behielten mit 1 : 0 und 3 : 0 zweimal die Oberhand. Ein Jahr später jedoch, am 25. Mai 1983 in Athen traf der HSV im Finale des Europapokals der Landesmeister auf Juventus Turin. Die Spieler der „großen alten Dame“ traten in feinem Zwirn und überaus elegant gekleidet auf, während die Hamburger Fraktion in Trainingsanzügen aufmarschierte. Darauf Ernst Happel zu seinen Spielern: „Die feiern schon und tragen die vornehme Abendgarderobe. Vermiest es ihnen.“ Gesagt, getan – Felix Wolfgang Magath wurde mit seinem Weitschusstreffer in der 8. Spielminute unsterblich, der HSV schlug die Juve mit 1 : 0.

Im HSV-Museum im Hamburger Volksparkstadion ist Ernst Happel eine eigene Vitrine mit Originaldevotionalien aus seinen Hamburger-Jahren gewidmet. Foto: © oepb

Großer Bahnhof dann daheim in Deutschland. Ganz Hamburg lag dem Wiener zu Füßen. Passend und unvergessen zu dieser Zeit war auch der Sportkommentar zur Lage in der Deutschen Bundesliga, allwöchentlich sonntags in Ö3/Sport und Musik, die der Deutsche Radio-Moderator stets mit den Worten begann: „Ernst Happel, der großartige Wiener in Diensten des HSV …“ Und selbst, als die Hamburger am 1. September 1984 anhand der 1. Hauptrunde des DFB-Pokals in Geislingen mit 0 : 2 verloren hatten und ausgeschieden waren, Ernst Happel nach der Niederlage anhand der Pressekonferenz den anwesenden Journalisten lediglich „ein schönes Wochenende“ wünschte und wortlos von dannen zog, tat all dies der Begeisterung um seine Person keinen Abbruch. Nach dem Pokalsieg mit dem HSV 1987 gegen die Stuttgarter Kickers mit 3 : 1 war allerdings auch die erfolgreiche Epoche Hamburg für ihn beendet.

Zurück in Österreich

„Ich muss alt und senil sein, wenn ich nach Österreich zurückkehre!“, hatte er einstmals in einem lockeren Interview betont. Nun, er war keines von beidem, als er, 62jährig, dem Lockruf von Gernot Langes-Swarovski vom gleichnamigen Kristall-Konzern folgte und im Sommer 1987 nicht nur in Innsbruck landete, sondern nach Jahren der Wanderschaft auch heim nach Österreich gekehrt war. In Innsbruck wollte man um den deutschen Superstar Hansi Müller eine Top-Mannschaft formen, Ernst Happel sollte als Baumeister fungieren. Zu diesem Zweck änderte man bereits ein Jahr zuvor die Vereinsfarben von schwarz-grün auf blau-weiß und auch der Name Wacker Innsbruck musste jenem des FC Tirol weichen. Happel sah nach kurzer Zeit genug und wollte nach vier Wochen alles hinschmeißen. Der Präsident akzeptierte jedoch nicht und orderte „Weitermachen“ an. Was auch geschah.

Ernst Happel als FC Tirol-Trainer im Mannschaftsbus auf der A1 am Rastplatz St. Pölten am Weg nach Krems. Sein FC Tirol gewann beim Kremser SC am 24. August 1991 mit 2 : 1. Foto: © oepb

Ernst Happel tauschte eine komplette Mannschaft aus und holte 1989 und 1990 die Meisterschaft ins geheiligte Land Tirol. Im Jahre 1989 gelang ihm auch der Cupsieg anhand eines 0 : 2 und 6 : 2 gegen Admira/Wacker. Nur international sollte es mit den Tirolern nicht nach Wunsch laufen. Unrühmlicher Höhepunkt war im Herbst 1990 ein 1 : 9-Debakel in Madrid gegen Real. ÖFB-Teamtorhüter Klaus Lindenberger sollte nach diesem Spiel seinen Platz im Gehäuse der Tiroler räumen müssen.

Bundeskanzler Dr. Franz Vranitzky, gleichzeitig Präsident der Freunde der Österreichischen Fußballnationalmannschaft ließ nicht locker und bekniete Ernst Happel, ob er nicht doch ÖFB-Teamchef werden möchte. Das stete Werben wie um eine schöne Frau hatte Erfolg. ÖFB-Präsident Beppo Mauhart verkündete am 20. Dezember 1991 um 11 Uhr im Wiener Tabakmuseum voller Stolz den neuen Feldherrn auf der sportlichen Kommandobrücke des ÖFB – Ernst Happel!

Es sollten die letzten 11 Monate im Leben des Ernst Happel werden. Und nachdem sich die Nationalmannschaft des Jahres 1991 nicht gerade mit Ruhm bekleckert hatte – 0 : 0 gegen Norwegen, 0 : 6 gegen Schweden, 3 : 0 gegen die Färöer Inseln, 1 : 2 gegen Dänemark, 1 : 1 gegen Portugal, 0 : 3 gegen Dänemark, 1 : 2 gegen Nordirland und 0 : 2 gegen Jugoslawien schloss Happel launig die Pressekonferenz mit den Worten: „Na, dann machen wir halt eine Revolution in Österreich!“, und auf die Frage nach der schärfsten Konkurrenz um Platz 2 im Zuge der WM-Qualifikation: „Wieso um den zweiten Platz? Wir spielen um den Gruppensieg!“ und weiter: „Dann werden wir uns halt qualifizieren!“

Dies alles war Labsal auf die geschundene Seele der Fußball-Anhänger hierzulande und das Weihnachtsfest, sowie Silvester 1991/92 ließ die Menschen frohen Mutes und guter Dinge in die fußballerische Zukunft blicken.

Ernst Happel zerriss sich förmlich für seine neue – und letzte – Aufgabe. Ihm waren Spiele wichtig, um seine Einheit zu finden und die Mannschaft zu formen. 10 Länderspiele bestritt die ÖFB-Auswahl im Jahre 1992, bei 9 davon saß er auf der Bank. Ernst Happel, der Patriot, gab alles für diesen Job, wenngleich sein Körper aufgrund der schweren Krebserkrankung oftmals nicht mehr mitspielte. Mit Dietmar Constantini stand ihm ein Co-Trainer zur Seite, der mehr als nur das zweite Glied war. Und so absolvierte die ÖFB-Auswahl folgende Duelle: 1 : 2 gegen Ungarn, 4 : 0 gegen Litauen, 1 : 1 gegen Wales, 2 : 4 gegen Polen, 2 : 3 gegen Holland, 2 : 2 gegen die CSFR – vormals CSSR, 1 : 1 gegen Portugal, 0 : 2 gegen Frankreich, 5 : 2 gegen Israel und 0 : 0 gegen Deutschland.

Am 28. Oktober 1992 nach dem 5 : 2-Erfolg gegen die Israelis trat er ein letztes Mal vor die Öffentlichkeit: „Wir hätten gleich zu Beginn ein Tor kassieren können, das hätte natürlich net ins Konzept gepasst. Wir haben zwei vor der Pause geschossen. Das sind natürlich entscheidende Punkte. Zu Hause muss man offensiv spielen. Nächstes Mal kommen 50.000 oder 55.000. Passen die überhaupt hinein? Unser Sieg war Verpflichtung. Wir haben uns nach dem 0 : 2 von Paris rehabilitiert.“

Die Pressekonferenz nach dem Spiel sollte Ernst Happels letzter Auftritt im Rampenlicht der Öffentlichkeit gewesen sein. Der Fußballsport, der ihm all die Jahre so viel bedeutet hatte und den er auch entscheidend mitprägen konnte, verlor am 14. November 1992 um 17.16 Uhr einen ganz Großen seiner Zunft.

Ernst Happels Vermächtnis; Zeitungs-Faksimile vom 16. November 1992. Sammlung: oepb

Seine letzten Worte hinterließ er als Vermächtnis aufgeschrieben an die Nachwelt: „Ich habe einen Kader hinterlassen, der Basis für eine gute Zusammenarbeit sein kann. Sie müssen nur was daraus machen, müssen daran glauben. Wie es gehen kann, hab´ ich, glaube ich, vorgezeigt – und sie haben es verstanden, die Spieler. Sie müssen stolz sein auf die Nationalmannschaft, eine innere Beziehung haben, sonst wird´s nix. Es war ein schönes Jahr, ich bin froh, dass ich das angenommen hab´. Wirst sehen, da wird was draus! Sag das allen!“

WEISS ICH, WOHIN ICH GEH, WANN ICH EINMAL STERB?
ICH DENKE, DASS ICH NOCH EINMAL AUF D´WELT KOMM´.
MAG SEIN, DASS ES DAS GIBT!

Vier Tage später, beim 0 : 0 von Nürnberg, war Ernst Happel allgegenwärtig. Nicht nur, dass beide Teams, wie eingangs erwähnt, mit schwarzem Trauerflor aufliefen, spielte Österreich in der Traditions-Dress „weiße Trikots und schwarze Hosen“, während Deutschland mit der klassischen Auswärtsdress agierte – „grüne Trikots, weiße Hosen“. Der Platz neben Dietmar Constantini und Rudolf Szanwald auf der Betreuerbank blieb jedoch leer, lediglich die blaue Mütze von Ernst Happel lag dort.

Viele österreichische Schlachtenbummler waren am 18. November 1992 in Nürnberg nicht zugegen. Aber die, die live im Frankenstadion dabei waren, bekamen eine perfekt eingestellte österreichische Nationalmannschaft präsentiert, die beim 0 : 0 gegen den amtierenden Fußballweltmeister Deutschland mehr als nur ebenbürtig war. Foto: © oepb

Der Aschyl hätte seine Freude gehabt an diesem Abend und wenn auch noch Toni Polster in der 87. Minute das 0 : 1 geglückt wäre, hätte man wohl gemeint, dass er seine überirdischen Fähigkeiten im Spiel gehabt hätte. So aber war mit dem freundschaftlichen Unentschieden allen Beteiligten geholfen.

Am 26. November 1992 wurde Ernst Franz Hermann Happel auf dem Hernalser Friedhof zu Grabe getragen. Die Trauergemeinde von 3.000 Menschen war dermaßen groß, dass die Beisetzung einem Staatsbegräbnis gleichkam.

Ex-Spieler und DFB-Teamchef a.D. Franz Beckenbauer meinte: „Alles, was ich als Deutscher Teamchef erreicht habe, basiert auf dem Wissen, das mir Ernst Happel mitgegeben hat. Danke.“

RAPID-Mitspieler Alfred Körner: „Er war der anständigste Mensch auf Gottes Erden.“

RAPID- und ÖGB-Präsident Anton Benya: „Ernst stammte aus der alten Zeit, als die Spieler noch auf der Straße kickten, sich somit ein besonderes Ballgefühl geholt hatten. Ernst war einer von ihnen.“

Bundeskanzler Franz Vranitzky: „Ernst Happel war ein Musterbeispiel eines österreichischen Europäers. Er war mit der größten Selbstverständlichkeit Wiener, Österreicher und entweder Holländer, Belgier oder Deutscher.“

ÖFB-Präsident Beppo Mauhart: „Der Tod gestattet ihm, den Weg zu zeigen, aber nicht, ihn zu Ende zu gehen.“

Über all der Trauer überwog jedoch die Freude – die Freude darüber, dass er gelebt hatte

Am Friedhof Wien-Hernals, Leopold Kunschak-Platz 7, liegt Ernst Happel in einem Ehrengrab der Gemeinde Wien. Gruppe 1 / Nummer 238. Foto: © oepb

Die Gemeinde Wien veranlasste, dass im Frühjahr 1993 das Wiener Stadion im Prater in Ernst Happel-Stadion umbenannt wurde. Somit sollte sich der Kreis um Ernst Happel schließen und für die Ewigkeit gemahnende Erinnerung bleiben;

Quelle: Redaktion www.oepb.at

Vor 10 Jahren, 2012, erschien im deutschen Verlag DIE WERKSTATT eine umfangreiche Ernst Happel-Biographie, die nach wie vor erhältlich ist. Mit diesem Link kommen Sie direkt hin.

Im Facebook vom 13. November 2017 zum Nachhören: Der Ernst Happel Kaffeehaus-Talk “Im Wohnzimmer des Wödmasta”Mit dabei: Günter Netzer, Andreas Herzog, Franz Hasil, Alfred Körner & Heinz PalmeThema der Sendung: Mensch, Unikat, Phänomen – Anekdoten und Geschichten über Ernst HappelModeration: Christina Happel, Enkelin von Ernst Happel

https://www.facebook.com/happel.ernst/videos/1842497362444704/

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