Der Vorlass, der nun von der Österreichischen Nationalbibliothek / ÖNB erworben wurde, überliefert und dokumentiert die Vielfalt eines unverwechselbaren Werkes: ca. 120 Archivboxen enthalten das gesamte bisherige schriftstellerische und publizistische Schaffen von Marlene Streeruwitz.
Die ÖNB-Generaldirektorin Dr. Johanna Rachinger dazu: „Unsere Sammlungen umfassen nicht nur das kulturelle Erbe vergangener Jahrhunderte, sie reichen auch bis in unsere unmittelbare Gegenwart. Ich freue mich, dass mit dem Vorlass von Marlene Streeruwitz ein Werk von anhaltender Relevanz nun Teil dieser Sammlungen ist.“
Die Werkmaterialien geben Einblicke in ihre Entwicklung als Autorin, von den frühen Hörspielen und Theaterstücken der 1980er und 1990er Jahre zu ihren neueren Romanen („So ist die Welt geworden. Der Covid-19-Roman.“ „Flammenwand“, 2019) sowie digitalen Interventionen (Online-Videoserie „Frag Marlene“, 2018).
Neben den großen Prosa- und Theaterarbeiten umfasst der Bestand auch kleinere literarische Schriften, ihre akademischen Arbeiten, Materialien zu ihrem hochschulpolitischen Engagement, Kunstwerke (Collagen) und AV-Medien. Enthalten sind außerdem die Poetikvorlesungen, zahlreiche Reden zu unterschiedlichen politischen und kulturellen Anlässen, Korrespondenzen mit Persönlichkeiten (u.a. mit Johanna Dohnal, Friederike Mayröcker, Eva Menasse, Elisabeth Orth, Claus Peymann, Alice Schwarzer und Christa Wolf) und Institutionen sowie die in Zeitungen und Zeitschriften veröffentlichten Aufsätze und Interviews zu aktuellen Themen. Überliefert sind meist mehrere Vorstufen sowie Recherchematerialien, die die Entstehung der Werke genauestens dokumentieren.
Marlene Streeruwitz, geboren am 28. Juni 1950 in Baden bei Wien, lebt und arbeitet in Wien, London und New York. Streeruwitz studierte zunächst Kunstgeschichte und Slawistik in Wien und trat ab 1986 mit ersten Hörspielen, Theaterstücken und Regiearbeiten hervor. 1996 erschien ihr erster Roman „Verführungen“, für den sie u. a. mit dem Mara-Cassens-Preis ausgezeichnet wurde. Mit ihrem sprachlich verknappten Stil entwickelte die Autorin eine Kunstform, mit der sie unmittelbar auf aktuelle Ereignisse und Krisen in Gesellschaft, Politik, Literatur und Kultur reagiert. Anhand von vielfältigen Frauenfiguren setzt sie sich kritisch und analytisch mit Rollenbildern auseinander und legt die von Patriarchat, Katholizismus, Neoliberalismus, Globalisierung und fehlender Vergangenheitsbewältigung geprägten Macht- und Gewaltstrukturen in der Gesellschaft offen. Sie ist bekannt für ihr gesellschaftspolitisches Engagement und das Aufspüren von frauenfeindlichen, rassistischen, homophoben und nationalistischen wie faschistischen Tendenzen.
Für ihr literarisches Werk erhielt Marlene Streeruwitz u. a. den Österreichischen Würdigungspreis für Literatur (1996), den Hermann-Hesse-Literaturpreis (2001), den Walter-Hasenclever-Literaturpreis (2002), den Droste-Preis (2009), den Wiener Frauenpreis (2010), den Bremer Literaturpreis (2012), den Franz-Nabl-Preis (2015) und den Preis der Literaturhäuser (2020).
Quelle: Österreichische Nationalbibliothek
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