Das Jahr 2020 stellte Österreichs Weinwirtschaft vor noch nie dagewesene Herausforderungen. Der nun veröffentlichte Jahresbericht der Österreich Wein Marketing GmbH (ÖWM) gibt Einblicke in ihren Umgang mit den Auswirkungen der Pandemie. Um die Winzer während der Corona-Pandemie bestmöglich zu unterstützen, änderte die ÖWM kurzfristig ihre gesamte Jahresplanung: Sie befeuerte die offenen Vertriebskanäle im In- und Ausland, verlegte Veranstaltungen ins Internet und sorgte Ende November 2019 in Moskau sogar für eine Weltpremiere.
Eigentlich hatte das Jahr vielversprechend begonnen für Österreich Wein: Ein sehr erfolgreiches Austrian Tasting in London (400 Fachbesucher, 620 präsentierte Weine) und die Teilnahme an der Millésime Bio sowie an der Vinexpo Paris sorgten für einen gelungenen Auftakt 2020. Doch dann kam Corona – und änderte alles.
VIER KAMPAGNEN IM STAFFELLAUF
Durch den ersten Lockdown und vor allem die Schließung der Gastronomie im Frühling 2020 waren Winzer und ÖWM auf dem Heimmarkt gezwungen, in kürzester Zeit umzudenken und sich auf die noch offenen Kanäle im Handel, Online- und Ab-Hof-Verkauf zu konzentrieren. Als Soforthilfe startete die ÖWM Ende März die Kampagne „Schmecke die Herkunft“, die die österreichischen Konsumenten zu ebendiesen Kanälen lenkte. 600 Winzer nahmen auf Social Media an der Kampagne teil und potenzierten damit ihre Wirksamkeit.
Es folgten drei weitere, sich teils überlappende saisonale Kampagnen, die den Weinabsatz ankurbelten: Von Mai bis August lockte die G’spritzter-Kampagne zu den wieder geöffneten Gasthäusern, Heurigen und Buschenschenken. Im Juli startete die ÖWM ihre bisher größte Weintourismus-Kampagne „Auf zum Wein“, die Heimaturlauber und Touristen aus den Nachbarländern in Österreichs Weinbaugebiete lenkte. Bis Oktober generierte allein diese Kampagne 99 Mio. Sichtkontakte in Österreich, Deutschland und der Schweiz. Ab November warb die ÖWM mit der Kampagne „Weine zum Fest“ für einen vinophilen Jahresausklang und forcierte damit den Heimkonsum. Insgesamt erzeugten die vier Kampagnen 135,5 Mio. Sichtkontakte in Österreich, Deutschland und der Schweiz.
HEIMMARKT: GASTRONOMIE RÜCKLÄUFIG, POSITIVE IMPULSE DURCH HEIMKONSUM UND WEINTOURISMUS
Auf dem österreichischen Markt machten sich die Auswirkungen der Corona-Pandemie unterschiedlich bemerkbar. In der Gastronomie, dem wichtigsten heimischen Vertriebskanal, litt österreichischer Wein 2020 spürbar: Der Gastro-Großhandel verzeichnete in den ersten drei Quartalen einen Rückgang von 22,2 % beim Absatz und 17,5 % beim Umsatz. Dabei noch nicht eingerechnet ist die wiederholte Schließung der Gastronomie während des zweiten Lockdowns im Spätherbst und Winter.
Positive Tendenzen zeigte österreichischer Wein beim Heimkonsum (Jänner–Mai: +30,7 % Menge) und im Lebensmitteleinzelhandel: +11,3 % Absatz und + 13,1 % Umsatz (Quartale 1–3). Weitere Impulse für den Weinabsatz konnte der Weintourismus im Sommer setzen, den die ÖWM mit ihrer bisher größten Weintourismus-Kampagne unterstützte. Im Juli und August verzeichneten die Steiermark und das Burgenland sogar ein kleines Plus an Nächtigungen im Vergleich zum Vorjahr. Die großen Verluste durch den Entfall von Gastronomie und Veranstaltungen konnten in Summe jedoch nicht aufgefangen werden.
ÖSTERREICH WEIN EROBERTE DAS INTERNET
Mit Inkrafttreten der Reisebeschränkungen rund um den Globus verstärkte die ÖWM auch die Kontaktpflege zu allen internationalen Meinungsführern. Dafür verschickte sie bis zum Jahresende über 1.300 Weine zur Verkostung in alle Welt und stellte ihre internationalen Aktivitäten großteils auf Online-Versionen um.
Zu den ersten digitalen Formaten gehörten Online Round Tables mit Fachleuten aus aller Welt, die über das gesamte Jahr ein sehr attraktives Format blieben. Mit rasch wachsender Erfahrung konnte die ÖWM immer größere Projekte online abwickeln: Zu den Highlights zählten etwa der digital durchgeführte Sommelier-Wettbewerb New York, Online-Events im Rahmen der Gastronomie- und Handelskampagne „Austrian Wine Time“ in Japan und eine Kooperation mit der renommierten Star Wine List inklusive digitaler Preisverleihung.
Ende November kam es in Moskau mit der ersten „hybriden“ Weinverkostung sogar zu einem weltweiten Novum: Während die Fachbesucher die Weine vor Ort verkosteten, konnten sie über ein Online-Tool mit den Winzern der präsentierten Weine in Österreich live in Kontakt treten.
Insgesamt organisierte die ÖWM im vergangenen Jahr weltweit – abgesehen vom Heimmarkt Österreich und dem Hauptexportmarkt Deutschland – 70 Aktivitäten mit über 3.100 präsentierten Weinen. Über 1.500 Weinprofis verfolgten die digitalen Veranstaltungen der ÖWM.
TREFFSICHERE MASSNAHMEN AUCH IN DEUTSCHLAND
In Österreichs wichtigstem Exportmarkt Deutschland präsentierte die ÖWM 2020 zusätzlich über 900 Weine bei 24 Veranstaltungen. Neun davon wurden Corona-bedingt als Online-Events durchgeführt, die restlichen Veranstaltungen konnten unter Einhaltung aller Sicherheitsvorkehrungen vor Ort stattfinden. Ein Highlight war die Kampagne „Auf a Achterl durch Berlin“ im Spätsommer, die den Berlinern u. a. 55 Österreich Wein Hotspots in ihrer Stadt näherbrachte. Weitere 1.400 Weine konnte die ÖWM im Zuge von Online-Promotions mit dem Handel in den Fokus stellen; sie erreichte damit 800.000 Kunden.
WERTVOLLE MEDIENPRÄSENZ
Aus dem ganzjährigen Presseecho im In- und Ausland stachen über 2.700 informationsstarke Artikel zu Wein aus Österreich in 610 Medien besonders vor, die einem Werbeäquivalenzwert von 116,5 Mio. Euro entsprachen.
EXPORT: LEICHT NEGATIVE JAHRESBILANZ ERWARTET
Trotz gravierenden globalen Auswirkungen der Pandemie stieg die Exportmenge von österreichischem Wein laut Statistik Austria von Jänner bis September 2020 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 2,7 %. Der Umsatz gab in diesem Zeitraum leicht um 0,4 % nach. Bemerkenswert ist dabei besonders das Abschneiden in Österreichs wichtigsten Exportmarkten Deutschland, Schweiz und den USA im Vergleich zu Weinnationen wie Frankreich und Italien. Diese verzeichneten dort teils erhebliche Export-Einbrüche.
Im September schlug sich das Einsetzen der zweiten Welle mit erneuten Restriktionen negativ auf Absatz und Umsatz nieder. Die Zahlen des letzten Quartals liegen noch nicht vor, dennoch muss für das Gesamtjahr von einer leicht negativen Exportbilanz von rund 62 Mio. Liter (-2,4 % zu 2019) und 175 Mio. Euro (-4,4 % zu 2019) ausgegangen werden.
Quelle: ÖWM
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