Der Aufmacher des gestrigen „AUSTRIA live“ – dem offiziellen Stadion-Magazin des FK Austria Wien – war Thorsten Fink gewidmet, jenem Mann aus Deutschen Landen, der seit Ende Mai 2015 am Verteilerkreis das Zepter schwingt und dessen klare Handschrift bis dato auch sehr gut sichtbar ist. Anbei bitte nun einige Auszüge aus diesem interessanten Interview:
Der Mittelpunkt ist Thorsten Fink ein vertrauter Ort. Eine andere Wahl scheint es ohnehin nie gegeben zu haben. Am Höhepunkt seiner Karriere als zentraler Mittelfeldspieler des FC Bayern München – zuvor aktiv für die SG Wattenscheid 09 und den Karlsruher SC – bestritt er in Summe 404 Bundesliga-Spiele. Wer diese Schule einmal hinter sich gebracht hat, der schreckt vor Blitzlichtgewitter und zahlreichen Augenpaaren auch nicht mehr zurück. Dass das Interesse am UEFA-Champions-League- und Weltpokalsieger, vierfachen deutschen Meister und dreifachen Pokalsieger auch in Österreich riesig ist, war zu erwarten, denn in der Zwischenzeit blickt der 47jährige gebürtige Westfale aus der Braustadt Dortmund auch auf eine beachtliche Trainer-Laufbahn zurück. Er führte den FC Basel samt Schweizer Torrekord zu zwei Meisterschaften samt Champions-League-Einzügen, stieg mit den RB Juniors und mit FC Ingolstadt jeweils in die zweithöchste Spielklasse auf, bewahrte den Hamburger SV vor dem Abstieg, führte ihn in der Folgesaison auf Rang sieben der deutschen Bundesliga und ebnete zuletzt auch APOEL Nikosia den Weg zum zyprischen Champion. Kein Zweifel! Egal, ob die 11 TV-Teams und 45 Journalisten bei Finks Medienpräsentation, die zahlreichen Zaungäste bei den Trainingseinheiten der letzten Tage, oder die wissbegierigen Spieler bei den Ansprachen des Deutschen, alle wollen wissen: Was macht diesen Trainer so erfolgreich? Wie arbeitet er, wie tickt er, wie spricht er mit den Spielern, den Fans, den Betreuern, der Presse?
Situativer Führungsstil
Wer Thorsten Fink um eine Charakterisierung seiner selbst bittet, erhält in der Regel drei Schlagworte, die für ihn beruflich über allem stehen: „Teamwork, Leidenschaft und Visionen haben“. Diese drei Gebote gelten bei ihm als unumstößlich. Wie sich das im Alltag äußert? Er betont: „Identifikation mit dem Klub ist für mich sehr wichtig. Ich will bei der Austria für die Spieler, die Fans, die Medien und die Sponsoren da sein.“ Seinen Worten leistet er in den ersten Wochen definitiv Folge. Es vergeht kein Tag, an dem nicht irgendein Medien-, Sponsoren- oder Fantermin auf dem Programm steht. Zusätzlich dazu hat Fink immer ein offenes Ohr für seine Spieler und Trainerkollegen: „Es gibt viele verschiedene Führungsstile. Ich kann mich mit dem situativen am besten identifizieren.“ Wichtig sei: „Ein Trainer sollte seine Mannschaft richtig gut kennen. Ich möchte eine Einheit auf dem Platz sehen, deshalb muss ich manche Dinge wissen.“ Zum Beispiel? „Es gibt Trainer, die das Geburtsdatum ihrer Kinder genauso gut kennen wie jenes ihrer Spieler. Ich bin diesbezüglich auch gern vorbereitet. Jeder Spieler hat eigene, spezielle Bedürfnisse.“
Thorsten Fink selbst hat unter zwei der besten Trainer der Welt gearbeitet, unter Ottmar Hitzfeld hat er 185 Spiele – so viele wie unter keinem anderen Coach – bestritten. Auch Giovanni Trapattoni führte ihn bei den Bayern. Hervorheben will Fink bewusst niemanden und sagt: „Ich habe große Trainerpersönlichkeiten kennen gelernt, von jedem etwas mitgenommen. Am Ende des Tages musst du aber deine eigene Philosophie finden und deinen eigenen Stil vermitteln. Ich kopiere niemanden.“
Vieles, aber kein Feuerwehrmann
Wer in den letzten Monaten den Eindruck hatte, dass Fink aus violetter Sicht genau zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort ist, der könnte richtig liegen. Die Austria befindet sich in einer Umbruchphase, nicht nur, was den Kader mit gleich neun Zu- und Abgängen betrifft, auch wenn es darum geht, eine einheitliche Spielphilosophie von oben nach unten in den Nachwuchsbereich zu transportieren, hat Sportdirektor Franz Wohlfahrt in den letzten Monaten ganze Arbeit geleistet und mit Thorsten Fink einen kongenialen Partner an Land gezogen. Fink: „Ich bin sicherlich jemand, der Dinge entwickeln und immer langfristig arbeiten will. Ich bin kein Feuerwehrmann. Das will ich nicht sein. Ich will jemand sein, der konzeptionell arbeitet und den Verein weiterbringt.“ Vorgemacht hat er es beim FC Basel, dem er in zwei Jahren eine Grundphilosophie mitgab, die auch heute noch Bestand hat. Er erzählt: „Dort wurde es mir ermöglicht und es hat sich bezahlt gemacht. Die Austria ist der zweite Verein, bei dem ich mein gesamtes Wissen weitergeben und nach unten, zu den Talenten hin, etwas aufbauen will.“
Das Wichtigste ist Erfolg
Fink spricht von einer tollen Nachwuchsarbeit, die in Österreich und speziell bei der Austria geleistet wird: „Das ist mir schon früher aufgefallen.“ In der Akademie der Veilchen ortet er viel Talent. Die Fähigkeiten zahlloser Spieler, die er dort beobachtet hat, decken sich mit seiner bevorzugten Art von Fußball. „Ich stehe für offensiven, schönen Fußball“, verrät er – und holt weiter aus: „Wir wollen auch für Spektakel stehen. Wer mich holt, weiß, was er bekommt.“ In Schönspielerei sterben, das wolle er aber ganz und gar nicht: „Am Ende ist das Allerwichtigste der Erfolg. Mir ist lieber, wir spielen vielleicht einmal nicht so schön und gewinnen trotzdem 1 : 0.“ Ein Credo, das viele Trainer beschwören, durch Thorsten Finks Spielervergangenheit beim FC Bayern aber noch mehr Glaubwürdigkeit erhält. Hinzu kommt, dass er, der seinen einzigen Champions-League-Treffer in 51 Spielen bei einem 4 : 2-Sieg über Real Madrid erzielte, auch als Coach einen guten Punkteschnitt aufweist. Obwohl nicht immer bei Titelanwärtern angestellt, erzielen seine Teams im Durchschnitt 1,82 Zähler pro Partie. Mit Basel waren es in 120 Spielen gar 2,08 Zähler pro Begegnung – inklusive eines 3 : 3-Unentschiedens bei Manchester United, sowie zweier Siege über den AS Rom. In Wien-Favoriten werden erst einmal kleinere Brötchen gebacken: „Mir gefällt der Gedanke, hier über einen längeren Zeitraum etwas entwickeln zu können – und im Moment habe ich das Gefühl, dass das klappen könnte …“
Quelle: AUSTRIA live / Das Stadionmagazin / Ausgabe 01 / 2015/16
Anmerkung:
Es erweckt somit den Anschein, dass nun auch endlich Ruhe im violetten Vorstand eingekehrt ist, dass man mit Thorsten Fink den lang gesuchten Trainer gefunden hat, dem man auch die Zeit einräumt, etwas Großes, Schritt für Schritt, aufbauen zu können. Der Deutsche hat der Mannschaft bereits seine klare Linie vorgegeben, die violette Elf ist nun dabei, diese Vorgaben auch zu erfüllen. Bis dato mit absolutem Erfolg. Es bleibt dem sympathischen Deutschen zu wünschen, dass er die stets lodernde Lunte am Pulverfass FAK-Trainerstuhl nun endlich ausbläst und er die Austria in die alte Erfolgsspur zurückbringt. Es sei ihm und dem ganzen Verein von Herzen gegönnt.