Friedrich Torberg
Friedrich Torberg

Als ,Weltbürger ohne Heimat´ bezeichnete sich Friedrich Torberg (1908-1979) gerne selber. Am 16. September wäre der Autor der ,Tante Jolesch´, ,Auf den Tod eines Fußballspielers´ und zahlreicher anderer österreichischer Klassiker 100 Jahre alt geworden. Neben Briefen, Gedichten wie ,Sehnsucht nach Altaussee´ und Sonetten wie ,Wurschtelprater am Nachmittag´ oder ,Blick vom Cobenzl´, die im kalifornischen Exil entstanden, Parodien und ,Der Schüler Gerber´ – 1930 Torbergs Roman-Erstling, all das stammte aus der Feder des begnadeten Schriftstellers, der schon sehr bald seine Leidenschaft zum Schreiben entdeckt hatte. Er war ein literarisches Multitalent leidenschaftlich, scharfsinnig und immer auch (selbst-)kritisch. Er war aber auch ein grandioser Theater- und Literaturkritiker und arbeitete als Parodist und Übersetzer, vor allem der Satiren Ephraim Kishons. Torbergs Nachlassverwalter David Axmann schildert kenntnisreich das Leben und Wirken des einflussreichen Literaten, der, wie er selbst einmal bekannte, immer zuviel auf einmal machte, und da ihm nichts davon überzeugend misslang, bis an sein Lebensende nicht damit aufhörte.

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,Davon hat ihm seinerzeit Milan Dubrovic so viele erzählt, dass der fast keine mehr für sein eigenes Buch ,Veruntreute Geschichte´ übrig hatte“, erzählte Miguel Herz-Kestranek, der Friedrich Torberg nur einmal flüchtig begegnete. ,Aber da ich selbst ein Genuss-Polemiker bin, fühle ich mich ihm insofern verwandt, als ich im Torberg¹schen Ton aufgewachsen bin und ich mit dieser leichten Ironie teilweise heute noch spreche, aber dieser Ton von den meisten Menschen heute nicht mehr verstanden wird.´ Friedrich Torberg sagte beispielsweise: ,Ich weiß, dass ich der letzte Deutsch schreibende jüdische Schriftsteller bin.´

 Er sah sich nicht im Zwiespalt, sondern im ,Fünfspalt´: Die Romanciers hielten ihn für einen Lyriker, die Lyriker für einen Feuilletonisten, die Feuilletonisten für einen Kritiker, die Kritiker für einen Essayisten …
Das Schicksal des Vielseitigen, der sich zwischen alle Stühle setzte. Ohne den aber Peter Hammerschlag und Fritz von Herzmanovsky-Orlando heute unbekannt wären. Er übersetzte Kishon. Nur sein wichtigstes Anliegen, sein eigener Roman ,Süßkind von Trimberg´, wurde letztlich kein Erfolg.

,Torberg war, und das ist zugleich sein Schicksal, unter den vielseitigen österreichischen Schriftstellern seiner Zeit vielleicht einer der begabtesten.´, sagt der Biograf David Axmann, ,sicher aber unter allen begabten der vielseitigste.´ Und ,Die Tante Jolesch oder Der Untergang des Abendlandes in Anekdoten.´ Das 1975 erschienene Buch ,ist unglaublich gut geschrieben.´, sagt Miguel Herz-Kestranek. ,Und es ist mehr als eine Anekdoten-Sammlung. Fast ein Buch jüdischer Weisheiten. Der Abgesang an eine Zeit, die fast unverständlich geworden ist.´ Oder wie Friedrich Torberg selber schrieb: ,Vielleicht hätte ich ein Buch der Trauer schreiben sollen, aber die möchte ich doch lieber mit mir allein abmachen.
Wehmut kann lächeln, Trauer kann es nicht. Und Lächeln ist das Erbteil meines Stammes.´

Am 16. Oktober 1979 … wird der ,Große Österreichisches Staatspreis für Literatur´ an Friedrich Torberg (rechts) verliehen. Bundeskanzler Dr. Bruno Kreisky gratuliert herzlichst. Foto: www.wien.gv.at
Am 16. Oktober 1979 wird der ,Große Österreichisches Staatspreis für Literatur´ an Friedrich Torberg (rechts) verliehen. Bundeskanzler Dr. Bruno Kreisky gratuliert herzlichst. Foto: www.wien.gv.at

Friedrich Torberg unterhielt auch eine platonische Liebe zum ,Blauen Engel´.
Die große Marlene Dietrich hatte es ihm angetan und er ihr offensichtlich auch. Immer, wenn sie Liebeskummer hatte, wandte sie sich vertrauensvoll an ihren guten alten Wiener Freund, der in seitenlangen Briefen Tips, Trost und Rat spendete. Friedrich Torberg schrieb überhaupt sehr gerne. Sehr viel seiner Zeit widmete er der Korrespondenz. Sein großes Laster aber war das Rauchen. Viel zu viele der kleinen Sargnägel sog er bei seinen nächtlichen Arbeiten in sich auf, die ihm dann auch das Leben kosten sollten. Ein chirurgischer Eingriff von künstlichen Venen im rechten Bein schlug fehl, Friedrich Torberg verstarb am 10. November 1979 im Wiener Wilhelminenspital.

Am 19. November 1979 erfolgte die Beisetzung am Wiener Zentralfriedhof, Jüdischer Teil. Neben ihm fand Arthur Schnitzler seine letzte Ruhestätte.
Bundeskanzler Dr. Bruno Kreisky, ein Freund Torbergs sprach: ,Er war verwurzelt in der Welt von gestern, aber er hat ein großes Stück hinübergerettet in die Welt von heute und er hat für uns ein Erbe verwaltet, das nicht vertan werden sollte.´

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