Sein Wort hatte stets Gewicht und sein ausgeprägter Weitblick in Sachen Fußballsport war bemerkenswert. Joschi Walter (* 1925, † 1992) Boss vom FK Austria Wien, hier anhand einer Pressekonferenz im Jahre 1985. Foto: © oepb

Wir haben nie Skandale“, so der „Mister Austria“ Joschi Walter vor laufender Kamera. „Wie Rapid.“, verschluckte der FAK-Boss. „Austria sei nobler.“, fügte er hinzu und war dabei so nobel, nicht zu ergänzen: „Als Rapid.“Und – wir sind nicht so laut.“, vermerkte er noch leise, aber doch unüberhörbar: „Wie Rapid.“

Selbst wenn mit solchem „Wiener Schmäh“ das Fußball-Cupfinale 1984/85 angeheizt wurde, dann lag darin doch manche Wahrheit. Rapid gab sich nun einmal heißblütiger. Und wer weiß, ob die Austria, wenn überhaupt, auf jeden Fall aber gleich mit 9 Punkten Vorsprung Fußball-Meister 1984/85 geworden wäre, hätte der Rapid-Trainer Otto Baric sein Herz nicht derart auf der Zunge getragen. Wäre nämlich er Teamchef, so posaunte Baric, als er dazu Ambitionen hegte, er würde den Herbert Prohaska keineswegs aufstellen. Der halte nämlich das Spiel auf. So wurde es abgedruckt. Vielleicht war es purer Zufall, aber seit diesem Baric-Sager ging es in der Meisterschaft mit Rapid im selben Maße bergab wie mit der Austria bergauf.

Urplötzlich war sich der verspielte „Schneckerl“ nicht mehr zu schade, auch unelegant hineinzurutschen, erst recht, als es gegen Rapid ging. Der Kapitän, erster Gefolgsmann des so routiniert wirkenden Jungtrainers Thomas Parits, trieb seine Mitspieler zu noch besseren Leistungen an. Er sah Rot, als er gegen Grün-Weiß antrat und so siegte seine Austria gegen eine Rapid, von der nach diesem Duell Otto Baric gar nicht grundlos meinte, seine Mannschaft sei trotzdem besser gewesen. Wer weiß und man könne es nicht beweisen, aber hinter den schier abnormalen 9 Punkten Vorsprung Austrias auf Rapid lag gewiss auch der verletzte Stolz des Herbert Prohaska …

Rückblende: Juni 1985

Das 51. ÖFB-Cupfinale stand auf dem Terminplan. Zum Endspiel traten die beiden besten Klubs des Landes an. Der FK Austria Wien, überlegener Fußball-Meister 1984/85 mit 9 Punkten Vorsprung (bei 2-Punkte-Regel für den Sieg) auf die Konkurrenz und der ewige Herausforderer SK Rapid Wien, einen Monat zuvor noch im Europacup-Finale zu Rotterdam gegen den FC Everton (1 : 3) stehend. Und – Wien hatte KEIN Stadion! Das Praterstadion war eine Baustelle und die drei Ränge im weiten Rund waren im Zuge des dringend notwendig gewordenen Umbaus skelettiert, sahen demnach aus wie nach einem Bombenangriff. Und – das Österreichische Cupfinale hätte in zwei Endspielen ausgetragen werden sollen.

Schildbürgerstreich im Fußballlande Österreich

In keinem anderen Land der Welt wurde das Cup- oder auch Pokal-Finale anhand von zwei Endspielen gespielt. Ganz anders in Österreich. 1965, 1967, als auch ab 1972 bis einschließlich 1984 wurde der ÖFB-Cup anhand von zwei Finalspielen bestritten. 1984 beispielsweise gewann die Austria das „Cupfinal-Hinspiel“ im Prater mit 3 : 1, das „Rückspiel“ im Ing. Gerhard Hanappi-Stadion ging mit 2 : 0 an Rapid. Aufgrund der Auswärtstorregel war der SK Rapid 1983/84 Österreichischer Cupsieger.

Die Anhänger stiegen auf die Barrikaden

Austria-Boss Joschi Walter blies ein eisiger Wind der violetten Anhängerschaft entgegen, als er verlautbaren ließ, aufgrund eines fehlenden Stadions in Wien beide Finalspiele 1985 im Hanappi-Stadion austragen zu wollen. Das Praterstadion, für Spiele mit zu erwartender größerer Kulisse gerne Austragungsort für die Austria, war aufgrund des Umbaus unbenützbar und der Horr-Platz schien für Walter zu klein, um die Rapidler dort in Empfang nehmen zu können, wenngleich einige Tage zuvor, am 10. Mai 1985 sehr wohl ein Wiener Derby im Franz Horr-Stadion über die Bühne gegangen war. Das Argument der Anhängerschaft, dass die Austria im Horr-Stadion echte Heimspielatmosphäre hätte, ließ der kühle Kalkulierer und Rechner Walter insofern nicht gelten, da er sich als Kopf des Vereins stets Gedanken darüber machen musste, wo denn das liebe Geld herkommen könnte. Und bei einer guten Kulisse im Prater wäre unter dem Strich dem FAK naturgemäß mehr im violetten Börserl geblieben.

Der WFV schaltet sich ein

Erst als sich der Präsident des Wiener Fußball Verbandes Othmar Luczensky einmengte und Walter bei dessen Stammheurigen Zimmermann in der Armbrustergasse zu Wien-Döbling anlässlich der violetten Meisterfeier inständig ins Gebet nahm, das Heimrecht doch nicht so billig aufgeben zu wollen, dachte Joschi Walter um. Und fasste sogleich einen Königsgedanken …

Walter und Co. hebeln die ÖFB-Statuen aus

Austria und Rapid luden einträchtig zur gemeinsamen Pressekonferenz ins Cafe Landtmann. Tagesordnungspunkt war das ÖFB-Cupfinale 1985. So geschehen am Montag, 10. Juni 1985. Just einen Tag vor dem ersten Finalspiel. Walter ergriff sofort die Initiative und verlautbarte, dass es nur ein Finalspiel geben wird. Man hätte sich von Seiten der Austria mit Rapid dahingehend geeinigt, den Nonsens von Hin- und Rückspiel sein zu lassen und das Cupfinale, wie es ja auch im Sinne des Cup-Gedankens sein sollte, mit nur einem Spiel auszutragen. Und bevor noch Fragen nach dem Heimrecht auftauchten, lieferte Walter nach, dass die Wiener Stadthallen Gesellschaft als Veranstalter dafür verantwortlich sei. Rums, das hatte gesessen!

Original-Tonbandaufzeichnung der Pressekonferenz Austria – Rapid im Cafe Landtmann vom 10. Juni 1985. Sammlung: oepb

Der ÖFB war völlig überrumpelt

Alle waren ob dieser Tatsache perplex, Joschi Walter war allerdings als Visionär, Vordenker und Fußball-Funktionär derart hoch angesehen, dass sein Wort sehr wohl auch stets immenses Gewicht hatte. Gesagt, verlautbart, getan. Einziges Hindernis schien die Parkplatz-Problematik in Hütteldorf zu sein.

Ein weiteres Problem – der Penzinger Kirtag

Die Wiener Polizei war darob „not amused“, denn just zur gleichen Zeit stieg in Hütteldorf der Penzinger Kirtag. Man befürchtete nicht nur ein Parkplatz-Problem, sondern auch feucht-fröhliche Horden, die nach übermäßigem Alkoholgenuss am Kirtag ins Hannapi-Stadion weiter ziehen. Dem gegenüber trat der Stadthallen-Direktor Anton Zahnt auf den Plan. Er erreichte, dass die Hütteldorfer Pfarrwiese gemäht wurde und das einstmals gefürchtete Rapid-Areal als Parkplatz für jenen Donnerstag, 13. Juni 1985 zur Verfügung stehen würde. Weiters setzte Zahnt durch, dass es im Stadion absolutes Alkoholverbot an jenem Abend gab. Die Ereignisse von Brüssel waren noch allgegenwärtig und man wollte dem Fußballsport seine Plattform geben, nicht jedoch betrunkenen Krawall- und Radaubrüdern.

Entscheidung im Elfmeterschießen

Die beiden Wiener Derbys in jenem Jahr endeten aus Sicht der Austria mit einem 2 : 2 und einem 1 : 0. Im Finale sollte Rapid zum ersten Derby-Triumph 1984/85 gelangen, allerdings erst im Elfmeterschießen. Das Spiel war nie langweilig, dennoch dauerte es bis zur 78. Minute, ehe Zlatko Kranjcar das 1 : 0 gelang. Tibor Nyilasi konnte in der 88. Minute ausgleichen. Es kam zur Verlängerung: Kranjcar brachte Rapid erneut in Front, ehe abermals Nyilasi und Alfred Drabits die Austria in Führung schossen. Ein äußerst umstrittener Elfmeter, den Hans Krankl zum 3 : 3 in der 104. Spielminute verwertete, ließ ein Penaltyschießen folgen. Erst als Michael Konsel beim Stand von 5 : 5 einen Ewald Türmer Elfmeter parierte und Karl Brauneder zum 6 : 5 traf, stand der Cuspieger 1984/85 mit dem SK RAPID Wien fest.

Die Eintrittskarte vom ÖFB-Cupfinale 1984/85 zwischen dem SK RAPID Wien und dem FK Austria Memphis Wien, gespielt am Donnerstag, 13. Juni 1985. Sammlung: oepb

Joschi Walter nicht geknickt

Auf die Frage nach diesen überaus dramatischen gut 130 Cup-Minuten an Joschi Walter zu seinem Resümee, meinte dieser in seiner bekannten Art: „Nun, wie wir alle gesehen haben, war die Idee von einem Endspiel doch von Vorteil. Die 15.000 Zuschauer bekamen ein spannendes Match und viele Tore zu sehen. Gut, mein Verein hat verloren, aber ich sehe keinen Grund, mich jetzt deshalb aufzuhängen. Wir sind heuer Meister geworden und werden auch im nächsten Jahr wieder voll angreifen.“ Womit er insofern recht behalten sollte, denn 1985/86 holte die Austria das Double – also Meisterschaft UND Cupsieg.

Der ÖFB hatte das letzte Wort

Um seiner Berechtigung als übergeordneter Verband nachzukommen, wurden die ÖFB-Cupendspiele 1987, 1988 und 1989 abermals noch im Hin- und Rückspiel-Modus ausgetragen, ehe ab dem Jahr 1990 – und das bis heute – das Finale nur mehr in einem Match gespielt wird.

Keine „Joschi Walters“ mehr

Wenn man sich heute die Österreichischen Bundesligaklubs so ansieht, dann vermisst man vorausdenkende und weitblickende Vereins-Obmänner, Präsidenten und Funktionäre, wie diese beispielsweise in den 1970er und 1980er Jahren hierzulande aktiv waren. Vereins-Vorstände, die für ihre Klubs sprichwörtlich durchs Feuer gegangen sind und denen nie ein Problem zu groß war. Vorbilder sind sie bis heute geblieben, doch leider auch bereits ein bisserl in Vergessenheit geraten …

Quelle: Redaktion www.oepb.at

www.fk-austria.at

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