Kurt (links) und Wolfgang Nagl im Dress des LASK in der Saison 1979/80. Beide Fotos: © oepb

Heute möchten wir im Rahmen unserer unregelmäßigen Serie über erfolgreiche Brüderpaare in der Österreichischen Fußball-Bundesliga von zwei Aktiven berichten, die sich optisch zwar sehr ähnlich, vom spielerischen Typ her und der charakterlichen Aura jedoch völlig unterschiedlich waren. Und das war auch gut so.

Bei den Gebrüdern Kurt und Wolfgang Nagl handelte es sich nicht nur um langjährige und verdienstvolle Fußballspieler im Trikot des Linzer ASK / kurz LASK genannt, beide Akteure gehörten auch jener Generation an, für die der Begriff „Vereinstreue“ noch Gewicht hatte.

Vorab sollte nicht unerwähnt bleiben, dass der Name „Nagl“ in der oberösterreichischen Landeshauptstadt Linz ein langjähriger Begriff ist, der automatisch mit dem Fußballsport assoziiert wird. Vier Brüder, der insgesamt sieben Geschwister, waren Fußballer, allesamt beim SK Admira Linz in Urfahr, Bachlbergweg, am Fuße des Pöstlingberges gelegen: Ernst (Stammspieler bei Admira in der 1. OÖ-Landesliga), Heinz (hervorragender Techniker, seinerzeitiger OÖ Amateur Rekordauswahlspieler), sowie Kurt und Wolfgang (beide Kapitäne beim LASK in den 1980er Jahren in der 1. Division, heutige Österreichische Fußball-Bundesliga).

Der SK Admira Linz war auch in der Halle erfolgreich. Hier das Team im Winter 1976/77. Hinten ganz rechts stehend die Brüder Heinz, Ernst und Wolfgang Nagl. Kurt Nagl war zu dieser Zeit bereits beim LASK. Foto: © oepb

Beginnen wir beim älteren der beiden, Kurt:

Dieser begeht heute seinen 68. Geburtstag! Die allerbesten Glückwünsche an dieser Stelle von uns!

Kurt Nagl kam just zum Jahreswechsel, am 31. Dezember 1955 in Linz zur Welt. Nachdem der Vater Heinrich ein großes Herz für den Handballsport hatte, begann auch Kurt seine sportliche Laufbahn als Handballspieler, in diesem Fall bei Union Urfahr. Mit 15 Jahren erfolgte dann der Wechsel. „Zum Fußballsport kam ich 1971. Ich kann sagen, dass ich ein ganz guter Handballer war und von diesem Sport auch profitierte, denn die Beweglichkeit in der Hüfte holte ich mir beim Handball.“, so Kurt Nagl anhand eines Interviews betreffend der Frage wie seine Laufbahn begann. Fünf Jahre war der „ältere“ Nagl für Admira Linz aktiv, spielte sich dort sehr rasch in die Kampfmannschaft, ehe ihn der LASK im Sommer 1976 verpflichtete. Sein erster Trainer im Oberhaus war Wilhelm Huberts.

Ähnlich verhielt es sich beim jüngeren Wolfgang:

Wolfgang Nagl erblickte als jüngster der „Nagl-Dynastie“ am 18. Februar 1960 in Linz das Licht der Welt. Und auch er hätte, wäre es nach Vater Heinrich gegangen, Handball spielen sollen, aber da sich im Hause Nagl bereits alles um den Fußballsport gedreht hatte und der älteste der Brüder, Heinz, für den jungen Wolfgang auch als Vorbild diente, war es nur allzu verständlich, dass der jüngste Nagl sofort mit dem Kicken – detto bei Admira Linz – begann. „Als ich 9 Jahre alt war und mit dem Fußball so richtig angefangen habe, war Heinz schon im besten Fußballeralter. Er wurde in verschiedene Auswahlen berufen und einmal war sogar die Rede davon, dass er zu einem großen Verein übersiedeln würde. Daraus ist dann allerdings leider nichts geworden.“, so Wolfgang Nagl zu seinen fußballerischen Anfängen.

Kurt Nagl wurde auch in den ÖFB-Nachwuchs berufen. Hier am 11. April 1979 im Rahmen eines Unter 21-Länderspieles in Amstetten gegen die Türkei (1 : 0). Im Bild von links: Peter Meister (First Vienna FC), Alfred Roscher (FK Austria Wien) sowie Kurt Nagl vom LASK. Foto: © oepb

Auch er durchlief wie vor ihm sein Bruder Kurt sämtliche Nachwuchsmannschaften im Eilzugstempo, ehe der jüngste Nagl als Sechzehnjähriger in der Kampfmannschaft von Admira sein Debüt feiern konnte. Kurt und Wolfgang liefen jedoch nicht gemeinsam für die Admira auf, denn als Wolfgang 1976 nach- und aufrückte, ging Kurt bereits zum LASK. Ein Jahr später, 1977, waren die Nagls dann doch vereint, denn es war nur allzu verständlich, dass sich der LASK auch die Dienste des 17-jährigen Torschützenkönigs von Admira Linz, Wolfgang Nagl sicherte.

Und er erinnert sich zurück: „Kurt war zwar weg, aber Heinz und ich spielten gemeinsam bei Admira. Wir haben uns beide sehr wohl gefühlt, denn Admira war eine große Familie, das war kein Klub, wo man nach einem Spiel mit einem knappen Gruß auseinander gegangen ist. Wir waren alle Freunde. Wir haben die Misserfolge gemeinsam getragen, und wir haben die Erfolge gemeinsam gefeiert. Ich denke immer gerne an diese Zeit und vor allem auch an die Betreuer zurück, die wir damals gehabt haben.“

Und nun zur Mannschaftsaufstellung des LASK!

Mit der Rückennummer 4 – Kurt Nagl … mit der Rückennummer 6 – Wolfgang Nagl

9 Jahre lang prägten die Namen Kurt und Wolfgang Nagl die Mannschafts-Aufstellungen des LASK. Die feuerroten Rückennummern 4 (Kurt) und 6 (Wolfgang) auf den schwarz-weiß längs gestreiften VKB-Dressen des LASK waren für die beiden reserviert. Optisch allerdings konnte man in den frühen 1980er Jahren die zwei Aktiven nur schwer unterscheiden, da sie sich, trotz gut 4 Jahren Altersdifferenz, sehr ähnlich sahen. Insider erkannten den Unterschied. Als solche stellten sich die Zeitungs-Journalisten, aber auch die Radio- und Fernsehreporter – Manfred Payrhuber sei an dieser Stelle lobend ausgenommen – nicht immer zwingend heraus. Später dann wurde es leichter, da Kurt langmähnig auftrat und Wolfgang einen Kurzhaarschnitt trug.

Ein typischer Kurt Nagl (links am Boden) macht dem SK VÖEST-Paradestürmer Max Hagmayr (Bildmitte) das Leben schwer. Hier anhand einer Szene vom 12. September 1981. Rechts Michael Toppel, dahinter Josef Lenhart (beide LASK). Aus LASK gg. SK VÖEST Linz, 1 : 0 (0 : 0) vor 13.500 Zuschauern im Linzer Stadion Foto: © oepb

Auch war die Spielweise der beiden völlig unterschiedlich. Während sich Kurt Nagl gerne in die damaligen Stürmer-Stars wie Hans Krankl (SK RAPID Wien), Max Hagmayr, Gerald Haider (beide SK VÖEST Linz), Walter Schachner, Tibor Nyilasi (beide FK Austria Wien), und dergleichen verbiss und diesen allesamt oftmals das Stürmerleben schwer machte, sorgte Wolfgang Nagl aus dem Mittelfeld heraus kommend mit einem „echten Nagel“ dafür, dass sich der LASK-Anhang über herrliche Weitschusstore freuen konnte. Wenn der „IIer Nagl“ das Leder richtig erwischte, dann sauste die Kugel schon einmal wie an einem Schnürl gezogen als Strich durch das Linzer Stadion hinein in die jeweiligen Tormaschen des Gegners. Auch die Freistösse von Wolfgang Nagl waren damals, zu einer Zeit als Antonin Panenka von RAPID als Freistoßschütze Nummer 1 noch in aller Munde war, à la bonheur.

208 : 239 Bundesligaspiele

Kurt lief von 1976/77 bis 1986/87 in 208 Bundesligaspielen für den LASK auf. Sein Bruder Wolfgang absolvierte in der Zeit von 1977/78 bis 1988/89 239 Oberhausspiele. Die Saison 1978/79, als der LASK in der 2. Division war, ist hier nicht berücksichtigt. Hier würde die Statistik 30 : 27 (Kurt, Wolfgang) lauten. In Sachen erzielter Tore stand es 4 : 29 im Oberhaus, wobei es für den Abwehrspieler Kurt natürlich schwieriger war, vorne zu treffen, als für den Mittelfeldspieler Wolfgang.

Amateure setzten sich im harten Profigeschäft durch

An dieser Stelle darf auch nicht unerwähnt bleiben, dass beim LASK in jenen Jahren gut die Hälfte der Kampfmannschaftsspieler einem geregelten Beruf nachgingen. Beide Nagl-Brüder waren beispielsweise beim Amt der OÖ-Landesregierung beschäftigt. Da konnte es schon einmal vorkommen, dass am Vormittag noch der eine oder andere Termin im Gebäude Hauserhof beim Linzer Hauptbahnhof gelegen anstand, während dann am Abend um 19 Uhr auf der Gugl ein Fußballspiel der 1. Division in Szene ging. Und beide Nagls stellten jeweils ihren Mann. Ein Raunzen ob einer etwaigen Doppelbelastung hörte man von den beiden nie. Sie streiften den gestreiften LASK-Dress über und gaben für ihr Team, sehr zur Freude übrigens des rührigen LASK-Präsidenten Komm.-Rat Rudolf Trauner alles.

Ein Nagl kam in jenen Jahren beim LASK nie allein. Hier die Brüder Kurt (Vordergrund) und Wolfgang im Herbst 1981 im Hanappi-Stadion …

Dieser verhinderte jedoch auch einen Nagl-Transfer nach Wien. Im Sommer 1983 wollten die Hütteldorfer Wolfgang Nagl verpflichten. Die geforderte Ablösesumme von 5 Millionen Schilling (ca. € 363.000,-) war dem SK RAPID für den damals 23-jährigen dann allerdings doch zuviel. 

Absolute Identifikationsfiguren

Freilich gab es schon einmal Stimmen, die meinten, dass beim LASK ein Nagl zuviel sei, aber der langjährige Coach Adolf Blutsch – wie übrigens auch sein Nachfolger Johann Kondert auf der Betreuerbank – hielt eisern an den beiden fest und versuchte, bei etwaigen Tiefs die Laune des Brüder-Paares wieder emporzuheben. Wolfgang meinte einst über seinen älteren Bruder Kurt beispielsweise, dass dieser am Ball weitaus mehr könne als er. Kurt müsste jedoch ein bisserl lauter am Platz agieren und mehr Temperament beim Spiel entwickeln. Jenes Temperament, das dem Kurt allem Anschein nach fehlte, hatte der Wolfgang des Guten ein bisserl zuviel. Unvergessen ist dem Verfasser auch heute noch ein herrliches Wolfgang Nagl Tor vom 23. Oktober 1982.

Der LASK – bei dem damals übrigens Harry Fürst sein Debut feierte – empfing im Linzer Stadion vor 5.000 Besuchern Wacker Innsbruck. Nach einer Erwin Höld Flanke erwischte Nagl II das Leder aus vollem Lauf und knallte die Kugel volley aus gut 20 Metern unhaltbar für Keeper Fuad Djulic unter die Latte. Ein Tor des Jahres! Im selben Spiel jedoch konnte der damals 22-jährige sein Temperament nur schwer zügeln und erhielt Gelb und in späterer Folge sogar glatt Rot. Der LASK verlor diese Partie mit 1 : 2. Und dennoch – alle beide waren verdienstvolle Mannschaftsspieler und sympathische Aktive, mit denen sich der Stadionbesucher absolut identifizieren konnte.

sowie als LASK-Kapitän Kurt (rechts) und Wolfgang im Frühjahr 1984 im Linzer Stadion. Beide Fotos: © oepb

Kapitänsbinde – für alle beide

Kurt Nagl war von 1983 bis 1985 LASK-Kapitän und führte die Landstraßler, wenn man so will, zweimal in Serie als Drittplatzierter in den UEFA-Cup. Es wäre für ihn wohl der allergrößte Traum gewesen, anhand der seinerzeitigen Sternstunde gegen Inter Mailand ebenso als LASK-Kapitän aufzutreten.

Aber eine Verletzung zwang den damals 29-jährigen Kurt zum Zuschauen. Also sprang sein Bruder Wolfgang in die Bresche und trat als LASK-Kapitän seinem Pendant von Inter Alessandro Altobelli entgegen. Dass der LASK im Oktober 1985 Inter mit 1 : 0 schlug, galt jahrzehntelang als die absolute Sternstunde der Schwarz-Weißen. Erst die spätere LASK-Mannschaft von 2019/20 überflügelte diesen Triumph auf internationalem Terrain.

Den Ball perfekt getroffen, das Leder saust für Torhüter Hans Berger unhaltbar ins Netz. Wolfgang Nagl (Bildmitte) als knallharter Vollstrecker. Hier anhand einer Spielszene vom 28. September 1984. Links im Bild: Erwin Höld. Aus LASK gg. SV Austria Salzburg, 3 : 1 (2 : 0) vor 3.500 Zuschauern im Linzer Stadion. Foto: © oepb

Karriereende

Während Kurt nach seinem Weggang vom LASK im Sommer 1987 ein Intermezzo beim VSE St. Pölten folgen ließ, ohne durchschlagenden Erfolg, kehrte Wolfgang im Sommer 1990 – nach dem LASK-Abstieg aus dem Oberhaus ein Jahr zuvor – den Landstraßlern den Rücken. Und während Kurt im Unterhaus bei Donau Linz und Chemie Linz weiterspielte, um sich im Anschluss beim Stammverein Admira wieder einzufinden, heuerte Wolfgang ebenso bei Donau und bei ASKÖ Leonding an, um zuletzt auch wieder den Weg auf den Bachlberg zu finden. Und währenddessen Kurt seine Leidenschaft in der Malerei entdeckte, wurde Wolfgang Trainer, jahrelang bei seinem Stammverein Admira Linz. Erst im Juni 2019 war für ihn, den jüngsten unter den Nagl-Brüdern, nach einer 12-jährigen Admira-Trainer-Tätigkeit endgültig Schluss mit dem Fußballsport. Das Kapitel Nagl beim SK Admira Linz wurde somit geschlossen.

Nichtsdestotrotz hinterließen beide Brüder, Kurt und Wolfgang, in der Österreichischen Fußball-Bundesliga ihre Spuren. Anhand von Stammtischgesprächen mit alten LASK-Anhängern fallen ihre beiden Namen heute noch, im positiven Sinne. Und dass der SK Admira Linz ohnehin ohne die Familie Nagl jahrzehntelang unvorstellbar gewesen wäre, auch das ist ein Faktum, das nicht von der Hand zu weisen ist.

Vater Heinrich wäre begeistert und auch die Frau Mama, die übrigens nur ein einziges Mal live im Linzer Stadion bei einem Match dabei war, um ihre Söhne aktiv zu erleben, da sie die Nervenanspannung nur schwer verkraften konnte, so zitterte sie lieber vor dem Radio-Apparat mit, wusste um die Bekannt- und – zumindest in Linz und Oberösterreich – Berühmtheit ihrer Söhne. Sie war schlichtweg stolz auf ihre Kinder.

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Wenn die Österreichische Fußball-Bundesliga die Saison 2023/24 als 50-jährige Jubiläumssaison ausruft, dann darf dabei nicht vergessen werden, dass in Österreich seit 1911/12 regelmäßig Meisterschaft gespielt wird und es seit 1949/50 eine Gesamt-Österreichische Fußballmeisterschaft gibt. Wir werden hier in regelmäßiger Unregelmäßigkeit an Protagonisten der österreichischen Fußball-Landschaft erinnern, abseits der allseits bekannten Spieler-Größen. An Fußballer, die heute teilweise leider bereits vergessen sind, die aber dennoch der Liga und den Vereinen, für die sie aktiv waren, ihren Stempel aufgedrückt haben.

Quelle: Redaktion www.oepb.at

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