Am Dienstag, 27. September 2022 wurden im Rahmen einer feierlichen Repatriierungs-Zeremonie im Naturhistorischen Museum Wien Gebeine Angehöriger der Māori und Moriori nach Aotearoa, Neuseeland, zurückgegeben. Im Bild: Romantizised painting of a Māori village by Alois Schönn (1826-1897). Foto: © NHM Wien

Das Karanga Aotearoa Repatriation Programme führt die Rückführung von Überresten von Māori und Moriori aus den Sammlungen des Naturhistorischen Museums Wien / NHM, Österreich, durch. Dieses Projekt wird in Partnerschaft zwischen dem Te Papa Tongarewa Museum (Wellington), dem Naturhistorischen Museum Wien, der österreichischen Bundesregierung und der neuseeländischen Botschaft in Wien durchgeführt.

Bei der offiziellen Übergabe sprachen Mr. Parone Gloyne (Māori cultural expert, Te Papa),
Dr. Arapata Hakiwai (Māori co-leader, Te Papa) und S.E. Botschafter Brian Hewson (neuseeländische Botschaft in Österreich). Österreich und das NHM Wien waren vertreten durch Mag. Jürgen Meindl (Leiter der Sektion Kunst und Kultur, Bundesministerium für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport)
Dr. Katrin Vohland (Generaldirektorin des NHM Wien) und Prof. Dr. Sabine Eggers (Anthropologin, NHM Wien). Bei den anschließenden Präsentationen und der Podiumsdiskussion sprachen auch Mr. Te Herekiekie Herewini (Karanga Aotearoa), Mr. Te Arikirangi Mamaku-Ironside (Karanga Aotearoa), Dr. Arapata Hakiwai (Te Papa), Mr. Paraone Gloyne (Te Papa), Ms. Ngahuia Kopa (Te Papa) und Ms. Hinemoana Baker (Te Papa).

Kunst- und Kulturstaatssekretärin Mag. Andrea Mayer bezeichnet die Rückgabe von Ancestral Remains der Māori und Moriori an Aotearoa/Neuseeland als wichtigen Schritt für die Anerkennung geschehenen Unrechts, welches durch umsichtige Provenienzrecherchen belegt werden konnte. „Einen weiteren Schritt in diese Richtung gehen wir mit dem Beratungsgremium für Objekte aus kolonialen Kontexten. Ziel ist es, einen sensiblen Umgang mit Sammlungen österreichischer Bundesmuseen aus kolonialen Kontexten zu entwickeln. Ein zeitgemäßer und dialogischer Zugang steht dabei im Vordergrund.“ 

Dr. Katrin Vohland, Generaldirektorin und wissenschaftliche Leiterin des Naturhistorischen Museums Wien, betont die Bedeutung des Vorhabens und seine Wichtigkeit für alle Beteiligten. „Ich bin beeindruckt, wie sehr der Rückführungsprozess von dem Wunsch nach Versöhnung getragen wird, und freue mich, dass wir zum Heilungsprozess beitragen können. Ich bin dankbar für die Möglichkeit, die Beziehungen zwischen Österreich und Neuseeland auf wissenschaftlicher und persönlicher Basis vertrauensvoll wachsen zu lassen.“

Im Bild: Mr. Te Arikirangi Mamaku-Ironside (Karanga Aotearoa), Prof. Dr. Sabine Eggers (NHM), sowie Mr. Te Herekiekie Herewini (Karanga Aotearoa). Foto: © NHM Wien, Christina Rittmannsperger

Zur Repatriierung  

Mit der Rückgabe von menschlichen Überresten soll das ethische und moralische Unrecht anerkannt werden, welches durch rücksichtlose Sammlungspraktiken entstanden ist. Sterbliche Überreste indigener Angehöriger wurden zudem unter Missachtung ihrer Welt- und Wertvorstellungen außer Landes geschafft. Sie wurden anthropometrisch untersucht, rassialisiert und nicht selten öffentlich zur Schau gestellt. Dadurch wurden sie ihrer Identität als Vorfahren der lebenden Gesellschaften beraubt und zu Museumobjekten degradiert. Das Ziel der Repatriierung menschlicher Überreste aus musealen Sammlungen ist die Rehumanisierung und somit die damit einhergehende Wiederherstellung der individuellen Würde der Verstorbenen und ihrer wichtigen Rolle als Identitätsspender heutiger Gesellschaften.   

Provenienzrecherche  

Bei den menschlichen Überresten aus Neuseeland (kōiwi tangata / kōimi tchakat), die im 19. Jahrhundert in das NHM Wien eingegliedert wurden, handelt es sich um Schädel von Kindern, Jugendlichen, Erwachsenen, Männern und Frauen. Eingeleitet wurde dieser Prozess durch das Te Papa Museum, Wellington, welches im Auftrage der neuseeländischen Regierung, weltweit Repatriierungen initiiert und koordiniert. Nach intensiver interdisziplinärer Provenienzrecherche über die Herkunft der Gebeine ist davon auszugehen, dass diese gegen den Willen der indigenen Māori / Moriori Gesellschaft aus deren Grabstätten entwendet wurden. Sie gelangten auch durch Handel und Tausch sowie als Geschenk in die osteologische Sammlung des NHM Wien. Zu diesem Schluss gelangt die gemeinsam von einem großen Team an Wissenschaftler*innen und Student*innen der Anthropologischen Abteilung des NHM Wien in Zusammenarbeit mit Wissenschaftler*innen des Te Papa Museums durchgeführte Provenienzrecherche. Aufgrund der daraus resultierenden und im Gutachten hervorgegangenen Ergebnisse sowie mit dem Verweis auf internationale Ethikstandards (wie insbesondere Art. 12 der United Nations Declaration on the Rights of Indigenous Peoples) und den Empfehlungen des Te Papa Museums befürwortet die Republik Österreich daher ausdrücklich die Repatriierung dieser kōiwi tangata / kōimi tchakat.  

Foto: © Naturhistorisches Museum Wien/APA-Fotoservice/F.-Roßboth

Im Zuge dieser Repatriierung wird auch das Sparkling Science Projekt „Kolonialismus heute!? Was hat das mit mir zu tun?“ gestartet. Ziel ist es, gemeinsam mit Schüler*innen zu untersuchen, was koloniale Kontexte mit aktuellen Fragen, zum Beispiel der Biodiversität oder globaler Ungleichheit, zu tun haben. Der Besuch der Schüler*innen bei der Repatriierungszeremonie ist gleichzeitig Projektauftakt. 

For more information about The Karanga Aotearoa Repatriation Programme | Te Kaupapa Whakahokinga mai a Karanga Aotearoa visit

www.facebook.com/Naturhistorisches.Museum.Wien

Quelle: NHM / Naturhistorisches Museum Wien

Lesen Sie noch mehr über das Naturhistorische Museum bei uns bitte hier;

www.nhm-wien.ac.at

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