Wien in den späten 1940er, frühen 1950er Jahren: Die Republik Österreich als auch die Bundeshauptstadt leckten nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs die allerorts klaffenden Wunden. Vieles war zerstört und musste mühsam und von Hand wieder aufgebaut werden. Als sogenannte „Trümmerjahre“ sollte jene einschneidende Epoche Aufnahme in die heutigen Geschichtsbücher finden. Die heranreifende Jugend begehrte auf, suchte ihren Weg und wollte mit ihren Ausdrucksformen ein neues Lebensgefühl erhaschen. Der Jazz schien als Musikrichtung in Mitteleuropa geradezu wie geschaffen dafür zu sein und stand sogleich für ein neues, freies und ungezwungenes Leben und Wirken. Und er war einer davon, der von Anbeginn an dabei war, Hans Salomon.

Geboren und erstmals verliebt in Wien

Hans Salomon kam am 10. September 1933 in Wien zur Welt. Die Familie lebte in der Schumanngasse 106 in Hernals. Der kleine Hans, der die beginnende NS-Herrschaft und die Volksschulzeit im XVII. Hieb verbrachte, wurde als heranreifender Teenager in den Reichsgau Sudentenland abgeschoben, damit die Frau Mama „Entlastung von den Kindern“ fand und sich so vermehrt als uneingeschränkte Arbeitskraft im Kriegsdienst beweisen konnte. So schrieb es die braune Diktatur vor. Kurz vor Kriegsende kehrte Hans nach Wien zurück und fand sein Haus, in dem die Wohnung der Mutter lag, nach einem Bombentreffer „bequem einsehbar“ vor, so, als hätte eine überdimensionale Säge das Wohnhaus in der Mitte entzweit. Die Mutter war bei der Arbeit und kam nun obdachlos mit dem Schrecken davon. Hans, froh darüber, die Mutter nicht verloren zu haben und wieder in Wien zu sein, verliebte sich unsterblich in die Lisl, die ein bisserl älter war als er. Zwei Jahre lang ging diese erste und intensive Beziehung gut, bis das junge Mädchen in England eine Anstellung als Haushaltshilfe fand und auch annahm. Hans blieb vom Liebeskummer geknickt in Wien zurück und fand für sich Trost in der Musik.

Über die Klarinette zu Saxophon und Ruhm

Trompete, Posaune, Schlagzeug, Gitarre oder Klavier? All das war nichts für Hans Salomon. Er entschied sich für das Saxophon. Der Klang dieses Instruments fesselte ihn von Anbeginn, das war genau das, was er spielen konnte und wollte. Bloß, um Saxophon zu erlernen, musste er zuerst Klarinette spielen können, das war die Vorgabe. Benny Goodman war hier sein Vorbild, so ein Virtuose wollte er werden. Der Klang der Klarinette war für Salomon zwar schrill und bei weitem nicht so wohlig-warm wie jener des Saxophons, aber wenn der Weg zum Saxophon eben über die Klarinette führen soll, na dann bitteschön.

Franz Georg Pressler

Nie gehört? Pressler, besser bekannt als Fatty George nahm den um sechs Jahre jüngeren Hans Salomon unter seine Fittiche und in der Band des Swing-Jazzers begann so die spätere Weltkarriere des Hans Salomon aus Wien-Hernals.

Saxofonist mit Ella Fitzgerald und Ray Charles

1954 gründete Hans Salomon gemeinsam mit Joe Zawinul und drei weiteren Kollegen die „Austrian All Stars“ und nur vier Jahre später erfolgten seine ersten großen internationalen Auftritte, als er beim Newport Festival in den USA und in der Folge bei der Brüsseler Weltausstellung aufspielen konnte. Dort begann für ihn eine Liaison mit Sarah Vaughan, der im Laufe seines Lebens unzählige weitere Liebschaften, sowie fünf Ehen folgen sollten. Der musikalische Erfolg des Saxofonisten im Ausland zeigte sich in seiner Zusammenarbeit mit prominenten Jazzmusikern wie Ella Fitzgerald, Art Farmer oder Ray Charles. In Österreich war Salomon längst zu einem Fixstern im heimischen Jazzgeschehen aufgestiegen, dessen musikalisches Repertoire überaus breit gefächert war. Er unterstützte Unterhaltungsmusikstars wie Peter Alexander und Udo Jürgens, war aber auch als Komponist immer wieder sehr aktiv. Aus seiner Feder entstammte beispielsweise „Wia a Glock’n“, gesungen von Marianne Mendt. Prägend war auch seine Zeit in New York, wo für ihn das Birdland als magischer Anziehungspunkt fungierte: „Ich war so begeistert, dass ich am nächsten Tag zur Probe mein Saxofon gar nicht mehr auspacken wollte.“, so Hans Salomon. Die schiere Überwältigung nach dem ersten Besuch im Jahre 1958 hielt zum Glück nicht lange an, weshalb er später dann auch mit Kapazundern wie Gerry Mulligan oder Louis Armstrong zusammentraf. Die Freundschaft zu Armstrong ging sogar so weit, dass ihn dieser in seinem Haus in New York City immer wieder leidenschaftlich bewirtete.

Unzählige CD-Produktionen

Vielen Österreichern täglich präsent im Gehör war Hans Salomons Komposition „Michoui“ in Form der darauf zurückgehenden Radiosignation von Ö3, die in den 1970er- und 1980er-Jahren eingesetzt wurde. Daneben spielte der Musiker in zahlreichen Bands wie beispielsweise der ORF Big Band, dem Orchester der Vereinigte Bühnen Wien oder der Vienna Big Band Machine. Als Mitinhaber des Jazzlabels Jive Music verantwortete Salomon Hunderte CD-Produktionen und wirkte als einer der wichtigsten österreichischen Arrangeure, beispielsweise für Toots Thielemans oder Toni Stricker. Seit den 1960ern war der Saxophonist auch selbst auf zahlreichen Aufnahmen zu hören, beispielsweise auf seinen zwei „Romantic Jazz“-Alben aus den Jahren 2000 und 2001.

Autobiografie über Jazz und Frauen

In Anerkennung sein umfangreiches musikalisches Schaffen betreffend wurde Hans Salomon im Jahre 2004 das Österreichische Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst verliehen, 2014 folgte das Goldenen Verdienstzeichen des Landes Wien. In seiner bescheidenen Dankesrede meinte Salomon kurz und prägnant: „Ich weiß aber gar nicht, wie ich dazu komme. Ein Jazzmusiker ist ein Jazzmusiker.“ Sein Leben hat Salomon bereits 2013 in der Autobiographie Jazz, Frauen, und wieder Jazz Revue passieren lassen. Die von Musikerkollege Horst Hausleitner verfasste Lebensgeschichte dokumentiert den künstlerischen Werdegang, ist aber auch eine private Bilanz über Salomons Leben mit seinen Ehen und den zahlreichen weiteren Beziehungen. An Anekdoten fehlte es in diesem ereignisreichen Leben in jedem Falle nicht. Für sein Lebenswerk wurde Hans Salomon 2017 mit dem Lifetime Achievement Award im Rahmen der Zawinul Foundation „Z“ Awards im Porgy & Bess geehrt

Todestag

Am 24. September 2020 verstarb Hans Salomon 14 Tage nach seinem 87. Geburtstag in Wien. Der bekannte und beliebte Wiener Jazz-Musiker galt als eine der prägendsten Figuren der heimischen Jazz-Szene und wird anhand seiner unvergleichlichen Saxophon-Klänge unvergessen bleiben.

Quelle: Redaktion www.oepb.at

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