Anläßlich seines 50. Geburtstages präsentierte Herbert ,Schneckerl´ Prohaska ein Buch mit dem Titel ,Mein Leben´. Die beiden Autoren Toni Huemer aus Vöcklabruck und Tom Hofer aus Bad Aussee leisteten ganze Arbeit, um das wahrlich abwechslungsreiche Leben eines Knaben aus einfachen Verhältnissen einer finsteren Ecke in einem Wiener Arbeiterbezirk hinauf auf den österreichischen Fußball-Olymp zu beleuchten. Und – es gelang ihnen zweifellos.
Das Buch läßt sich locker und flüssig lesen und man fühlt sich förmlich hineinversetzt in jene Tage, Monate und Jahre, die Herbert Prohaska bis dato er- und verleben durfte, man darf daran teilhaben und sich mitfreuen, aber auch mitfiebern. Umsomehr, wenn einem aufgrund der Gunst eines gewissen Alters viel von Herbert Prohaska und seinen ,Taten´ vor dem geistigen Auge der Erinnerung noch äußerst lebhaft sind und man diese Zeit nochmals Revue passieren lassen darf.
Begonnen hat demnach alles in der Hasenleitengasse in Wien-Simmering. Der kleine Sproß, der schon frühzeitig ob seiner wuscheligen Haarpracht auffiel, jagte alsbald dem runden Leder hinterher. Sein Vater war sein erster Trainer, der mit ihm nach der Arbeit und noch vor dem Abendessen auf der Wiese kickte. Alfred Prohaska war glühender Anhänger der VIENNA und so pilgerte der Berti, wie ihn damals alle riefen, emsig mit dem Papa auf die Hohe Warte. Dort, in der größten Naturarena der Welt, wollte er auch einmal stehen, dachte er bei sich – und siehe da, es sollte alles so kommen. Über Vorwärts XI, seinem ersten Verein, dem er mit 9 Jahren beitrat, kam Klein-Berti dann ein Jahr später zu Ostbahn XI. Dort dauerte es nicht allzu lange, ehe er den Talente-Spähern auffiel und das nicht nur wegen seiner üppigen Haarpracht, sondern vielmehr wegen seiner Technik, die einer filigranen und eleganten Spielweise gleichkam. Im Zuge eines Freundschaftsspieles 1972 zwischen der Österreichischen Fußballnationalmannschaft und Ostbahn XI im riesigen aber leeren Prater-Stadion dribbelte der ,Schneckerl´ alle schwindelig und zog sich den Zorn der arrivierten Teamspieler zu. Österreich gewann gegen Ostbahn XI ,nur´ mit 1 : 0.
Plötzlich waren vier Vereine hinter ihm her – Wacker Innsbruck, Austria Salzburg, der SK RAPID und eben die Wiener Austria. Sein Herz schlug für Grün-Weiß, doch die Art und Weise, wie RAPID mit ihm, dem Jungspund verhandelte, war für ihn eher abstoßend, denn förderlich. Auch in Tirol und Salzburg gab es seiner Ansicht nach Probleme und da entschied er sich eben für die Austria, die sich damals anschickte, eine große Mannschaft, bestehend aus vielen jungen Leuten aufzubauen. Und diese Entscheidung des damals 17jährigen Herbert Prohaska sollte eine richtige gewesen sein, denn es folgte eine Bilderbuchkarriere. Die Austria führte am Rasen die feine Klinge, es war ein Genuß, den Veilchen beim Kicken zuzusehen. Der Spielstil war in all den Jahren dann darauf ausgerichtet, rasch ein bis zwei Tore vorzulegen, um fortan für die Galerie zu ballestern. In diese erfolgreiche Epoche gesellte sich auch die Teilahme im Mai 1978 am Endspiel im Europapokal der Pokalsieger. Eine Endspiel-Teilnahme gelang zuvor noch keiner Österreichischen Klubmannschaft. 1985 sollte RAPID folgen, 1994 Austria Salzburg und 1996 nochmals RAPID. Dennoch ging man im Pariser Prinzenpark sang und klanglos gegen RSC Anderlecht, die damals nicht unbedingt eine Weltklasse-Elf war, mit 0 : 4 unter. Eine Niederlage, die den ,Schneckerl´ heute noch maßlos ärgert, da damals mehr drinnen gewesen wäre, seiner Ansicht nach.
Es sollte eine große Fußball-Weltmeisterschaft in Argentinien 1978 mit der Österreichischen Nationalmannschaft folgen. Er, Prohaska, hatte ja im Oktober zuvor in Izmir Österreich anhand des 1 : 0-Siegestores gegen die Türkei mit dem berühmten ,Spitz´ zu eben dieser Weltmeisterschaft nach Südamerika bugsiert. Eine Euphoriewelle schwappte über das Land. Heute ärgert ihn noch die 0 : 1-Niederlage gegen Italien in der Zwischenrunde, denn hätte man gegen die südlichen Nachbarn etwas zuwege gebracht, wäre man gegen Brasilien im Spiel um Platz 3 gestanden. Und Brasilien 1978 war seiner Meinung nach keine Welt-Truppe. Doch so folgte das bedeutungslose Spiel gegen Deutschland, das Österreich zwar mit 3 : 2 gewinnen konnte, aber er verstand die Hysterie, die um dieses Match gemacht wurde, nie.
Im Sommer 1980 wagte er mit 25 Jahren den Sprung ins Ausland nach Milano. Inter war seine Heimat für zwei Jahre geworden. Es war eine erfolgreiche Epoche, die er in Mailand verleben durfte und nach Abschluß dieser Zeit stand er als Italienischer Pokalsieger sehr gut da. Herbert Prohaska zog weiter nach Rom, um in der ewigen Stadt am Tiber aktiv mitzuhelfen, die Meisterschaft wieder nach Rom zu holen. Es gelang. Der AS Rom wurde unter seiner Regie Meister der Serie A 1982/83. Doch aufgrund einiger Unstimmigkeiten im Vorstand von AS kehrte der ,Schneckerl´ im Sommer 1983 kurzerhand nach Österreich zu seiner geliebten Austria zurück, wenngleich er selbst gerne in Rom geblieben wäre. Es sollte aber eben nicht sein. Es folgten weitere erfolgreiche Jahre in Wien, eher er 1989 aus gesundheitlichen Gründen mit knapp 34 Lenzen seine aktive Laufbahn beendete. Als Sportdirektor und späterer Trainer blieb er seiner Austria treu und feierte genauso seine Erfolge, nur eben von nun an von der Trainerbank aus. 1992 führte ihn sein Weg zum ÖFB und er wurde Unter 21-Teamchef, eher er im Winter 1992/93 den verstorbenen Ernst Happel als Teamchef beerbte. Unter seiner Trainer-Regie gelang es Österreich, an der Weltmeisterschaft 1998 in Frankreich teilzunehmen, wenngleich leider nur mit bescheidenem Erfolg. Und nach einer vernichtenden Schlappe auf der iberischen Halbinsel gegen Spanien in Valencia im März 1999 war seine Teamchef-Trainertätigkeit beendet, die aber mit 25 Siegen, 9 Unentschieden und 17 Niederlagen sehr passabel ausfiel. Später wollte man Herbert Prohaska zur Austria zurückholen, doch die Gespräche mit dem edlen Gönner und Spender Frank Stronach liefen meist aneinander vorbei und ein grüner Zweig kam selten bis nie dabei heraus.
Hernach kam ihm das Angebot des ORF geradezu gelegen, als es hieß, Herbert Prohaska solle im Zuge von Übertragungen die Spiele im ORF analysieren. Darüber hinaus übernahm er die Patenschaft für die Red Zac-Erste Liga, die unter dem Motto steht ,Heute für morgen´. Schön pomali und in aller Ruhe sollen in Österreichs zweithöchster Spielklasse hoffnungsvolle Talente an höhere Aufgaben herangeführt werden. Da ließ sich der ,Schneckerl´ nicht lange bitten, als es hieß, ob er nicht Schirmherr dieser Liga werden möchte.
Und so feierte Herbert Prohaska am 8. August 2005 im Kreise seiner Lieben eben seinen 50. Geburtstag. Seine beiden Töchter, Barbara – die Ballett tanzte, und Birgit – die im Schulchor sang, sind sein ganzer Stolz. Zwischenzeitlich machte die ältere der beiden, Barbara, seine Gattin Elisabeth und ihn zu stolzen Großeltern. Der Familienmensch Herbert Prohaska, der in seiner Fußballerlaufbahn sehr viel erreicht hatte, wurde am 17. August 2004 in der Wiener Staatsoper zu Österreichs Jahrhundertfußballer gewählt. Eine Ehrung, die ihn nicht nur sehr rührte, sondern auch seinem Können und seinen Genieblitzen am Rasen durchaus gerecht wurde.
Herbert Prohaska
MEIN LEBEN
aufgezeichnet von Toni Huemer und Tom Hofer
Verlag Carl Ueberreuter, Wien 2005, ISBN 3-8000-7135-5
240 Seiten, Leinen mit Schutzumschlag
EUR 19,95