Hugo Sanchez bei seinem ersten Linz-Besuch in Hörsching. Im Bild mit LIVA-Direktor Karl Gerbel (rechts), der am 24. August 1989 eine Linzer Fußball-Gala auf die Beine stellte. 25.000 Zuschauer bekamen ab 20 Uhr ein Real Madrid-Festival im Ausmaß von 3 : 0 gegen Ernst Happel´s FC Tirol geboten. Bereits beim Vorspiel um 18 Uhr bevölkerten über 20.000 Zuschauer die Linzer Gugl. Der SK VÖEST Linz trennte sich vom LASK im Stadtderby in der 2. Division mit 2 : 2. Foto: © oepb

Die Österreichische Fußball-Bundesliga, die es in dieser heute bekannten Art und Weise seit Sommer 1974 gibt, war schon immer ein bisserl anders: Doppel-Veranstaltungen mit zwei Stadt-Rivalen im gleichen Stadion am selben Tag, Spieltage mit Hin- und in der Woche darauf dem Rückspiel, Aufstockungen, Liga-Reformen, Play-Offs, Relegationen, Fusionen, Vereins-Auflösungen, verschiedenste Anstoßzeiten, und so weiter. Fad wurde dem geneigten Fußball-Interessierten in Österreich und seiner Liga schlichtweg nie.

Es kam allerdings auch vor, dass der eine oder andere Star aus einer völlig anderen Fußball-Welt irgendwann in Österreich anheuerte. Es herrschte eben in unserer Bundesliga immer auch ein bisserl eine andere Zeit vor.

Hugo Sanchez (rechts) bei seinem zweiten Linz-Besuch. FC Linz-Manager Jürgen Werner (Bildmitte) fädelte bereits im Sommer 1995 den überraschenden deal ein und der Mexikaner landete im September tatsächlich in Hörsching. Rechts Gattin Isabel, der es in Österreich sehr gut gefiel. Foto: © oepb

Der argentinische Fußball-Weltmeister Mario Kempes (Torschützenkönig bei der Weltmeisterschaft 1978 in Argentinien) war wohl der Berühmteste, der im Jänner 1986 quasi über Nacht den Dress des First Vienna FC überstreifte und von nun an im „Mittleren Play-Off“ mit den Döblingern um den Aufstieg ins Oberhaus kämpfte, der auch gelang. Oleg Blochin, UdSSR-Superstar aus der Ukraine, kickte ab März 1988 für den SK Vorwärts Steyr. Ebenfalls im „Mittleren Play-Off“, ebenso mit dem Bundesliga-Aufstieg im Sommer 1988 verbunden. Und wiederum sieben Jahre später glaubte man in Linz seinen Augen und Ohren nicht zu trauen, als es hieß, dass der einstige Real Madrid-Torjäger Hugo Sanchez zum FC Linz (vormals SK VÖEST Linz) wechseln würde, in die 2. Liga wohlgemerkt!

27 Jahre ist das nun her und der FC Linz ist längst Geschichte. Der im Jahre 1997 entstandene FC Blau-Weiß Linz spielt derzeit zwar aktuell detto in der 2. Bundesliga, bis auf Teile der Anhängerschaft und den Vereinsfarben hat man allerdings mit dem verblichenen SK VÖEST Linz nicht mehr allzu viel gemeinsam. Nichtsdestotrotz ist der Blick zurück überaus interessant, denn der Fußballsport lebt nach wie vor auch immer wieder von seiner erlebten und gelebten Geschichte.

Paternoster-Dasein

Der FC Linz stand in seinem vorletzten Bestandsjahr. Im Juni 1995 verlor man beide Relegations-Spiele gegen die SV Ried (0 : 2 in Linz, 0 : 1 in Ried) und war nach nur einem Jahr im Oberhaus wieder in der 2. Liga angelangt. Man wollte um den knapp 29-jährigen Torjäger Christian Stumpf eine junge Truppe aufbauen. Prof. Heinz Hochhauser war der Lehrherr dieses Hasenstalls. Zwei Wochen vor Saisonstart unterschieb Stumpf jedoch beim SK RAPID Wien und sorgte dort als „Büffel“ für Furore. Der FC Linz verlor somit seinen bulligen Leithammel im Angriff.

Der 20-jährige Ronald Brunmayr erhielt mit dem 37-jährigen Hugo Sanchez einen väterlichen Freund für das blau-weiße Angriffsspiel zur Seite gestellt. Links der Steirer Ludwig Reiner. Aus FC Linz gg. DSV Leoben (4 : 1) vom 25. August 1995. Foto: © oepb

Forcierte Jugend

Heinz Hochhauser, der – man kann es vorweg nehmen – 1995/96 als Trainer beim FC Linz in der 2. Liga ganze Arbeit geleistet hatte, formte ein Team ohne große Namen. Am vierten Spieltag dann bereits der zweite Saisonsieg. Die mit 21,5 Jahren im Durchschnitt angetretene Linzer Mannschaft fegte die durchschnittlich 29,5-jährigen Kollegen des DSV Leoben – aufgelaufen mit Richard Niederbacher und Walter Schachner – mit 4 : 1 vom Linzer Gugl-Rasen. Ein wahres Lehrspiel der jungen FC Linz-Truppe. Günstig und ohne langes Federlesen gesellte sich ab dem fünften Spieltag dann auch noch Manfred Linzmaier zur jungen blau-weißen Linzer Mannschaft hinzu. Der FC Linz eilte weiter von Sieg zu Sieg.

Hugo Sanchez im Klartext:Ich gehe zum FC Linz“

Vor sieben anwesenden TV-Stationen in Mexiko-City erklärte der fünffache (1985, 1986, 1987, 1988 und 1990) spanische Torschützenkönig und im Jahre 1990 mit 38 Toren für Real Madrid Gewinner des Goldenen Schuhs, der mexikanische Zahnarzt Dr. Hugo Sanchez am 13. September 1995, dass er nach Österreich zum FC Linz wechseln werde. Diese Liaison hatte ihren Ursprung anhand eines Trainingslagers des mexikanischen Klubs CF Atlante im Sommer 1995 im niederösterreichischen Maria Taferl. FC Linz-Manager Jürgen Werner unterhielt sich dort mit Hugo Sanchez und machte diesem Österreich und Linz schmackhaft. Daraus folgte zwei Monate später der nicht für möglich gehaltene Transfer.

Von der Leistung des dreifachen Torschützen Ronald Brunmayr begeistert. Hugo kam, Hugo sah und der FC Linz gewann nicht. Beim Stand von 3 : 1 der Linzer gegen den VSE St. Pölten wurde es in der 64. Minute am Voithplatz finster. So geschehen am 23. September 1995. Einen knappen Monat später wurde das Spiel neu angesetzt, 7 : 1 hieß es am Ende für den FC Linz. Foto: © oepb 

Ronald Brunmayr versus Hugo Sanchez

Der FC Linz trug am 15. September 1995 um 19 Uhr im Linzer Stadion sein Heimspiel gegen Flavia Solva aus. Ronald Brunmayr (später, 2020/21, erfolgreicher Meister-Coach beim FC Blau-Weiß Linz und aktuell im Betrteuerstab von SG Eintracht Frankfurt) erzielte mit einem Prachtschuss das Goldtor, bloß ging dieser herrliche Treffer in der Euphorie um die Ankunft von Hugo Sanchez am Flughafen Linz-Hörsching um 22.30 Uhr völlig unter.

Zahlreiche Fans in Hörsching

Als Hugo Sanchez mit charmanter Gattin Isabel an der Hand die Gangway aus dem Flugzeug stieg, wurde ihm von den voller Vorfreude wartenden FC Linz-Fans ein Ball zugeworfen. Hugo ließ sich nicht lange bitten und jonglierte das rundliche Spielgerät sogleich noch auf der Landebahn und außerhalb der Zoll-Kontrolle. Und Sanchez war ein „Star zum Anfassen“. Er gab sich bescheiden und freute sich auf seine Aufgabe bei dieser jungen Linzer Mannschaft.

Hugo Sanchez-Empfang bei mexikanischen Klängen in den VIP-Räumlichkeiten des Linzer Stadions auf der Gugl. Nach dem 4 : 0-Heimsieg über die Vienna ließ man seinen neuen Star sogleich hochleben. Im Hintergrund stehend der „Schirmherr der Veranstaltung“, FC Linz-Manager Jürgen Werner. Foto: © oepb

Kein Platztausch mit St. Pölten

Jürgen Werner bemühte sich mit dem VSE St. Pölten um einen Platztausch, um seinen neuen Superstar dem Linzer Publikum ehestmöglich präsentieren zu können. Der Platztausch fand nicht statt. Ganz im Gegenteil, am Voithplatz wurde am 22. September 1995 beim FC Linz-Gastspiel in der 64. Minute das Flutlicht abgedreht. Die Linzer führten zu jenem Zeitpunkt mit 3 : 1, dreifacher Torschütze an jenem Abend war Ronnie Brunmayr. Das Ergebnis wurde nicht gewertet, es kam später zu einer Neuaustragung, die der FC Linz am 18. Oktober 1995 gar mit 7 : 1 für sich entschied. Brunmayr traf hier zweimal.

Der FC Linz-Trainer und sein Star, der keiner sein wollte. Prof. Heinz Hochhauser wusste um die Qualitäten des Neuzugangs, aber auch, dass nicht mehr in jedem Match die Luft für 90 Minuten reicht. Foto: © oepb

27. September 1995 / Hugoool küsst die Liga wach

Strömender Regen an jenem Mittwoch Abend in Linz. Bei besseren Witterungsverhältnissen wären bestimmt bei weitem mehr als „nur“ jene 4.000 Zuschauer zum Hugo Sanchez-Debüt im FC Linz-Dress ins Linzer Stadion gekommen. Und dennoch ließ sich der Mexikaner nicht lange bitten. Die Vienna hatte an jenem Abend keine Chance, bereits in der 15. Minute traf „Nino del Oro“ (Goldkind) zum 1 : 0. Aber nicht nur das. Er ließ natürlich seinen berühmten Torjubel-Salto folgen. 4 : 0 fegten die Linzer die Vienna vom klitschnassen Gugl-Rasen, Sanchez scorte das erste und das vierte Tor in diesem Spiel.

Der Boom blieb aus

Es war jetzt nicht unbedingt so, dass Hugo Sanchez anhand der FC Linz-Auswärtsspiele die Massen anzog, jedoch ein paar hundert Zuschauer mehr als im Normalfall erwartet gesellten sich dann doch zu den jeweiligen Gastspielen der Linzer.

Neid und böse Zungen

Anhand von Niederlagen beim VfB Mödling im Rahmen von 0 : 4 (vor 200 !!! Zuschauern) und bei der WSG Wattens im Ausmaß von 0 : 2 (vor 600 Besuchern) wurde der 37-jährige Altstar von den Rängen auch schon einmal verspottet und ausgelacht. Hugo Sanchez fand sich mit dem vorhandenen Schneeboden auf beiden Fußballplätzen einfach nicht zurecht. Andererseits blühte er bei Heimspielen im Linzer Stadion stets auf und riss seine jungen Mitspieler immer wieder mit. Der Herbstmeistertitel kam am Ende dabei heraus.

Auch auf dem altehrwürden SK VÖEST-Werksportplatz in der VOEST ALPINE trat Hugo Sanchez an. Umgeben von Kokerei und Hochöfen zauberte der Mexikaner. Hier im Bild im Februar 1996 im Rahmen der Winter-Vorbereitung auf das Frühjahr gegen den SV Ried-Spieler Günter Steininger. Foto: © oepb

Mexikanisches Gerasdorf

1.500 Zuschauer drängten sich am 23. März 1996 am kleinen Gerasdorfer Sportplatz. Der Zweite forderte den Ersten zum Duell. Und alle kamen „Hugo schauen“.

Man scheute weder Kost noch Mühen und engagierte sogar eine mexikanische Band, die für ihren Landsmann groß aufspielte. Bloß, dieser Landsmann war nicht da.

Heinz Hochhauser plante bereits die Zukunft und forcierte gerade anhand der Auswärtsspiele seine Talente. Hugo Sanchez blieb an diesem Wochenende kurzerhand in Linz und feilte weiter an der österreichischen Sprache.

Der Gipfel in Liga 2 endete übrigens mit einem brüderlichen 1 : 1.

Hugo Sanchez war der Dreh- und Angelpunkt beim FC Linz. Hier am 8. März 1996 beim 1 : 0 gegen die WSG Wattens im winterlichen Linzer Stadion. Foto: © oepb

Siege, Siege, Siege – mit und ohne Hugo Sanchez

Die junge FC Linz-Truppe eilte weiter von Erfolg zu Erfolg. Die bloße Präsenz von Hugo Sanchez riss im Verein alle mit. Am 25. Spieltag hatte der Tabellenführer aus Linz auf den schärfsten Verfolger SV Gerasdorf bereits 12 Punkte Vorsprung und auch eine um 10 Tore bessere Tordifferenz.

Adios Hugo

Wie ursprünglich vereinbart, war das moderne Fußball-Märchen „Hugo Sanchez beim FC Linz“ nach nur acht Monaten Geschichte. Der FC Linz stand 1995/96 vier Spieltage vor Schluss als Meister der 2. Bundesliga und Aufsteiger ins Oberhaus fest. Und Dr. Hugo Sanchez tat das, was er am besten konnte: er erzielte Tore und ließ einen – seinen allerletzten – Salto in Linz folgen. Das Heimspiel gegen den SV Spittal/Drau stand am 10. Mai 1996 ganz im Zeichen des Abschiedes. Der eine kehrte samt Gattin und 7 erzielten Toren in der zweithöchsten Spielklasse Österreich nach nur einem dreiviertel Jahr wieder den Rücken und die anderen kraxelten aus dem Paternoster wieder heraus, und stiegen in die 1. Liga auf.

Das mexikanische Gastspiel in Österreich neigt sich dem Ende zu. Ein Zahnarzt aus Mittelamerika hauchte der Linzer Gugl für kurze Zeit internationale (Welt)-Klasse ein. Die Szene stammt vom 4. Mai 1996. Aus FC Linz gg. SV Oberwart (2 : 1). Foto: © oepb

Epilog

Und auch wenn sich nicht wenige Teile der blau-weißen Anhängerschaft immens darüber gefreut hätten, gemeinsam mit Hugo Sanchez im Herbst 1996 in ein Linzer Stadt-Derby gegen den ewigen Rivalen LASK ins Oberhaus zu gehen, so überwog doch die Freude, dass er überhaupt da war. Ein Superstar, der seinen fußballerischen Zenit mit 37 Jahren zwar bereits längst überschritten hatte, der aber als Vollprofi ein echter Star zum Anfassen war und der gerade den jungen Aktiven wertvolle Tipps und Hilfestellungen bot.

Quelle: Redaktion www.oepb.at

Erfahren Sie noch mehr über die Österreichische Fußball-Bundesliga bei uns bitte hier;

www.bundesliga.at

Back to Top