Am 21. Dezember 2023 wäre Heinz Conrads 110 Jahre alt geworden. Vor 37 Jahren, am Mittwoch, 9. April 1986, verstarb er völlig überraschend an einem Herzinfarkt nur knapp 73jährig in Wien.
Was aber blieb in Erinnerung an den vielseitigen Künstler, Kabarettisten, Schauspieler, Komiker, Conferencier und Interpreten von Wiener Liedern, der seine riesengroße Fangemeinde viel zu früh verlassen hat?
Im sehr raschen und zuweilen auch kurzlebigen Medien-Alltag unserer Zeit, ist das Bild von Heinz Conrads heute bereits verschwommen. Selbstverständlich ist er vielen Menschen hierzulande noch in lebhafter Erinnerung geblieben – aus zahlreichen Filmen, Aufzeichnungen aus dem legendären Kabarett Simpl und seine so unnachahmliche Interpretation von Wiener- und Heurigenliedern – aber auch seine Lesungen mit Mundartgedichten sind dokumentiert.
Autor Marco Schenz versuchte beispielsweise in seinem Buch Heinz Conrads / „Guten Abend die Madln, Servas die Buam“ / Erinnerungen an einen Volksliebling, 1987, Amalthea Verlag Wien, Bestell-Nr. 020149 das Phänomen Heinz Conrads aufzuspüren …
Das Werden eines Volkslieblings
Als Heinz Hansal kam er am 21. Dezember 1913 in Wien zur Welt. Als er 9 Jahre alt war, heirateten seine Eltern. Erst von da an lautete sein Name Conrads. Er litt unter seinem strengen und unduldsamen Vater, sodass er bei seiner Großmutter aufwuchs. Die Kindheit und Jugendjahre verbrachte er in ärmlichen Verhältnissen. Heinz Conrads erlernte, so wie auch sein Vater, den Beruf eines Modelltischlers und legte 1931 die Gesellenprüfung ab. Dieser Beruf sollte ihn aber nie ausfüllen, oder gar ernähren. Aufgrund der schlechten wirtschaftlichen Lage der 1930er Jahre entschied er sich, als Freiwilliger zum Österreichischen Bundesheer zu gehen. Im Zweiten Weltkrieg (1939-45) nahm er am Polenfeldzug teil, erkrankte jedoch schwer und wurde nach Wien versetzt. Von frühester Jugend an liebte er das Theater und die Musik und zeigte sein großes musikalisches und komödiantisches Talent in vielen Auftritten bei Laiengruppen und Theatervereinen. Zurück in Wien kam seine schauspielerische Begabung dann vollends zum Tragen, er organisierte unter dem Titel „Belustigende Neuigkeiten aus der Kompanie“ bunte Abende für die Kameraden und war Parodist und Conferencier bei zahlreichen Festen und Veranstaltungen.
Stets an seiner Seite am Klavier war Heinz Sandauer, der ihn nach dem Krieg zum Österreichischen Rundfunk holen sollte. Heinz Conrads nahm Schauspielunterricht, legte die Eignungsprüfung 1942 mit „Sehr gut“ ab und wurde noch im gleichen Jahr ans Wiener Stadttheater engagiert. Nach dem Krieg wurde er zum beliebten Chansonnier und Kabarettisten bei Modeschauen, lustigen Abenden, sowie vielen ähnlichen Veranstaltungen.
Im Februar 1946 begann er mit der Sonntags-Rundfunksendung-Matinee „Was machen wir am Sonntag, wenn es schön ist?“ und blieb somit dem Radio von nun an 40 lange Jahre treu ergeben. Heinz Conrads gestaltete und interpretierte diese Unterhaltungssendung live, einzig und allein der Sendungstitel „Was gibt es Neues hier in Wien?“ bis zum verkürzten „Was gibt es Neues?“ änderte sich im Laufe der Jahre. Seine Sendung – den Ausdruck Show gebrauchte man damals noch nicht, wenngleich es sich dabei wohl um eine One-Man-Show gehandelt hatte – war die am längsten ausgestrahlte der Welt, da sie von 1946 bis 1978 über den Äther kam.
In einem ORF-Interview zu seinem 70. Geburtstag wusste er dazu folgendes zu berichten: „Ich betrat jeden Sonntag um 7 Uhr das Radio-Funkhaus in der Argentinierstraße. Bis zum Sende-Termin um 8.15 Uhr hatte ich ein wenig Zeit, um mich für meine durchschnittlich 1,2 Millionen Zuhörer – und natürlich auch jene im großen Sendesaal des Wiener Funkhauses – vorzubereiten. Das meiste von mir kam allerdings spontan und aus dem Stegreif, das, was in der Welt geschah, darüber musste ich mich im Vorfeld informieren. Außerdem war mein Begrüßungstext ehrlich und aufrichtig und wurde nie zur Routine.“ Für die nun folgenden 45 Minuten schien die Welt für die Zuhörer in Ordnung zu sein. Conrads mied in seinen Themen die Politik, plauderte fröhlich und heiter darauf los und viele sahen ihn ihm einen Volksanwalt.
Als Mitte der 1950er Jahre das Fernsehen in den österreichischen Wohnzimmern mehr und mehr Einzug hielt, startete auch für Heinz Conrads eine einmalige TV-Karriere. 1957 wurde erstmals die Sendung „Was sieht man Neues?“, später unter dem Titel „Guten Abend am Samstag“, allwöchentlich um 18.30 Uhr ausgestrahlt. Heinz Conrads war somit geladener und gebetener Gast in unzähligen österreichischen Haushalten. Er erschien zuverlässiger, treuer und präsenter, als so manches andere eigene Familienmitglied. Seine zu Lebzeiten schon legendär gewordenen Begrüßungsworte: „Guten Abend die Damen, guten Abend die Herren, guten Abend die Madl, Servas die Buam!“ avancierten zu seinem Markenzeichen, das selbst in jene Generation, die ihn kaum mehr erlebt hatte, hineingetragen wurde. Er schaffte es immer wieder, sich direkt in seine Zuhörer und Zuseher hineinzuversetzen, er fand die passende Worte der Anteilnahme und spendete Trost, wenn dieser verlangt wurde. Dies war seine Kunst. Für zahlreiche kranke oder einsame Menschen war die Heinz Conrads-Sendung der wichtigste und glücklichste Moment einer ganzen Woche.
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Es gelang ihm mit seiner etwas spitzbübischen, aber doch auch einfühlsamen Art, die Leute aufzurichten und dafür zu sorgen, dass diese ihr Schicksal, und wenn es nur für den Augenblick war, vergessen konnten. Dies machte ihn zu einem wahren Volksliebling, wie es diesen in dieser Form kein zweites Mal mehr geben sollte.
Mit seiner Sendung betrat er aber auch Neuland, kannte man doch damals die Art und Weise einer Moderatorenrolle, wie sie heute gang und gäbe ist, noch nicht. Heinz Conrads führte locker und ungezwungen plaudernd durchs Programm, hatte stets Neuigkeiten parat und brachte auch die Werke und Schicksale längst vergessener Textdichter und Komponisten auf interessante Weise seinem großen Publikum nahe. Er förderte aber auch Mundartdichtertalente wie Trude Marzik oder Georg Strandt. Wenn der ehemalige Polizeipräsident von Wien, Josef „Joschi“ Holaubek, der selbst auch ein besonders bekannter und beliebter Mann des öffentlichen Lebens in Österreich war, über Heinz Conrads meinte: „Ich habe selten eine Persönlichkeit erlebt, die mit solcher Regelmäßigkeit solche Erfolge erzielt hat. Er ist ein bisserl ein Zauberer.“, so beschreibt er doch sehr treffend das Phänomen Heinz Conrads.
Neben seinen zahlreichen Radio- und Fernsehauftritten spielte er aber auch von 1945 bis 1948 und nach einer kurzen Unterbrechung bis 1955 bei Karl Farkas im Kabarett Simpl, stieg als „Der brave Soldat Schwejk“ im Theater in der Josefstadt zum Volksschauspieler empor, trat 1952 bei den Salzburger Festspielen als „Dünner Vetter“ auf und wirkte in 30 Spielfilmen mit. Seine Kritiker waren zweigeteilt. Friedrich Torberg nannte ihn „den besten Liliom von Wien“, hingegen Hans Weigel vernichtete ihn mehrmals. Dieser Umstand warf Heinz Conrads dermaßen aus dem Konzept, dass er nie wieder Theater spielen wollte. Seine Witwe Erika erinnerte sich: „Er hatte solche Angst, dass die Verrisse seine berufliche Existenz im Rundfunk und im Fernsehen gefährden könnten.“ Nun, dem war bekanntlich nicht so, ganz im Gegenteil – als der ORF-Generalintendant Gerd Bacher einmal kurz und laut darüber nachdachte, die Conrads-Sendung einzuschränken, förderte dies einen mittleren Volksaufstand zu Tage. Heinz Conrads galt über Jahrzehnte als Publikumsliebling für Wien und ganz Österreich.
In den frühen 1970er Jahren debütierte er auch als „Frosch“ in der Fledermaus-Silvestervorstellung an der Wiener Staatsoper, ab 1973 verkörperte er diese Rolle immer wieder in der Wiener Volksoper.
Ans Herz gewachsen ist Heinz Conrads seinem Publikum natürlich vor allem durch sein langjähriges und ehrliches Wirken. Seine Lieder, die er bot, waren stets gerne gehört und die Hits einer ganzen damaligen Generation. „A Schneeflockerl und a Ruaßflankerl“, „Der alte Herr Kanzleirat“, „Der Schuster Pockerl“, „Wie der Radetzky noch ein G´freiter war“, oder aber seine Paraderolle „Der Wurschtl“ wurden oft gefordert, sowie auch das von Heinz Conrads selbst verfasste Musikstück „Als meine Tochter Klavier spielen lernte“. Diese Lieder waren damals, so wie heute, untrennbar mit seinem Namen verbunden und erinnern an den großen Künstler. Als er am Mittwoch, 9. April 1986 für immer seine Augen schloss, trauerte ganz Österreich, ja, man hatte seinen Volkstribun verloren. Mit seinem Ableben ging ein Stück österreichischer Radio- und Fernseh-Geschichte zu Ende. In seinen Liedern und Interpretationen wird er aber stets unvergessen bleiben.
Eingangs erwähnter Buch-Autor Marco Schenz schrieb: „Triumph und Tragik bestimmten sein Leben. Geehrt, geliebt, bewundert, blieb Heinz Conrads der leicht verletzbare Mensch, der seines Lebens nie ganz froh werden konnte …“.
Heinz Conrads wurde auf dem Friedhof in Wien-Hietzing in einem Ehrengrab der Gemeinde Wien bestattet. 2004 wurde er in die Liste der 50 wichtigsten Österreicher der letzten 50 Jahre bei einer Leserumfrage der Tageszeitung KURIER gewählt. Und die Gemeinde Wien hat in der Nähe seines langjährigen Zuhauses im 14. Gemeindebezirk, Conrads war Ehrenmitglied beim SK RAPID Wien, in Hütteldorf einen Park nach ihm benannt.
Quelle: Redaktion www.oepb.at