Rückblende:
Am 31. Mai 1997 wohnten weit über 14.000 Zuschauer dem 74. und damals vorerst letzten Linzer Stadt-Derby zwischen dem FC Linz (Nachfolgeklub des SK VÖEST Linz) und dem Linzer ASK (kurz LASK) bei. Sieht man einmal vom schwarz-weißen Gästeblock ab, so war die altehrwürdige Linzer Gugl beim 3 : 0-Erfolg der „Blauen“ tief in Blau und Weiß gehüllt.
Die Geschichte ist bekannt. Linz „bündelte die Kräfte“, aus zwei kranken Fußballvereinen wurde ein – im Nachhinein betrachtet über Jahre hinweg – dahin siechender Fußballverein mit dem Namen „LASK Linz“ und während die einen, die treu und ergeben blau-weiß waren, vor den Trümmern ihrer Fan-Laufbahn standen, jubilierten und frohlockten die anderen, weil nun endlich der ungeliebte Rivale schlichtweg weg gebrochen war und sogleich in einem Aufwaschen auch verspeist wurde.
Neustart
Mit 1. August 1997 waren die Tränen getrocknet und mit dem FC Blau Weiß Linz ward der Nachfolgeklub der blau-weißen Linzer Fußballtradition gefunden. Gut 10 Prozent der letzten Zuschauerkulisse wohnten dem ersten Heimspiel des aus einem Zusammenschluss zwischen dem SV Austria Tabak Linz und dem FC Linz neu ins Leben gerufenen Vereines bei. Der Gegner hieß ASKÖ Donau Linz und man spielte nicht mehr in der 1., sondern eben in der 4. Liga am Tabakplatz, dem nunmehrigen Donauparkstadion, und die gut und gerne 1.500 Zuschauer sprengten am kleinen Areal alles bisher da gewesene.
Die Derby-Geschichte geht weiter
Es dauerte 5 Jahre, ehe der Nachfolgeverein mit dem „geliebten und ewigen Rivalen“ wieder die Klingen kreuzen konnte. Am 27. August 2002 traf man im Rahmen des ÖFB-Cups aufeinander. Wie sehr die Stahlstadt Linz nach wie vor ein guter Fußballboden war, bewies die Kulisse: 8.000 Zuschauer besuchten den Herausforderer aus der 3. Liga, der gegen den kränkelnden „Großklub“ aus der 2. Liga antrat. Während die einen in diesen 5 Jahren eine Etage höher kraxelten, grundelten die anderen in den Niederrungen der 2. Liga herum. Dass die Blau-Weißen wieder jubeln konnten, verstand sich fast von selbst. Nach einem 0 : 1-Rückstand schoss man den LASK mit 3 : 1 aus dem Cup und sogleich auch von der Linzer Gugl.
Und als man dann endlich am 18. Juli 2011 auch in der Meisterschaft in der 2. Bundesliga erstmals wieder auf den LASK traf, enterten 11.500 Besucher das Linzer Stadion, das damals aufgrund baulicher Maßnahmen nicht mehr Zuschauer vertrug und ausverkauft war!
Tradition
Es ist in Linz ein alter Hut! Wenn der LASK gut spielt und erfolgreich ist, dann rennen diesem Verein die Leute die Bude ein. Wenn ein Emporkömmling daherkommt – wie dereinst Sparta – die spätere SV Chemie Linz-Truppe -, oder eben der SK VÖEST, dann taten sich diese Vereine stets sehr schwer, die Massen zu mobilisieren, wenngleich es doch im Laufe der Geschichte oft schon auch gelungen war.
Wie alles begann
Mit dem Aufstieg der Werkssportler im Sommer 1969 ins Oberhaus erwuchs dem LASK ohnehin ein sehr ernstzunehmender Rivale um die Gunst des Linzer Publikums. Während die „Landstraßler“ – gemeint ist der LASK, der sponsor- und gönnermäßig stets die Linzer Wirtschaftsbetriebe und nicht nur die entlang der Linzer Landstraße hinter sich wusste – meist glaubten, aus diesem Zweikampf als Sieger hervorzugehen, hatte der umtriebige und immer um das Wohlwollen des eigenen Vereins bemühte Obmann des SK VÖEST Johann Rinner sehr bald schon eine glänzende Idee: Kinder und Jugendliche bis zum vollendeten 15. Lebensjahr bezahlten bei den Heimspielen der Werkssportler auf der Gugl keinen Schilling Eintritt. Zufrieden stand Rinner dann einmal anhand eines Linzer Stadt-Derby auf der Aschenbahn, im Gespräch mit seinem SK VÖEST-Kassier Wilhelm Altenstrasser: „Siehst, Willi, es sind weit mehr SK VÖEST-Fahnen am Stehplatz drüben zu sehen, als LASK-Fahnderln. Unsere Idee schlug also voll ein!“, so Hans Rinner – im übrigen weder verwandt noch verschwägert mit dem heutigen Vorstand der Österreichischen Fußball-Bundesliga.
Viel mehr VÖEST- als LASK-Fähnchen
Rinner´s Idee, dass mit den Kindern ohnehin auch die Eltern mitgehen würden, die dann den Eintritt einer Erwachsenenkarte bezahlen würden, griff und auch die Chefetage der VÖEST-Alpine war ob dieser Idee begeistert. Als sich dann zu diesem Umstand quasi im Doppelpass auch noch der sportliche Erfolg einstellte, wusste der SK VÖEST dann in Österreich oftmals die meisten Zuschauer hinter sich. Ein Umstand, der gerade in Wien die dortigen Vereine auf den Plan rief. Austria und vor allem RAPID warteten mit der glorreichen Idee auf, dass ab sofort bei allen Spielen die Einnahmen geteilt werden sollten.
Ein geschickter Schachzug, denn während Austria versus VÖEST im Wiener Stadion, am Horr-, Sportclub-Platz oder sonst wo selten mehr als 5.000 Zuschauer anzog, bekamen die Drehkreuze auf der Gugl schier einen „Drehwurm“, denn unter 10.000 Besucher waren selten da, wenn eben Austria und RAPID ihre Linzer Gastspiele gaben.
Eine Fusion auf wirtschaftlicher Ebene
Johann Rinner (Obmann des SK VÖEST), als auch Komm.-Rat Rudolf Trauner (LASK-Präsident) blieben jedoch hart. An diesen beiden Funktionären biss sich Austria´s Joschi Walter förmlich die Zähne aus. Zähneknirschend musste er zur Kenntnis nehmen, dass die Wiener Idee der Einnahmeteilung von Gastspielen in den Bundesländern ein frommer Wunsch bleiben würde.
Aus Cordoba „Schuss“ auf die Gugl
Mit der Verpflichtung des Wieners – der Cordoba-Legende – Willi Kreuz, der quasi vom Flughafen Wien-Schwechat nach der Rückkehr aus Argentinien direkt weiter nach Linz gelotst wurde, war es um die Linzer Gugl ohnehin geschehen. „Ausverkauft“ war nicht selten zu lesen und riesige Menschentrauben entlang der Stehplatz-Eingänge im Bereich der Peter Rosegger-Straße gehörten zum Bundesliga-Alltag in Linz beim SK VÖEST.
Irgendwann war Schluss
Mit der Stahlkrise Mitte der 1980er Jahre ging es auch sportlich mit den Werkssportlern bergab. Dieser Niedergang gipfelte im ersten Abstieg aus dem Oberhaus 1988, führte zu Namensänderungen 1991 und 1993, ehe im Mai 1997 die komplette Vereins-Auflösung verabschiedet wurde. Der Werkssportklub SK VÖEST Linz war zur traurigen Geschichte geworden.
Wenn eine Türe sich schließt, geht woanders eine auf
Die Vereins-Neuaufstellung im August 1997 in der 4. Liga bewirkte zwar, dass es mit dem blau-weißen Fußball in Linz weiterging, viel zu viele Jahre im Unterhaus führten allerdings auch dazu, dass der heutige Anhang sprichwörtlich mit seinem Team „in die Jahre gekommen ist“. Was beim FC Blau Weiß Linz komplett fehlt, sind zwei Fan-Generationen, die einfach nicht vorhanden sind. Warum? Weil es schlichtweg verabsäumt wurde, bei Zeiten schon danach zu trachten, dass man beispielsweise in Schulen geht, um dort den „Fan und Stadion-Pilger von morgen“ zu lukrieren.
Auf oepb-Anfrage bezog Christian Wascher vom Management des FC Blau Weiß Linz dazu wie folgt Stellung:
„Wir wissen sehr wohl um diese Problematik und arbeiten seit einiger Zeit sehr intensiv daran, hier verlorenes Terrain aufzuholen. Dass dieser Prozess jedoch auch dauern kann, das ist uns klar. Als einen dieser ersten Schritte nahmen wir bereits mit sämtlichen Fußball-Vereinen in unserem Bundesland Kontakt auf und luden diese zu unseren Heimspielen ein. Die jungen Burschen dieser Teams können als Ballbuben und / oder Einlaufkinder gerne zu uns kommen. Darüber hinaus spielen wir auch den Doppelpass mit der Landeshauptstadt Linz, die im Rahmen der sogenannten „Linz-Aktion“ auch eine Stadion-Führung als Höhepunkt des Linz-Besuchs von Schulklassen anbietet. Dort können die jungen Linz-Besucher dann die Gugl besuchen, dürfen überall hineinschauen und natürlich unserer Mannschaft auch beim Training zusehen. Dass es im Zuge dessen kleine Geschenke in Form von Mannschaftsbildern, Autogrammkarten, Schlüsselanhänger mit unserem Vereins-Logo, die Möglichkeiten von Fotos, Selfies und dergleichen gibt, versteht sich von selbst. Mit dieser Aktion sprechen wir zum Beispiel jährlich an die knapp 8.000 Schülerinnen und Schüler an. Wir gehen als Verein, als FC Blau Weiß Linz aber auch direkt an die diversen Schulen und halten dort Vorträge. Unsere Mitbringsel – zum Beispiel der Stundenplan einerseits garniert mit dem aktuellen Mannschaftsfoto auf der anderen Seite – erfreut sich großer Beliebtheit.
Es ist uns klar, dass wir hier noch sehr viel unternehmen müssen, um einigermaßen in Gleichklang zu kommen. Und wenn dann auch der sportliche Erfolg ausbleibt, wie eben zuletzt die ÖFB-Cup-Niederlage beim SV Wimpassing, dann ist das dem Ganzen natürlich nicht gerade förderlich gegenüberstehend. Dennoch sind wir frohen Mutes und guter Dinge, dass dieser eingeschlagene Weg ausbaufähig und auch richtig ist.“
Die Zuschauer-Misere in der Sky Go Erste Liga ist ohnehin auch ein österreichisches Phänomen. Einerseits ist die Beginnzeit mit Freitag, 18.30 Uhr, oder sogar 20.30 Uhr gerade für junge und noch jüngere Sportplatz-Besucher nicht gerade förderlich und andererseits sind – bei aller Wertschätzung für die Arbeit in den diversen Klubs – die jeweiligen Vereine ob ihrer nicht vorhandenen Attraktivität auch nicht gerade dazu angetan, einen Live-Stadion-Besuch zu forcieren. Dass das österreichische Unterhaus seit Jahrzehnten ein wahres Kümmerdasein hierzulande fristet, auch das ist hinlänglich bekannt.
Man kann demnach allen Beteiligten beim FC Blau Weiß Linz nur das Allerbeste wünschen, denn nichts ist so schwierig, wie Fußballplatz-Besucher zu bekommen und diese auch bei Laune zu halten. Das Freizeitverhalten im Allgemeinen und auch die Übertragungen im TV sind die steten Gegner jedwedes Unterfangens. Die Kunst ist – und wird es bleiben – eines Don Quijote gleich hier den ewigen Kampf mit den Windmühlen aufzunehmen. Der Versuch heiligt bekanntlich die Mittel.
„Glück auf!“
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