Mit dem Glück befasse ich mich seit meiner Kindheit. Das ist einer Figur aus den Micky-Maus-Heften zu verdanken: Gustav Gans. Gans verkörperte ein Paradox des Glücks: er hat immer Glück, er kann sich auf sein Glück stets verlassen. Das steht im Widerspruch zu dem, was wohl oder übel für Glück gehalten werden muss: Das unerwartet Zufällige, auf das man vielleicht in höchster Not hofft, wenn man glaubt, sonst nichts mehr tun zu können.
Dennoch hat das Glück des Gustav Gans eine andere Eigenschaft, die das Glück auszeichnet und zugleich verdächtig macht: Das Glück des Gustav Gans ist so unverdient, wie nur das Glück es sein kann. Gustav Gans hat sein Glück vor allem deshalb, um über eine Mitente zu triumphieren, die kein Glück hat, obwohl sie es sich manchmal verdienen würde: gegen Donald Duck, der Glück hauptsächlich davon kennt, dass er ihm vergeblich hinterherjagt.
Dass ich mich im Laufe der Jahre für Philosophie interessierte, hat mit dem Glück zu tun. Aufgrund des Schularbeitsthemas „Darf man andere Menschen zu ihrem Glück zwingen?“ bekam ich als Schüler eine erste Ahnung davon, was Argumentieren heißen könnte, nämlich sich in einem Dilemma zurechtzufinden. Man sollte, wenn man es denn besser weiß, andere nicht in ihr Unglück laufen lassen. Ebenso wenig ist aber das erzwungene Glück ein Glück. Was tun?
Wird der Mensch erwachsen, was man daran sieht, dass er Steuern zahlt und dass seine Lebenszeit verrinnt, kann er im Rückblick erkennen, ob er Glück hatte. In der Vorausschau kann er sich ausrechnen, wieviel Glück er noch unbedingt haben muss, um gut durchzukommen. Die Glücksfrage stelle ich als Erwachsener unter ein doppeltes Motto.
Das erste Motto stammt aus einem antiken Text, aus der Nikomachischen Ethik von Aristoteles: „Da aber die Dinge durch Zufall geschehen, Dinge, die sich an Größe und Kleinheit unterscheiden, werden geringe Glücks- ebenso wie Unglücksfälle das Leben eines Menschen nicht beeinflussen, während große und häufige Glücksfälle das Leben glückseliger machen werden … , die entsprechenden Unglücksfälle hingegen das glückselige Leben zerdrücken und trüben. Denn sie bringen Unlust mit sich und behindern viele Tätigkeiten.“
Das ist Philosophie, wie sie sich von selbst versteht, also ein Gemeinplatz. Das zweite Motto feiert die Glücksfrage ebenso eindringlich. Es stammt aus „Scrubs. Die Anfänger“, einer Ärzteserie aus dem Fernsehen, und es lautet: „Am Ende zählt nur, ob man nachts schlafen kann.“, so der Autor Franz Schuh.
oepb-Rezension:
Die Glücksgöttin der römischen Mythologie hat den Namen für den Titel dieser Hör-CD gegeben: „Fortuna. Aus dem Magazin des Glücks“. Über das Glück in seinen verschiedensten Erscheinungsformen macht sich der österreichische Philosoph, Journalist und Autor Franz Schuh so seine eigenen Gedanken. Wie seine fünfminütige Ö1-Radiokolumne „Magazin des Glücks“ auch, so der Untertitel seines Buches, und der dazu passenden Hör-CD, in dem der Autor seine Reflexionen fortführt.
„Die Versuche das Glück zu definieren sind insofern sinnlos, weil das, was das Glück ist, pluralistisch ist. Das heißt für jeden etwas anderes. Erst dadurch hat das Glück überhaupt einen Sinn.“, sagt Franz Schuh, der dabei über Krankheit, Leidenskraft und Lebenswille, über Glaube, Liebe und Hoffnung, über Weisheit, Maßlosigkeit und Völlerei nachdenkt. Aphoristisch zugespitzt und mit analytisch scharfem Blick perfektioniert er einmal mehr die schöne Kunst der Assoziation – von Oliver Hardy und Udo Jürgens wechselt er mühelos über zu Georg Wilhelm Friedrich Hegel, Immanuel Kant und Sigmund Freud.
Wer Franz Schuh bei seinen ausgesprochenen Gedanken, intellektuellen Streifzügen und Schlussfolgerungen zuhört, der sollte akustisch ganz bei der Sache sein. Unaufmerksamkeit ist nicht gestattet, einfach darum, weil dadurch zu viel sehr wertvoll Gesagtes verloren ginge.
Und wenn man jemandem das Wort Philosophie erklären müsste, würde folgendes stehen: Streben nach Erkenntnis über den Sinn des Lebens, das Wesen der Welt und die Stellung des Menschen in der Welt; oder aber die persönliche Art und Weise, das Leben und die Dinge zu betrachten.
Dr. phil. Franz Schuh – geboren am 15. März 1947 in Wien – schafft es immer wieder, seine Bewunderer zu fesseln. Die angenehme Stimme, die beinahe schallwellentechnisch regungslos durch die Höhe und Tiefen der Menschlichkeit führt, sein sonores Organ, das uns angenehm durchdringend an seinen Lebens-Philosophien teilhaben lässt, sind es, die ihn zu einem absoluten „Dem muss man unbedingt zuhören“-Protagonisten machen.
Denn – „Wird der Mensch erwachsen, was man daran sieht, dass er Steuern zahlt und dass seine Lebenszeit verrinnt, kann er im Rückblick erkennen, ob er Glück hatte. In der Vorausschau kann er sich ausrechnen, wieviel Glück er noch unbedingt haben muss, um gut durchzukommen.“ – so Franz Schuh. Nun, dem ist nichts mehr hinzuzufügen.
Ebenso ist das Buch von Franz Schuh „Fortuna“ 2017 bei Zsolnay erschienen
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