„DON’T SMOKE – Wir fordern aus Gründen eines optimalen Gesundheitsschutzes für alle Österreicherinnen und Österreicher eine bundesverfassungsgesetzliche Regelung für die Beibehaltung der 2015 beschlossenen Novelle zum Nichtraucherschutzgesetz (Tabakgesetz).“ – Wortlaut des Volksbegehrens
Dass Rauchen schädlich ist, oft sogar tödlich endet, ist unbestritten, dass Passivrauchen jährlich hunderte Todesopfer fordert, ist auch längst bewiesen. Und dennoch möchte die aktuelle Bundesregierung das bereits beschlossene Gesetz zum generellen Rauchverbot in der Gastronomie ab 1. Mai 2018 kippen. Aus diesem Grund hat die Wiener Ärztekammer gemeinsam mit der Österreichischen Krebshilfe Mitte letzter Woche das überparteiliche Volksbegehren „DON’T SMOKE“ gestartet. Bereits nach drei Tagen wurde trotz Serverüberlastung im Innenministerium die Grenze von 100.000 Unterschriften überschritten. „Dieser Start ist außergewöhnlich und großartig und freut uns sehr. Jetzt ist es wichtig, sich nicht zurückzulehnen, sondern weitere Menschen zu motivieren, ebenfalls das Volksbegehren zu unterschreiben. Denn unser Ziel ist nicht die verpflichtende Behandlung des Themas im Nationalrat, was ab 100.000 Unterschriften bereits erreicht ist, sondern die Beibehaltung des Gesetzes zum generellen Rauchverbot in der Gastronomie!“, meint Dr. Christoph Reisner, MSc, Präsident der Ärztekammer für NÖ.
Ein derart starkes Zeichen der Bevölkerung hat selbst Univ.-Prof. Dr. Paul Sevelda, Präsident der Österreichischen Krebshilfe, nicht erwartet: „Uns war klar, dass – nach der erfolgreichen Petition mit mehr als 470.000 Stimmen – auch das Volksbegehren von sehr vielen Menschen unterstützt wird. Aber innerhalb von wenigen Tagen gleich die 200.000 Marke zu durchbrechen, war dann doch sehr beeindruckend und ist ein deutliches Signal an die Regierung, dass das Nichtraucherschutzgesetz bleiben muss.“
Im Jänner dieses Jahres gaben übrigens bei einer Umfrage 7 von 10 Befragten an, dass das 2015 vom Nationalrat beschlossene Nichtraucherschutzgesetz unverändert am 1. Mai 2018 in Kraft treten soll.
Ein Viertel der Österreicher raucht
Laut OECD Daten rauchen 24,3 Prozent der Österreicher täglich. Nur in Griechenland (27,3 Prozent) und Ungarn (25,8 Prozent) rauchen mehr Menschen als in Österreich. Zum Vergleich: Der OECD Schnitt beträgt 18,4 Prozent. Unter den Raucherinnen ist die Zahl noch dramatischer: 22,1 Prozent der Österreicherinnen rauchen, damit belegt Österreich den ersten Platz in ganz Europa. Bis zu 14.000 Österreicherinnen und Österreicher kostet dieses Laster jährlich ihr Leben. Denn Raucher sterben im Schnitt um zehn Jahre früher. Nach Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) sterben weltweit jährlich vier Millionen Menschen vorzeitig an den Folgen des Zigarettenkonsums, also alle neun Sekunden kommt es zu einem Todesfall, der auf Rauchen zurückzuführen ist. Damit ist nicht nur die Krankheitsbelastung durch Rauchen, sondern auch der Einfluss auf die Gesamtsterblichkeit beispiellos.
Rauchen stellt heutzutage in den Industrieländern das bedeutendste einzelne Gesundheitsrisiko und die führende Ursache frühzeitiger Sterblichkeit dar. Es ist neben dem Bewegungsmangel und einer ungesunden Ernährung einer der wichtigsten Risikofaktoren für Herz-Kreislaufkrankheiten, chronische Atemwegserkrankungen, Krebs und Diabetes Typ 2. Von allen Krebserkrankungen ist Lungenkrebs die häufigste Todesursache in der EU. Christoph Reisner ergänzt: „Auch wenn Rauchen bis zu 90 Prozent aller Lungenkrebsfälle verursacht, sind weit mehr Organe davon betroffen als nur die Lunge. Denn Rauchen schädigt nahezu jedes Organ im Körper. Es ist für zahlreiche weitere Krebsarten verantwortlich, schädigt die Augen, die Mundgesundheit, den Verdauungstrakt, den Knochenbau, die Geschlechtsorgane und die Fruchtbarkeit. Wirklich teuer für die öffentliche Hand wird die Betreuung jener Patienten, die von den Spätschäden betroffen sind. Hierzu zählen beispielsweise Arbeitsunfähigkeit oder der Bedarf an Langzeitpflege aufgrund von Krebserkrankungen, Gefäßschädigungen oder Amputationen.“
Passivrauchen – die unterschätzte Gefahr
Die schädlichen Wirkungen von Tabakrauch sind allgemein bekannt. Dass aber der Tabakrauch, der beim Passivrauchen eingeatmet wird, genau die gleichen giftigen und krebserzeugenden Substanzen enthält wie der beim aktiven Rauchen inhalierte Rauch, ist wenigen bewusst. Dies ist auch der Grund, warum das Passivrauchen ebenso zahlreiche, zum Teil schwere Erkrankungen verursacht. Wird über einen kurzen Zeitraum passiv Tabakrauch eingeatmet, reizt dies bereits die Atemwege, führt zu einem Brennen der Augen und zu Schwellungen und Rötungen der Schleimhäute. „Nichtraucher, vor allem Schutzbedürftige wie Kinder, Jugendliche, Ältere und Kranke werden dem schädlichen Passivrauch, dem Feinstaub und den übrigen Toxinen unnötig ausgesetzt. Die medizinischen Fakten zur Schädlichkeit des Passivrauchs sind eindeutig und können auch nicht geleugnet werden.“, so Paul Sevelda.
Besonders Schwangere und junge Frauen leiden unter Passivrauchen. Sie haben ein erhöhtes Brustkrebsrisiko sowie häufiger Asthmaanfälle. Neugeborene können aufgrund des Passivrauchens der Mutter bei der Geburt kleiner sein und ein geringeres Körpergewicht haben. Kinder rauchender Eltern leiden häufiger unter akuten und chronischen Atemwegserkrankungen und Mittelohrentzündungen als Kinder von nicht-rauchenden Eltern.
Ein Rauchstopp würde durch ein Rauchverbot in der Gastronomie erleichtert und sich sofort positiv auf die Gesundheit auswirken. Gleichzeitig würde langfristig das Risiko für die durch das Rauchen verursachten Erkrankungen reduziert werden.
Österreich – ein Raucherparadies für Jugendliche
Fast alle Raucher beginnen im jugendlichen Alter mit dem Rauchen. In Österreich tun dies Jugendliche besonders früh und häufig. 14,5 Prozent der 15-Jährigen rauchen mindestens 1x pro Woche und liegen damit weit über dem OECD-Durchschnitt von 11,7 Prozent. Rechnet man die Gelegenheitsraucher hinzu, erhöht sich die Zahl der rauchenden 15-Jährigen sogar auf 23,3 Prozent. „Es ist geradezu lachhaft, wenn die Regierung nun auf ein Rauchverbot für unter 18-Jährige stolz ist. Schon bisher war das Rauchen für 15-Jährige verboten und sie tun dies trotzdem, in Österreich sogar besonders häufig. Wesentlich wirksamer wäre es, die Verfügbarkeit von Zigaretten in Österreich zu erschweren. So ist es für Jugendliche in Österreich im Vergleich zu anderen EU-Ländern ganz besonders leicht, an Zigaretten heranzukommen. Bei 6.000 Zigarettenautomaten in Österreich darf man sich darüber nicht wundern“, so Christoph Reisner. Solange die Politik Rauchen verharmlost und in der Gastronomie ungehindert geraucht wird, wird Rauchen bereits von Kindern als Teil der gesellschaftlichen Norm wahrgenommen.
Raucherlokale sind eine Pseudo-Liberalität
Zur unseligen Diskussion über die Wahlfreiheit in der Gastronomie meint Paul Sevelda: „Die Freiheit des einzelnen endet dort, wo sie andere schädigt. Es ist ein unwiderlegbares Faktum, dass Rauchen und Passivrauchen schädlich sind. Die Trennung in Raucher- und Nichtraucherbereiche war ein politischer Kompromiss und es hat sich gezeigt, dass diese Trennung in den meisten Fällen nicht funktioniert. Wir wissen, dass die Feinstaubbelastung in Nichtraucherbereichen oftmals höher ist als auf einer sehr befahrenen Straße.“
Sevelda kritisiert den jahrelangen Zickzack-Kurs der österreichischen Regierung, hat Österreich sich doch schon 2005 mit der Unterzeichnung und Ratifizierung der UN-Tabak-Rahmenkonvention zu strengen Maßnahmen gegen das Rauchen und zur Ergreifung von Maßnahmen zur Eindämmung der Tabakepidemie verpflichtet. Das Ergebnis ist bis heute mehr als ernüchternd: Bereits zum vierten Mal in Folge liegt Österreich auf der Tabacco Control Scale, die die Umsetzung der Eindämmung des Tabakkonsums und die Verbesserung des Nichtraucherschutzes misst, an letzter Stelle aller 35 europäischen Länder: „Es ist unverantwortlich und eine Schande, dass die Gesundheit der österreichischen Bevölkerung auf dem Verhandlungstisch von Politik und Macht geopfert wurde.“
Viele Raucher, die sich in schwierigen Lebenssituationen befinden, können sich trotz mehrfacher Versuche nicht vom Rauchen befreien. Sie bezahlen ihre Sucht mit ihrem Geld und ihrer Gesundheit. Rauchfreie Gastronomiebetriebe helfen (Noch-)Rauchern, weniger Zigaretten zu konsumieren. Sevelda meint dazu: „In vielen europäischen Ländern konnte gezeigt werden, dass neben den Nichtrauchern auch (Noch-)Raucher über diese Unterstützung sehr dankbar sind. Ein generelles Rauchverbot hilft Rauchern, weniger zu rauchen beziehungsweise überhaupt mit dem Rauchen aufzuhören. Und auch die Gastronomie profitiert: Die Umsätze sinken nicht, weil eine deutliche Mehrheit in der Bevölkerung Nichtraucher ist, die rauchfreie Lokale ausschließlich oder zumindest bevorzugt aufsucht.“
Unterstützung des Volksbegehrens in Niederösterreich
Die NÖ Ärztekammer beliefert alle Ordinationen in Niederösterreich mit Plakaten und alle allgemeinmedizinischen und lungenfachärztlichen Ordinationen zusätzlich mit Flyern, auf denen über das Volksbegehren informiert wird. Weiters werden auf den Ordinationsbildschirmen TV-Spots gespielt. Reisner meint dazu: „Wir unterstützen das Volksbegehren der Wiener Ärztekammer, weil wir auf breiter Ebene die Bevölkerung über das Gesundheitsrisiko aufklären und für die Gefahren des Rauchens sensibilisieren wollen. Wir setzen damit ein klares Zeichen für den Nichtraucherschutz. Als Ärztekammer bieten wir allen Ärztinnen und Ärzten in den Räumlichkeiten der NÖ Ärztekammer die Möglichkeit, sich eine Handysignatur einrichten zu lassen. Damit kann das Volksbegehren einfach und rasch von unterwegs, aus dem Ausland oder von zu Hause unterschrieben werden. Ich bin zuversichtlich, dass wir die Politik zum Umdenken bewegen können. Der Wille einer derart großen Gruppe an Menschen und Fachexperten darf von der Politik nicht ignoriert werden, auch wenn dies einigen (rauchenden) Politikern nicht passt. Wir wollen Raucher nicht bevormunden. Jeder hat die freie Entscheidung, sich selbst zu schädigen, allerdings ist es unsere Aufgabe, auf Gefahren hinzuweisen und vor allem Jugendliche und Kinder zu schützen“, stellt Reisner klar.
Bis Ende Jänner 2018 konnten Volksbegehren nur persönlich auf der Gemeinde, in der man seinen Hauptwohnsitz hatte, unterzeichnet werden. Mit Einführung des zentralen Wählerregisters kann die Unterschrift in jedem Bezirks- oder Gemeindeamt abgegeben werden. Unterzeichnen kann man das Volksbegehren seither auch online mittels Handysignatur oder Bürgerkarte. Die Website www.dontsmoke.at informiert ausführlich über die Abgabe der Unterstützungserklärung und über die Ziele des Volksbegehrens.