Das Buch zur derzeitigen Ausstellung PROST, MAHLZEIT! / Wirtshauskultur in Linz im NORDICO Stadtmuseum Linz;
Das, was beispielsweise in Wien – zumindest in früheren Jahren – der „Wirt am Eck“ war, das wiederum war und ist in Linz seit jeher einfach „nur“ das Wirtshaus. Dort saß man gerne, dort traf man sich, dorthin ging man, um eben dort zu sein.
An Sonn- und Feiertagen mit der Familie, zum Rendezvous, zum Karten spielen, oder aber einfach auch nur, um nicht alleine zu Hause einsam und verlassen im stillen Kämmerlein dinieren zu müssen. Wer es sich leisten konnte und wollte, der ging oft und gerne ins Wirtshaus.
Manche auch zu oft, was wiederum die Gattin zu Hause auf die Palme trieb, die eifrig gekocht und gemacht hatte und nun alles verbrutzelt ist, weil der Götter-Gatte im Wirtshaus schlichtweg die Zeit übersah beim Blick zu tief ins Bierglas hinein. Es war allerdings auch kein Wunder, denn das seit April 2017 nun wieder erhältliche „Linzer Bier“, dieser edle Gerstensaft, der hatte schon was, der war herrlich mundend und vollsüffig zugleich. Und viel zu schnell war das Glas wieder leer.
Linz hatte, gerade in früheren Zeiten, zahlreiche Ausflugs-Gaststätten entlang der Donau, am Stadtrand, sowie am Freinberg und Pöstlingberg. Wer am Wochenende hinaus ins Grüne fuhr, entweder öffentlich mit der „Elektrischen“ – gemeint ist die Tramway – oder aber mit dem Fahrrad, der kehrte meist nach einem ausgedehnten Spaziergang oder einem kleinen Rad-Trip in einem der zahllosen Wirtshäuser ein. Dort traf man sich zum Plausch, aber auch zum geselligen Beisammensein.
Viele Linzer genehmigten sich damals auch die sogenannte „Feierabend-Halbe“ – wenngleich es oft bei der einen meist nicht blieb – um nach der Schicht in einem der großen Industrie-Betriebe, oder einfach auch nur so und ohne speziellen Anlass nach der Arbeit nicht nach Hause gehen zu müssen. Der „Schwechaterhof“ – im Volksmund auch gerne einfach nur „die Bierhalle“ oder „d`Schwemm“ genannt lag auf der Landstraße Nr. 18.
Dort hatte man stehend – und natürlich auch sitzend – die Möglichkeit, sich sein „Krügerl“ – der Linzer nennt das große Bier „Halbe“ – genüsslich zu genehmigen. Mit dem Abriss des Schwechaterhofes im Jahre 1979 und dem damit einhergehenden Einzug einer großen österreichischen Textil-Kette, verlagerten sich „d´Schwemm-Besucher“ vermehrt auf andere Lokalitäten, wie eben den „Klosterhof“, oder den damals noch in ausreichender Zahl vorhandenen „Würstel-Ständen“ vom Hauptplatz entlang der Landstraße bis hin zur Blumau, oder aber auch auf den Linzer Hauptbahnhof.
Der war für Nachtschwärmer geradezu prädestiniert, „den angebrochenen Abend“ gemütlich bei „der letzten Steh-Halben“ ausklingen zu lassen. Man traf dort sogar Menschen, die ihr Bier mit einem „Bierwärmer“ konsumierten. Auch das war damals keine Seltenheit. Aber man kannte sich, kam rasch ins Gespräch und lag sich oft in den Haaren, wenn bei einer hitzigen Fußball-Diskussion festegestellt wurde, dass der eine eben LASK– und der andere SK VÖEST-Anhänger ist.
Das nahe gelegene Wachzimmer der Exekutive ordnete dann die Lokal-Schließung für den ohnehin bereits fortgeschrittenen Abend an und die Sache war vom Tisch.
Diese Art und Weise der zahllosen Bier-Konsumation(en) ist zweifellos aus dem Stadtbild von Linz sehr lange schon gänzlich verschwunden. Neue Konzepte wurden geboren, die sehr rasch griffen und von den Gästen wohlwollend angenommen wurden. Ehrlicherweise muss auch festgestellt werden, dass sich die Kleinstadt Linz gerade mit dem Bau der „Hermann Göring-Werke“ – der Spatenstich zur heutigen voestalpine erfolgte im Mai 1938 – rasant vergrößert hatte.
Im Zuge des Zuzuges der Arbeiter für die „Eisenwerke Oberdonau“ wuchs auch die oberösterreichische Landeshauptstadt Linz rasch in alle Himmelsrichtungen und avancierte im Laufe der Zeit zur immerhin drittgrößten Stadt der Republik Österreich.
Auch die Linzer Altstadt hatte ihren guten Ruf. Beispielsweise deutsche Gäste und Urlauber waren über das Kleinod, das sich durch viele Gasserln am Fuße des Linzer Schlosses, zur Donau und dem Hauptplatz, aber auch zum Landhaus an der Promenade hin zog, dermaßen begeistert, dass immer wieder Vergleiche mit „der längsten Theke der Welt“, der Düsseldorfer Altstadt nämlich wohlwollend gezogen wurden. In der Linzer Altstadt konnte man „durchmachen“, viele Lokale hatten in den 1980er und 1990er Jahren keine Sperrstunde.
Zuvor kehrte man in einem netten Gasthaus ein, um sich dann im Anschluss daran in der „Oldtown“ nicht nur zu verabreden, sondern auch Freunde, Gleichgesinnte und Kumpels zu treffen. Auch der eine oder andere gewinnbringende Kontakt mit dem anderen Geschlecht gelang in der Linzer Altstadt in der Zeit von Donnerstag bis Sonntag ungezwungener und beinahe schon einfacher.
Viele traditionelle Gebäude, wie beispielsweise jenes vom einstigen „Märzenkeller“, dem „Gasthaus zur Pfeife“ oder aber die „Stieglbierstuben am Volksgarten“ bestehen noch, wenngleich dort heutzutage die Küche kalt bleibt und kein Ausschank mehr erfolgt. Viele kleine „Tschecherl“ und Gasthäuser sind einfach verschwunden, im Zuge von Stadterneuerungs- und Umbauarbeiten.
Um gerade diesen aber eine Plattform zu bieten und den heutigen Bewohnern von Linz – und all den anderen Interessierten – zu zeigen, was noch gestern in ihrer Stadt so alles los war, dazu dient diese NORDICO-Ausstellung und dieser wunderbare und reichhaltig bebilderte Pracht-Band!
Wir wollen und können dieses Buch einfach NUR empfehlen! Man erhält ein lebendiges Stück Zeitgeschichte, garniert mit den tollsten Fotos längst vergangener Zeiten, taucht ein in die Welt der Vorfahren und lernt so einmal mehr zu verstehen, was es heißt, dass Essen und Trinken Leib und Seele zusammenhalten. So war es früher … und so ist es heute. Na dann – PROST, MAHLZEIT! – in der Stahlstadt Linz, und auch überall anders auf der Welt.
Quelle: oepb
Prost, Mahlzeit! Wirtshauskultur in Linz 292 Seiten, durchgehend reich bebildert Format: 23 x 28 cm, Hardcover Erschienen im Verlag Anton Pustet www.pustet.at ISBN: 978-3-7025-0936-1 zum Preis von EUR 29,00 Direkt zu bestellten bitte hier: