Cover Ewald Lienen / Ich war schon immer ein Rebell. Erschienen bei PIPER.
Cover Ewald Lienen / Ich war schon immer ein Rebell. Erschienen bei PIPER.

Seit jenem Zeitpunkt, als Ewald Lienen in den ausgehenden 1970er Jahren beim VfL Borussia Mönchengladbach legendäre Spiele als Linksaußen absolvierte und gemeinsam mit Berti Vogts, Rainer Bonhof und Alain Simonsen 1977/78 die Vize-Meisterschaft in der Deutschen Fußball-Bundesliga holte, weckte er extreme Gefühle bei Fans und Fachleuten. Als Spieler, Trainer und Fußballfunktionär ist er bis heute ein Querdenker geblieben, ein leidenschaftlicher Rebell – auf und neben dem Platz.

Sein Trainer-Kollege Friedhelm Funkel sagt über ihn: „Ewald Lienen ist ein Mann mit Ecken und Kanten. Ich kenne ihn aber vor allem als herzlich, verständnisvoll, verlässlich, humorvoll und überhaupt nicht nachtragend. Wer über vier Jahrzehnte aktiv Bundesliga-Fußball erlebt und mitgestaltet hat, muss kompetent sein und große menschliche Züge haben. Wir haben uns regelmäßig auf dem Platz und an der Trainerbank gestritten, angeschrien und bitterböse Blicke zugeworfen. Aber nach den Spielen haben wir uns wieder in den Armen gelegen.“

In den 1980er Jahren kandidierte Ewald Lienen für die Friedensliste und nahm an Sternmärschen teil, seine politische Haltung kostete ihn wohl die WM-Teilnahme 1978 im DFB-Aufgebot in Argentinien, und als Trainer handelte er sich mit seiner Akribie in den 1990er Jahren den Spitznamen „Zettel-Ewald“ ein. Er gilt bis heute als eine einzigartige Gestalt im Profifußball. In seiner Biographie plaudert er offen über sich, den Fußball und sein Leben, das in einfachen Verhältnissen begann und ihn national und international in die höchsten Fußballligen führte.

Ein Foul und seine Folgen! Selbst heute, 38 Jahre später, wird Ewald Lienen nach wie vor auf jenen Freitag, 14. August 1981 angesprochen. Foto: privat / oepb
Ein Foul und seine Folgen! Selbst heute, 39 Jahre später, wird Ewald Lienen nach wie vor auf jenen Freitag, 14. August 1981 angesprochen. Foto: privat / oepb

oepb-Rezension:

„Das Bild des schwer verletzten Stürmers Ewald Lienen (27) im Dress des DSC Arminia Bielefeld ging kürzlich durch die Weltpresse. Noch halten die Diskussionen über die Ursachen und Konsequenzen des „Falles Lienen“ an, noch ist allerdings auch kein Urteil darüber gefällt worden. Allein schon das vorliegende Bilddokument ist für alle Spieler, Trainer und Schiedsrichter jedoch Warnung genug. Die Brutalität im Fußballsport muss rigoros unterbunden werden, damit man derartige Bilder nie mehr wieder zu sehen bekommt. Auch für Österreichs „Eisenfüße“ ist diese Warnung hoffentlich noch rechtzeitig erfolgt.“, so eine Agentur-Meldung am Montag, 17. August 1981.

Ewald Lienen, der sich in seiner Autobiographie „Ich war schon immer ein Rebell / Mein Leben mit dem Fußball“ gleich in seinem Vorwort mit dieser für ihn und seine weitere Karriere Gott Lob ohne schwerwiegende Konsequenzen gebliebene Verletzung auseinandersetzt, wird seit jenem 14. August 1981 gerne und immer wieder auf das Foulspiel angesprochen, das an ihm verübt wurde. Und jener Tag ist ihm verständlicherweise auch bis heute detailgetreu in seinem Gedächtnis haften geblieben.

Ewald Lienen jedoch nur mit dieser abscheulichen Verletzung zu assoziieren und später dann, während seiner erfolgreichen Trainer-Laufbahn immer wieder als „Zettel-Ewald“ zu titulieren, ist unfair. Er notierte stets das, was ihm anhand seiner Spieler auf dem Feld missfiel, auf kleine Notizblöcke und Zettel, um diese, seine Überlegungen dann eben zu gegebenem Anlass den betreffenden Akteuren unter die Nase zu reiben. Auch das ist okay und dem Fußballsport, dem er, Ewald Lienen, von klein auf an verfallen ist, absolut zuträglich.

Corona, Sonne, Lesezeit. Mit Ewald Lienen´s lesenswerter Autobiographie ist man dabei überaus gut beraten. Foto: oepb
Corona, Sonne, Lesezeit. Mit Ewald Lienen´s lesenswerter Autobiographie ist man dabei überaus gut beraten. Foto: oepb

Lienen war lange aktiv. Erst im stolzen Alter von knapp 39 Jahren beendete er seine Profi-Laufbahn. Dass diese mit dem Bundesliga-Abstieg im Dress des MSV Duisburg zum Ende der Spielzeit 1991/92 hin endete, tat ihm und der Liebe zu diesem Sport keinen Abbruch. Ganz im Gegenteil, bereits als Aktiver erwarb er 1988 den A-Schein für Trainer und nahm sich ab 1989 neben dem täglichen Training der Profis als Coach der zweiten Mannschaft des MSV an. Seit 2017 ist Lienen nun, nachdem er von 2014 an am Millerntor-Stadion Trainer war, Technischer Direkt des FC St. Pauli in Hamburg. Er ist dem Fußballsport, den er aktiv von Kindesbeinen an lebt und pflegt, nach wie vor verbunden.

Seine Autobiographie liest sich wie ein Roman. Es gelingt Ewald Lienen in vorzüglicher Art und Weise, die Phantasie des geneigten Lesers immer wieder anzuregen. Das Leben, sein Leben, läuft anhand der Lektüre wie ein Film vor dem geistigen Auge ab. Die einzelnen Kapitel sind perfekt aufeinander abgestimmt und deren Inhalte ohnehin lesenswert. Die Lebensgeschichte eines Knaben, der aus ärmlichen Verhältnissen stammte und es bis ins Rampenlicht der glitzernden Fußballwelt schaffte, dabei jedoch nie den Blick auf das Wesentliche und die Mitmenschen um ihn herum verloren zu haben – das war und ist Ewald Lienen´s Leben. Ein wirklich gelungenes Buch von und über einen Querdenker, von dessen Gattung es durchaus mehr auf dieser Welt geben könnte. Prädikat: absolut lesenswert!

Ich war schon immer ein Rebell
Mein Leben mit dem Fussball
von Ewald Lienen
erschienen bei PIPER
www.piper.de
432 Seiten, Einband gebunden, mit Lesebändchen, zirka 30 Fotos
ISBN: 978-3-492-05947-3
Zum Preis von € 22,70 (Österreich), € 22,00 (Deutschland), CHF 29,90 (Schweiz)
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