Mit einem Gespräch, einer Lesung der Erzählung „Der Teufel an der Türe“ von Franz Theodor Csokor und einer Vorführung des Films „3. November 1918“ durfte das Publikum des dritten Zeitzeugenforums „Erlebte Geschichte“ einen interessanten Abend im Haus der Geschichte im Museum Niederösterreich die vielen Talente des Peter Matić genießen. Auch bei der Signierstunde vom Träger des Großen Goldenen Ehrenzeichens des Bundeslandes Niederösterreich herrschte reger Andrang.
Zu Beginn des Gesprächs mit Moderator Reinhard Linke erinnerte sich der Kammerschauspieler an die Dreharbeiten zum Film „3. November 1918“ nach einem Buch von Franz Theodor Csokor und der Regie von Edwin Zbonek. Er war damals der jüngste Schauspieler im Film und ist heute der letzte lebende männliche Schauspieler der Besetzung. In der Literaturverfilmung werden sieben Offiziere, ein Regimentsarzt, ein Infanterist und ein Zugsführer von einem desertierter Matrosen mit dem Ende des Ersten Weltkriegs und dem Ende des Kaiserreichs konfrontiert. „Es ist so eigenartig, wenn man plötzlich dazu aufgerufen ist, über Geschichte zu sprechen und dass es schon Geschichte ist, dass dieser Film gemacht wurde.“, sinnierte Matić.
„Wir haben damals in den Rosenhügel-Studios gedreht, mit der Thalia Film. Es war meine erste Begegnung mit dem Medium Film. Es war eine sehr schöne Arbeit. Wenn wir am Semmering gedreht haben, sind wir um vier Uhr früh aufgestanden und wurden zum Semmering gefahren. Wir sind mit der Seilbahn und dann mit einem Ski-Scooter zum Drehort. Während der Dreharbeiten sahen wir ständig auf die Uhr, denn am Abend war Vorstellung in Wien“, erzählte Matic, der sich daran erinnert, dass Franz Theodor Csokor damals vorschlug, das Otto-Haus zu kaufen und für das Ende des Films tatsächlich in die Luft zu sprengen, da es ja schon alt sei.
Aufgrund des Films sprach Reinhard Linke Peter Matic auch auf seinen Vater an, der Offizier war: „Warum habe ich meinen Vater nie genauer gefragt, wie er diese Zeit empfunden hat? Ich glaube, es war ein gewisses Taktgefühl.“, antwortete Matić. „Er war ein kaisertreuer Offizier, ging dann zum ersten österreichischen Bundesheer, dann zur deutschen Wehrmacht – er war sicher kein Nazi. Etliche Offiziere im Jahr 1918, 1919 haben gesagt, sie gehen nicht zum Bundesheer. Mein Vater hat gesagt, er habe nichts anderes gelernt.“
In dem Film „Jeder stirbt für sich allein“ mit Hildegard Knef 1976 verkörperte Peter Matić schließlich eine Zeit, die er selbst erlebt hat, nämlich die des Nationalsozialismus: „In dem Film war das sehr eindeutig dargestellt, was die Nazis wirklich waren. Es war lange genug nach dem Krieg, um eine offene Stellungnahme zu bieten. Es hat mich sehr berührt, weil ich diese Zeit selbst erlebt habe: Die Verfolgten und die Verfolger.“ Und er erinnert sich: „Es ist mir heute ein großer Trost, wenn ich heute sehe, dass Kinder die Gefahr nicht so erkennen. An den Obstbäumen waren damals junge deutsche Deserteure aufgehängt. Wir haben sie interessiert betrachtet, ohne wahrzunehmen, dass es tote Menschen waren und die gesamte Dimension zu begreifen.“
Auf die Frage, ob Filme und Ausstellungen dazu beitragen können, dass sich Geschichte nicht wiederholt, antwortete Matić: „Mich hat ein Plakat in der Ausstellung beeindruckt, wo gezeigt wird, wie fürchterlich der semitische Einfluss auf die österreichische Politik sein kann und auch der religiöse. Auf manchen Plakaten wird auch die katholische Kirche lächerlich gemacht. Man muss schon wissen, welche Konsequenzen das bei manchen Menschen haben kann.“ Auf die Frage, ob wir aus der Geschichte auch lernen, zeigte sich Matic allerdings pessimistisch: „Nein, ich glaube nicht, leider nicht, weil sich so vieles immer wieder an Katastrophen und Einstellungen wiederholt. Wenn die Menschen wirklich lernen würden, dürfte es keine Kriege mehr geben.“
Vorschau
Die Original Wiener Zeitenwandler Martin Haidinger und Karl Vocelka wagen am 30. Jänner 2018 um 18 Uhr im Rahmen der Schwerpunktausstellung zur Ersten Republik ihr erstes Gastspiel im Haus der Geschichte im Museum Niederösterreich. Am 18. Februar 2018 präsentiert ORF-Journalist Gerhard Jelinek im Rahmen des „Sonntag im Museum Geschichte“ sein Buch „‚Er gab nie einen schöneren März‘ – 1938: Dreißig Tage bis zum Untergang“. Beim nächsten Zeitzeugenforum „Erzählte Geschichte“ am 7. März 2018 um 18 Uhr ist der 104jährige KZ-Überlebende Marko Feingold zu Gast.
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