Lachen und Sterben – so heißt das neue Buch von Franz Schuh. „Der Titel habe mit dem Coronavirus gar nichts zu tun …“, beteuert der Autor, „… und es ist sogar wahr, dass mir der Virus gar nicht ins Konzept passt.“ Wahr ist auch, dass Schuh (geb. am 15. März 1947) heuer seinen Geburtstag beinahe nicht erlebt hätte. Als er im vergangenen Jahr ins Spital (nicht mit Covid-19) eingeliefert wurde, habe der diensthabende Arzt ihm wenig Überlebenschancen gegeben, so Schuh.
„Der Tod im Haus / lässt gar nichts aus. / Auf Stiege zwei / bricht er mein Herz entzwei.“ So beginnt sein Gedicht „Der Tod im Haus“, von dessen Ablehnung durch einen Literatur-Redakteur Schuh berichtet, weil es „unvermittelt, also ohne die künstlerisch gebotene Indirektheit“, auf das Coronavirus anspiele. „Das Virus gab es aber gar nicht, als ich das Gedicht schrieb“, und eigentlich geht es mindestens genauso um den Tod, den ein Haus erlitten hat, nämlich das unvermittelt abgerissene Nachbarhaus.
In den Texten, von denen manche bereits anderswo abgedruckt waren, befasst sich Franz Schuh unter anderem mit Heinz Conrads und Harald Schmidt, Helmut Qualtinger und Georg Kreisler, Karl Kraus und Elias Canetti, Georg Ringsgwandl und Lukas Resetarits. „Ich wollte mir einen anschaulichen Begriff über das Lachen bilden – eine nicht abzuschließende Aufgabe.“, schreibt Schuh. Andererseits sei Lachen und Sterben eine „Hommage an das Jahr 2020. Ich höre dort auf, wo ich 2020 angefangen habe.“
Über den Autor
Franz Schuh, geboren 1947 in Wien, studierte Philosophie, Geschichte und Germanistik. Er ist Lehrbeauftragter an der Universität für Angewandte Kunst in Wien und Kolumnist für Zeitschriften und Rundfunkstationen. 2006 erhielt er unter anderem den Preis der Leipziger Buchmesse und 2011 den Österreichischen Kunstpreis. Bei Zsolnay erschienen zuletzt Sämtliche Leidenschaften (2014), Fortuna. Aus dem Magazin des Glücks (2017) und zuletzt Lachen und Sterben (2021).
Alle Bücher von Franz Schuh:
oepb-Rezension
Der Tod, das muss ein Wiener sein so ein abgenutzter Kalauer, dem man eine gewisse Triftigkeit nicht absprechen kann. Franz Schuh zum Beispiel, ein Wiener durch und durch. Der Schriftsteller, das zeigt die Lektüre seines Buchs, ist ein Stilist von ehrfurchtgebietender Originalität.
„Lachen und Sterben“, Essays zu den unterschiedlichsten Themen versammelt dieses Buch von Franz Schuh. Er philosophiert über das Laster der Eitelkeit und die Ingredienzen des Wiener Schmähs, über die Hinfälligkeit des menschlichen Körpers und die Vergänglichkeit alles Irdischen, über den Begriff der „Einsamkeitsfähigkeit“ bei Odo Marquard und die Dramaturgie der „NDR-Talkshow“.
Daneben streut er Reminiszenzen an seine Zeit als Grundwehrdiener in der Rainer-Kaserne in Salzburg-Elsbethen ein und verneigt sich vor Harald Schmidt, dem er das rare Talent attestiert, den Zeitgeist zugleich zu affirmieren und lächerlich zu machen. In anderen Texten liefert Schuh wiederum brillante Porträts von Georg Ringsgwandl und Hape Kerkeling ab; er philosophiert aber auch über die Kunst der Polemik, die er bei Elias Canetti ebenso könnerhaft ausgeübt findet wie bei Anton Kuh. Ein Klasse für sich ist auf diesem Terrain natürlich Karl Kraus: „Für mich (und weiß Gott für viele nicht) ist Karl Kraus der größte Österreicher, weil er eines gezeigt hat, dass man nämlich, ob nun im Habsburgerreich oder in der Republik, ‚die Wahrheit‘ im emphatischen Sinn über alles, was Österreich betrifft, nur polemisch sagen kann. Die Tradition der Polemik, die im 20. und im 21. Jahrhundert mit den Namen Thomas Bernhard und Elfriede Jelinek verbunden ist, erkläre ich mir daraus, dass in einem Klima der Wahrheitsunfreundlichkeit der Versuch, den verbreiteten Lügen nicht nachzugeben, nur polemisch, also kriegerisch ausfallen kann.“ Das ist Franz Schuh. Ein Ironiker und ein scharfsichtiger Beobachter.
Über die verseuchte Massenkommunikation unserer Tage, die er etwa am Wiener Ballhausplatz am Werk sieht, schreibt er: „Die am Horizont erscheinende illiberale Demokratie hat in der beinahe liberalen Demokratie ein würdiges Vorbild: Sprachfetzen wurden von sogenannten Spindoktoren prominenten Sprechern ins Maul geschoben, sodass sie immer nur geknebelt sprachen, was nicht so schlimm war, weil sie eh nur eine Botschaft hatten: Kauft mich, der andere ist nichts wert!“
Nun, neugierig geworden?
Sollten Sie schon, denn in einer Zeit, wo das unausgesprochene ausgesprochen wird, in souveräner Stilbrillanz schwebt der Philosophen-Schriftsteller von einem Gedanken zum nächsten – in stilistischen Blüten, wie kaum ein Zweiter.
LACHEN UND STERBEN von Franz Schuh
336 Seiten, gebunden, erschienen bei ZSOLNAY
www.hanser-literaturverlage.de
Zum Preis von: € 26,80 (Österreich), € 26,00 (Deutschland)
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