Der dritte Messbericht zur im Herbst 2020 von den ÖBB und dem Land Kärnten in Betrieb genommenen Messstelle an der Bahnstrecke in Velden liegt jetzt vor. Ziel der Messstelle ist, die Wirksamkeit der laufenden Maßnahmen zur Reduktion von Schall-Emissionen der Bahn am Wörthersee zu dokumentieren. Im Vergleich zu 2020 ist der Beurteilungspegel Nacht um 3 dB sowie der durchschnittliche Vorbeifahrtspegel von Güterzügen um 2 dB gesunken (Begriffserklärungen siehe bitte unten).
Das Projekt wird von externen Experten, dem Ziviltechnikerbüro Dr. Christian Kirisits, sowie einem Fachexperten der ÖBB-Infrastruktur AG wissenschaftlich begleitet und betreut. Einmal im Jahr wird ein wissenschaftlicher Bericht über die Ergebnisse veröffentlicht. Die Messungen ermitteln Vorbeifahrtspegel, Dauer und Fahrzeugdaten jeder Zugvorbeifahrt. „Damit sind Aussagen zur Schall-Emission von Güterzügen möglich. Um eine Beurteilungsgröße für die Belästigung durch Schienenverkehr zu erhalten, werden alle Vorbeifahrten berücksichtigt und die Schall-Immissionen als Beurteilungspegel dargestellt“, erklärt Dr. Christian Kirisits.
Geräuschpegel sinken weiter
Der auf Basis der Messungen der Vorbeifahrtspegel errechnete Beurteilungspegel für ein Haus in 30 Meter Entfernung zur Bahnstrecke (inklusive 2 m hoher Schallschutzwand, in 1,5 m Höhe über Gelände beim Haus), liegt 2022 bei 44 dB am Tag (2020: 46 dB) und bei 45 dB in der Nacht (2020: 48 dB). In 5 m Höhe (also in einem Obergeschoß) liegt bei denselben Parametern der Beurteilungspegel bei 49 dB am Tag (2020: 52 dB) und 51 dB in der Nacht (2020: 54 dB). Diese Veränderung ist großteils auf die steigende Anzahl von leisen Güterwagen zurückzuführen. 2022 waren außerdem etwas weniger Güterzüge als im Vergleichszeitraum 2020 auf der Strecke unterwegs.
Da sich die Schallintensität mit der Entfernung zur Schallquelle verringert, wurde für die Berechnung der Beurteilungspegel exemplarisch ein nahe der Strecke liegender Immissionsort, z.B. ein Haus, als Standard-Referenz gewählt. Weiter entfernte Gebäude weisen grundsätzlich geringere Schall-Immissionswerte auf. Es gibt bahnseitige Parameter, welche die Schall-Immissionen beeinflussen (Fahrzeugtypen, Betriebsprogramm), andere Effekte haben Einfluss auf die Schallausbreitung (Wind und Temperaturschichten, Abschirmung, Bodeneffekte etc.) und damit auch die Immissionen. Um solche Phänomene besser zu verstehen, arbeiten die ÖBB intensiv mit externen Partnern zusammen, wie z.B. der TU Wien oder der Akademie der Wissenschaften. Wie sich Schall ausbreitet, ist jedenfalls ein extrem komplexes Phänomen.
Der direkt an den Gleisen gemessene Vorbeifahrtpegel (eines einzelnen Güterzuges) ist im Schnitt 2022 um 2 dB geringer als 2020 (von 88 auf 86 dB gesunken). Dieser Rückgang ist auf die weiter fortschreitende Umstellung auf leise Güterwagons zurückzuführen. 2020 waren rund 64 % der Güterwagons am Wörthersee „leise“ Wagen, 2022 waren es bereits 90 %.
Zunahme der Schall-Immissionen kann langfristig ausgeschlossen werden
Durch die EU-Verordnung TSI Noise dürfen ab 2024 nur mehr leise Güterzüge auf den EU-Hauptstrecken fahren. Durch die Komplettumstellung von 100 % lauten auf 100 % leise Güterwagen sinkt der Vorbeifahrtspegel pro Zug um rund 10 dB, das entspricht der Halbierung des wahrgenommenen Lärms. Das zeigen auch internationale Berichte sehr eindeutig und transparent (Schweiz, Deutschland).
Franz Hammerschmid, Geschäftsbereichsleiter ÖBB-Infrastruktur AG: „Die Ergebnisse der Messstelle in Velden zeigen erfreulicherweise eine Fortsetzung des Trends der letzten Jahre: die Abnahme der Schall-Immissionen an der Wörtherseestrecke. Somit haben die Maßnahmen, sowohl auf Seite der Bahnstrecken als auch dem Wagenmaterial, gegriffen und werden weiter fortgesetzt, im Sinne der Anrainer:innen. Ab Ende 2024 dürfen auf den EU-Hauptstrecken nur mehr leise Güterzüge fahren. Die Güterzüge werden von 2010 bis 2024 im Schnitt um rund 10 dB leiser geworden sein, das entspricht einer Halbierung des wahrgenommenen Lärms. Somit ist sichergestellt, dass es selbst bei deutlichen Verkehrszunahmen in der Zukunft am Wörthersee jedenfalls leiser sein wird, als es 2010 war.“
In Österreich ist die Umstellung von lauten auf leisen Güterzügen seit ca. 2010 in Fahrt gekommen und wird Ende 2024 abgeschlossen sein. Die für die Bewertung der Auswirkungen von Geräuschen auf Anrainer:innen relevanten Beurteilungspegel sinken dadurch analog (aber nicht linear) ebenfalls deutlich. An einer Strecke mit hohem Güterzugsverkehr-Aufkommen sinkt auch bei einer zukünftigen Zunahme des Güterverkehrs der Beurteilungspegel gegenüber 2010 stark, da von 2010-2024 der Güterverkehr bereits viel leiser geworden sein wird, um rund 10 dB beim Vorbeifahrtspegel. Entsprechend den vorliegenden Daten der Messstelle am Wörthersee, wird selbst bei einer sehr deutlichen Zunahme an Güterverkehr der Beurteilungspegel jedenfalls geringer als 2010 bleiben, auch wenn die Kapazitäten der Strecke voll ausgeschöpft würden.
Das liegt daran, dass die Wahrnehmung von Lärm vor allem durch die lautesten oder auffälligsten Geräusche geprägt wird. Werden diese Geräusche wie derzeit an den Hauptbahnstrecken der EU um rund 10 dB leiser, entspricht das der Halbierung des wahrgenommenen Lärms. Fahren also sehr viele leisere Züge, ist dies bedeutend weniger störend, als wenn wenige sehr laute fahren. Genau darauf zielt die EU-Verordnung TSI Noise ab: Fallen die ganz lauten Züge weg, ist das eine enorme Entlastung für die Anrainer:innen, selbst wenn später mehr Züge fahren.
Die Prognosen am Wörthersee gehen derzeit von mittelfristig 25% mehr Güterverkehr nach 2025 aus. Eine neue Prognose liegt vsl Ende 2023/Anfang 2024 vor.
Die Verlagerung des Güterverkehrs von der Straße auf die Schiene ist ein wesentliches Ziel der Bundesregierung und den ÖBB, sowohl im Sinne des Klimaschutzes, als auch im Sinne der Lebensqualität für die Österreicher:innen. Jeder Kilometer Gütertransport auf der Straße bedeutet einen 30-fach höheren CO2-Ausstoß gegenüber dem Transport mit der Bahn. Somit ist die Verlagerung des Gütertransportes ein großer Beitrag im Kampf gegen die Klimakrise. Durch die großen Investitionen der ÖBB und anderer Bahnunternehmen in Wagenmaterial und Bahnanlagen ist sichergestellt, dass trotz der zu erwartenden Zunahmen an Bahn-Verkehr die Anrainer:innen auch langfristig deutlich weniger Lärm ausgesetzt sein werden als vor zehn Jahren. Das gilt ganz besonders für Strecken mit relativ hohem Güterverkehrsanteil wie an der Wörtherseestrecke.
Die ÖBB setzen weiter ihr Programm zum Bau von Schallschutzwänden und Investitionen in die Bahninfrastruktur fort, um auch in diesem Bereich für eine weitere Reduktion von Schall-Immissionen zu sorgen.
Begriffs-Erklärung:
- Als Schall-Emissionen wird die Aussendung von Schall durch eine Schallquelle bezeichnet (also z.B. Zug am Gleis oder LKW auf der Straße).
- Als Schall-Immissionen bezeichnet man die einwirkenden Geräusche, die an einer bestimmten Stelle ankommen, also z.B. beim Ohr des Menschen. Schall-Immissionen werden in der Regel (z.B. bei Lärmkarten) berechnet, aufgrund wissenschaftlich fundierter Grundlagen zu dem Thema, die von Experten über Jahrzehnte entwickelt worden sind.
- Der Vorbeifahrtspegel ist der energiemäßig gemittelte Schalldruckpegel während einer Zugvorbeifahrt im Nahbereich der Strecke (in Velden 7,5m von der Gleisachse).
- Der Beurteilungspegel gilt als Maß für die Belästigung und bezieht sich auf Anzahl, Dauer und Höhe aller Vorbeifahrtsgeräusche über einen definierten Zeitraum (z.B. Jahresdurchschnitt, unterteilt in Tag- und Nachtpegel wobei Nacht von 22:00 – 6:00 Uhr ist).
- Beurteilungspegel sind international anerkannte Vergleichsgrößen. Für die Lärmkartierung ist es üblicherweise ein Jahresdurchschnitt, womit langfristige Auswirkungen am besten beschrieben werden können. Im Gegensatz zu kurzfristen Schallspitzen, die jederzeit und überall auftreten können (heulender Motor, schreiendes Kind, Notbremsung etc.). Beurteilungspegel beinhalten nicht alleine die Höhe des einzelnen Vorbeifahrtspegels, sondern auch die Anzahl und Dauer dieser belästigenden Geräuschereignisse. Sie berücksichtigen weiters, in welchem Zeitraum (z.B. Tag oder Nacht) die Vorbeifahrten auftreten und werden entsprechend internationaler Empfehlungen als Maß für die Belästigung von Anrainer:innen durch Schallquellen herangezogen, auch z.B. von der WHO (Weltgesundheitsorganisation).
Quelle: ÖBB
Fotos: Bild 1 und 2: ©Erich Westendarp from Pixabay
Bild 3: Bahnschall Messstelle Lind ob Velden. Foto: © ÖBB / Dinhobl
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Bereits seit 100 Jahren gestalten die ÖBB die Mobilität in Österreich. Als umfassender Mobilitäts- und Logistikdienstleister haben die ÖBB im Jahr 2021 insgesamt 323 Millionen Fahrgäste und über 94 Millionen Tonnen Güter klimaschonend und umweltfreundlich an ihr Ziel gebracht. Denn der Strom für Züge und Bahnhöfe stammt zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energien. Die ÖBB gehören mit rund 97 Prozent Pünktlichkeit im Personenverkehr zu den pünktlichsten Bahnen Europas. Mit Investitionen von über drei Milliarden Euro jährlich in die Bahninfrastruktur bauen die ÖBB am Bahnsystem für morgen. Konzernweit sorgen knapp 42.000 Mitarbeiter:innen bei Bus und Bahn sowie zusätzlich rund 2.000 Lehrlinge dafür, dass täglich bis zu 1,3 Millionen Reisende und rund 1.300 Güterzüge sicher an ihr Ziel kommen. Die ÖBB sind Rückgrat des öffentlichen Verkehrs und bringen als Österreichs größtes Klimaschutzunternehmen Menschen und Güter sicher und umweltbewusst an ihr Ziel. Strategische Leitgesellschaft des Konzerns ist die ÖBB-Holding AG.