Der Fußballklub Austria Wien, gewiss einer der größten Fußballvereine Österreichs und der erfolgreichste schlechthin nach dem Zweiten Weltkrieg hierzulande zerbröckelt und zerbröselt immer mehr. Das gestrige Ballgetrete im Rahmen der 26. Bundesliga-Runde gegen den SV Ried, garniert mit einer aufgrund der Leistungen in der zweiten Spielhälfte absolut verdienten 0 : 1-Heimniederlage – der ersten übrigens gegen die Innviertler seit dem 8. August 2010 – glich einer perfekten Bankrott-Erklärung des derzeitigen Spieler-Personals.
In der Wirtschaftswelt zeichnet sich ein Niedergang ab, der passiert nicht einfach von heute auf morgen. Ebenso geschieht dies bei einem Fußballklub. Wenn dieser aber hausgemacht scheint, dann tut dies dem geneigten Anhänger umso mehr weh. Hausgemacht wohl dahingehend, da die Austria nach der erfolgreichen Meister-Saison 2012/13 und den guten Auftritten für Österreich in der UEFA-Champions-League im Herbst 2013 die Zeichen der Zeit unerkannt ließ und dem Vernehmen nach am falschen Ort den Sparstift ansetzte. Doch dies scheint alles nur die Spitze des Eisberges zu sein, denn das Tohuwabohu begann bereits vor längerer Zeit.
Dietmar Constantini führte als Feuerwehr-Coach den FAK im April 2008 noch in den UEFA-Cup, nachdem Vorgänger-Coach Georg Zellhofer, mit der Austria 2007 Wiener Stadthallen-Sieger und Cup-Sieger, am 15. März 2008 nach einer 0 : 1-Heimniederlage gegen den SK Austria Kärnten die Brocken hinschmiss. Der Anspruch der Wiener Violetten war – und ist es bis heute – jährlich einen Titel zu holen und/oder international zu spielen. Dagegen ist nichts zu sagen, aber die Art und Weise, wie die sportliche Belegschaft damit regelrecht unter Druck gesetzt wird, nicht immer förderlich für dieses Unterfangen.
Auf Constantinti folgte im Mai 2008 das violette Urgestein Karl Daxbacher, der gerade zuvor mit dem Linzer ASK in die 1. Liga aufgestiegen war. Mit Daxbacher wurde die Austria 2008/09 Dritter in der Meisterschaft und holte auch den Cupsieg nach Favoriten. Ein Jahr später scheiterte man im Cup zwar am LASK in Linz, in der Meisterschaft hatte man aber bis zum letzten Spieltag die Chance, den Titel nach Favoriten zu holen. Knapp 14.000 Zuschauer sorgten für ein hoffnungslos überfülltes Franz Horr-Stadion beim letzten Spiel gegen SV Ried. Tomas Jun machte mit zwei frühen Toren bereits gleich in der Anfangsphase alles klar. Am Ende wurde man zwar lediglich Vize-Meister hinter dem FC Salzburg, dennoch herrschte um die Wiener Violetten eine lange nicht mehr da gewesene Euphorie und Aufbruchstimung. 2010/11 hatte man detto bis zum letzten Spieltag Meisterschafts-Chancen, vergeigte diese jedoch zu Hause beim Showdown gegen Salzburg mit 2 : 4. Fazit: Mit Karl Daxbacher war die Austria überaus konkurrenzfähig, brachte mit Aleksandar Dragovic, Zlatko Junuzovic, Michael Liendl, Heinz Lindner und Konsorten spätere ÖFB-Team-Fußballer hervor, die auch, ausser Torhüter Lindner, der der Austria nach wie vor die Treue hält, überdurchschnittlich gute Legionäre wurden. Die Konkurrenz aus Salzburg war zwar groß, die Austria bot den Mozart-Knaben jedoch Jahr für Jahr die Stirn.
Der Herbst 2011 zog ins Land und der FAK spielte in der UEFA Europa League Gruppenphase eine überaus gute Rolle. Leider scheiterte man am Verbleib für das Frühjahr 2012 in diesem Bewerb lediglich an der um 4 Treffer schlechteren Tordifferenz gegenüber dem AZ Alkmaar. Nach einem 0 : 3 in Salzburg im Dezember 2011, der vierten Tabellenplatz-Position und vier Punkten Rückstand auf die Spitze wurde „Sir“ Karl Daxbacher – der für Austria-Verhältnisse als Trainer, der 3 ½ Jahre tätig sein durfte ohnehin als Methusalem galt – gefeuert. Mit der vermeintlichen Billig-Lösung, den Amatewure-Coach in Form von Ivica Vastic in den Chef-Sessel zu hieven, ging es im Frühjahr weiter.
Dem gebürtigen Kroaten, der inzwischen zum Österreicher avancierte, wurde allerdings sofort die Rute ins Fenster gestellt – er müsse um jeden Preis mit der Austria in einen internationalen Bewerb kommen. Dementsprechend legte er, der als Chef-Coach zu diesem Job wohl wie die sprichwörtliche Jungfrau zum Kind, kam, auch die Spielweise der Violetten an. Langjährigen Fans ist das 300. Wiener Derby vom Februar 2012 noch in guter Erinnerung, wobei das dabei herausgekommene 0 : 0 aus einer gesicherten Abwehr fabriziert wurde und nach vorne zu gut wie gar nichts ging. Fürchterlich anzusehen, wenn man als echter Violetter den gepflegten Fußball liebt. Nichts desto trotz hatte Vastic und die Seinen bis zuletzt die Chance auf Europa. Dass daraus wider Erwarten nichts wurde, lag an einem 1 : 3 beim SK Sturm in Graz im Mai am letzten Spieltag nach einer 1 : 0-Pausenführung der Austria.
Vastic musste – wie erwartet – gehen, für ihn kam Franco Foda, Meistermacher mit Sturm Graz 2011. So hieß es zuerst. Der gebürtige Mainzer war im Sommer 2012 der Austria zwar im Wort, entschied sich dann allerdings in einer Nacht- und Nebelaktion doch dafür, den Zweitligisten 1. FC Kaiserslautern betreuen zu wollen. Peter Stöger, als Faustpfand, sprang ein und das so genannte Not-Programm wurde zum vollen Erfolg! Die Wiener Austria brillierte in der Spielzeit 2012/13 und die Veilchen blühten quasi das ganze Jahr hindurch ohne großartigen Durchhänger, was in der bewegten Geschichte des FAK nicht allzu oft vorkam. Mit 82 Punkten in 36 Runden wurde ein bis dato noch nie da gewesener Rekord aufgestellt. Lediglich die Cupfinal-Niederlage gegen Drittligist FC Pasching, trainiert von einem gewissen Gerald Baumgartner, passte so ganz und gar nicht in dieses Viola-Jubel-Bild.
Anhand der Meister-Feierlichkeiten nach dem 4 : 0 zu Hause gegen den SV Mattersburg am 22. Mai 2013 und den unmittelbar zuvor aufgekommenen Gerüchten, dass der SV Werder Bremen an Erfolgs-Coach Peter Stöger interessiert sei, tat dieser mit einem nicht gerade der feinen englischen Art entsprechenden „Kusch“ ab, als die feiernde FAK-Masse nach Spielschluss am Rasen wiederkehrend lautstark forderte: „Peter bleib bei uns!“ Da der Erz-Violette dann doch der Verlockung Deutschland unterlag und ihn sein Weg zum damaligen Zweit-Ligisten 1. FC Köln führte, konnte die Austria daraus wenigstens finanziell Kapital schlagen. Der getreue Anhänger und Stadion-Pilger stellte sich aber vermehrt die Frage, warum Coach Stöger nicht den Versuch startet, mit der Austria erstmals in der Geschichte in die Champions-League einzuziehen, sondern sich einem Himmelfahrtskommando am Rhein im Rahmen der launischen Diva „Geißbock“ anschließen zu wollen.
Peter Stöger tauschte demnach seine violette in eine rote Brille und Nenad Bjelica folgte ihm als Trainer in Wien. Dieser hatte mit dem Wolfsberger AC am 6. April 2013 beim 4 : 0-Erfolg in Favoriten gegen den FAK, dem späteren Meister und dessen Jubel-Choräle gehörig verstummen lassen. Dieser Triumph und überhaupt die ganze Aufbauarbeit beim WAC waren mit ein Grund, warum Bjelica Veilchen-Coach wurde. Und dennoch hatte der Kroate von Anbeginn an einen schweren Stand. Gemessen an der plüschrosaroten Vorsaison von Peter Stöger waren im Herbst 2013 die Ergebnisse nicht immer so zwingend, wie sie beispielsweise noch im Jahr zuvor waren. Dennoch war die Freude verständlicherweise riesengroß, als man trotz eines 2 : 3 zu Hause gegen Dinamo Zagreb dank eines 2 : 0-Erfolges in Agram erstmals in die Champions-League gelangte. Dort verbuchte die Wiener Austria 5 Zähler und schoss mit einem 4 : 1-Triumph gegen Zenit St. Petersburg den bis dato höchsten Erfolg einer österreichischen Klubmannschaft in diesem Bewerb heraus. Die Querelen um Nenad Bejlica verstummten jedoch nie und das Ausscheiden im Parade-Bewerb der Austria, dem ÖFB-Cup, in Runde 2 beim SC Kalsdorf schürten das Feuer mehr und mehr.
Zum Saisonauftakt im Februar 2014 setzte es ein bitteres 1 : 3, nach 1 : 0-Führung, beim SK RAPID Wien, dem ein 1 : 1 zu Hause gegen den SC Wiener Neustadt folgte. Nach dem späten Ausgleich durch den Niederösterreicher Stefan Rakowitz in der 93. Minute, gleichbedeutend mit dem sich Erheben von Austria-Legendenklub-Präsident Felix Gasselich, der in beide Hände klatschend lautstark „Bejlica raus“ anstimmte, war klar, dass auch die Tage des Kroaten am Verteilerkreis der Vergangenheit angehören würden. Neuerlich wurde „Der Bock zum Gärtner gemacht“ und die Billig-Lösung „Amateure-Coach avanciert zum Feldherrn“ in Form von Herbert Gager wurde präsentiert. Auch diesem wurde sofort deutlich gemacht, dass die Austria international spielen muss! Was ihm ohnehin bereits im Vorfeld klar war. Und es kam, wie es wohl kommen musste, der FAK qualifizierte sich – neuerlich – nicht für Europa. Denkbar knapp zwar, aber eben doch, denn am Ende fehlte nur ein Tor.
Herbert Gager wusste allerdings bereits vor dem entscheidenden letzten Spiel gegen Sturm Graz in Wien, dass er als Mohr seine Schuldigkeit getan hatte. Das Anbot der Veilchen, er könne wieder zurück in den Betreuer-Stab des Nachwuchses wechseln, lehnte er erhobenen Hauptes und voller Stolz ab – mehr als verständlich. Gager heuerte beim SKN St. Pölten an und spielte mit den Niederösterreichern im Sommer 2014 international – aufgrund der Cupfinal-Teilnahme gegen den Meister Salzburg – die Austria schaute jedoch einmal mehr ins Kaminloch.
Und so etablierte man mit Gerald Baumgartner vom SKN St. Pölten kommend den – noch – aktuellen Trainer beim FK Austria Wien. Dieser schien jedoch von Anbeginn an der Spielzeit 2014/15 mit diesem Job hoffnungslos überfordert zu sein. Es ist eben ein Unterschied, ob man beim FC Pasching in der Dritten, beim SKN St. Pölten in der Zweiten, oder aber eben in der ersten Leistungsstufe an vorderster Front seinen Mann stehen muss. Das Pulverfass Austria ist schlichtweg nicht jedermanns Sache.
So lange die Spieler wissen, dass sie jederzeit zum Vorstand petzen laufen können, wenn der Coach einmal nicht das tut, was die Herren Ballesterer wollen, solange die Vorstands-Etage diesem munteren Treiben kein rigoroses Ende zu setzen im Stande ist und so lange der FK Austria Wien weiterhin sich der Diktatur der Spieler-Belegschaft unterwirft, solange wird es wohl jeder Coach am violetten Feldherrenhügel schwer haben. Darüber hinaus wurde auch am Kader der Rotstift angesetzt. Aus mittelmäßigen Bundesliga-Kickern kann man bei aller Wertschätzung nicht permanent überdurchschnittlich tolle Leistungen erwarten.
Und nun zu etwas Erfreulichem:
Ja, auch das gibt es derzeit aus dem Hause FAK zu berichten! Die Vorplanungen sind getroffen, die Realisierungen auf Ballhöhe, sehr bald schon geht es los. Derzeit wird eifrig an der U-Bahn-Verlängerung vom Reumannplatz in Favoriten weiter bis nach Oberlaa gegraben. Im Zuge dieser Eröffnung bleibt auch in der nach Franz Horr benannten Generali-Arena kein Stein mehr auf dem anderen. Die Ränge Süd, West und Nord erhalten ähnlich der Ost-Tribüne einen zweiten Rang. Auf der Nord-Tribüne, die von 1982 bis ins Jahr 2000 die so genannte Haupttribüne war, werden Sky- und VIP-Boxen etabliert. Die Hardcore-Anhänger könnten sich, wenn man sich endlich mit dem Verein einigt und annähert, am Unterrang der Ost-Tribüne zur kollektiven Stimmungs-Mache versammeln, während dessen am Oberrang der Ost-Tribüne die alteingesessenen Fanklubs angesiedelt werden würden. Die oftmals lautstark geforderte Tarif-Anpassung für den Unterrang des Fanblocks im Bereich des Ostens hat sich die Austria sehr wohl zu Herzen genommen und auf die Beschwerden und Wünsche ihrer jugendlichen Anhänger großen Wert gelegt.
Darüber hinaus wird am derzeitigen Parkplatz hinter der Ost-Tribüne das Viola-Dorf entstehen, bestehend aus Kindergarten, Schule, Hort und – no na – der Möglichkeit, der sportbegeisterten Jugend Platz und Raum für den Fußballsport zu bieten. Ähnlich den Vorbildern, beispielsweise aus Holland mit den Fußball-Internaten, wird auch die Austria mit diesen geschaffenen Rahmenbedingungen den einen oder anderen Nachwuchs-Star von morgen behutsam aufbauen können. Für dieses Projekt wurden zwei Jahre Bau- und Umbauzeit veranschlagt. Dafür zieht man zwei Jahre in den Prater um und wird dort, quasi zurück zu den Wurzeln, ab 2016 seine Heimspiele austragen. Jahrzehnte hindurch war die Austria in den Auen des Pratergeländes zu Hause und man darf gespannt sein, wie die Anhänger diesen zweijährigen Umzug mitgehen und zu alter Wirkungsstätten zurückkehren werden. Der Rivale RAPID, an dessen Stadion derzeit am Standort Hütteldorf gebaut wird, musste mit dem Umzug vom 14. in den 2. Wiener Gemeindebezirk keine Zuschauereinbußen verbuchen. Und wenn man an über 120.000 fanatische violette Zuschauer – gezählt bei drei Champions-League-Spielen vom Herbst 2013 denkt – dann sollte doch zumindest ein überaus angemessener Bruchteil davon auch zu den Heimspielen ins Wiener – nach Ernst Happel benannte – Stadion ab dem Herbst 2016 pilgern. Die gezählten österreichweiten über 300.000 Austria Wien-Sympathisanten sollten künftighin dann um die 18.000 Zuschauer-Plätze in der frisch adaptierten Generali-Arena ab dem Herbst 2018 rittern.
Die Geschichte des FK Austria Wien, die bereits im Sommer 1894 ihren Ursprung genommen hatte, war oftmals ein ständiges Auf und Ab. Derzeit zeigt die Tendenz nach unten. Das Prinzip Hoffnung stirbt jedoch zuletzt und nach einem Tiefschlag geht es naturgemäß immer wieder bergauf. Dem bereits vor Jahren geborenen Slogan, dass nur Veilchen ewig blühen, getreu zum Motto wird man auch im violetten Favorten wieder ruhigern Zeiten entgegentreten. Die Kunst wird sein, am negativen Ist-Zustand die Lehren und die Kraft für die Zukunft zu ziehen, denn so wie derzeit, wird es gewiss nicht weitergehen …