Selten wurde ein Impfstoff so herbeigesehnt wie jener gegen SARS-CoV-2. Bis dieser verfügbar ist, sollten wir uns zumindest vor jenen Erkrankungen schützen, gegen die schon jetzt ein Impfstoff vorhanden ist. Das sagt die WHO, nicht nur, aber auch in der gerade stattfindenden Europäischen Impfwoche. Sie empfiehlt ausdrücklich, Routineimpfungen weiter durchzuführen, sofern dies im Rahmen der Corona-Pandemie möglich ist. Denn: Je länger Impfungen ausgesetzt werden, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass viele Menschen wieder für Infektionskrankheiten anfällig werden, gegen die sie eigentlich geschützt sein könnten – mit negativen Folgen für sich und das Gesundheitssystem. Der Österreichische Verband der Impfstoffhersteller (ÖVIH) unterstützt die WHO–Empfehlung und fordert besonders für die Zeit der Pandemie eine konkretere Planung von Aktivitäten rund um das Thema „Impfen“. Das betrifft einerseits die Impfungen im Bereich der Gesundheitsberufe, aber auch jene für alle ÖsterreicherInnen.
Routineimpfungen weiter durchführen
Tausende PatientInnen mit COVID-19 werden derzeit in Österreich behandelt. Was dabei oft vergessen wird: Der überwiegende Teil der erkrankten Personen hierzulande leidet eigentlich an anderen Erkrankungen. Manche davon wären vermeidbar, weil man sich dagegen impfen lassen kann. Bestes Beispiel: Zu Beginn der Corona-Pandemie fürchtete man einen raschen Engpass in den Spitälern, weil viele Stationen und auch Intensivbetten mit Influenza-PatientInnen belegt waren. „Viele Spitalsaufenthalte hätten vermieden werden können, wären mehr Menschen gegen die saisonale Influenza geimpft gewesen“, erläutert Renee Gallo-Daniel, Präsidentin des ÖVIH. „Auch bei anderen impfpräventablen Erkrankungen wie Masern oder FSME haben wir in Österreich jedes Jahr zahlreiche Erkrankungsfälle.“, so die ÖVIH-Präsidentin. „Gegen diese Krankheiten gibt es aber wirksame Impfstoffe. Aktuell sehen wir die Gefahr, dass viele Menschen aufgrund der Corona-Krise die empfohlenen Routineimpfungen nicht wahrnehmen (können), diese zu lange verschieben und schließlich darauf vergessen. Das wäre dann ein zusätzliches Problem für viele Österreicherinnen und Österreicher und speziell für Menschen, die in Gesundheitsberufen tätig sind“, warnt Gallo-Daniel.
„Ein großes Problem sehen wir heute schon „nahen“: die nächste saisonale Influenzawelle. Diese kommt mit Sicherheit im nächsten Winter auf uns zu. „Ohne zeitgerecht, gemeinsam geplante Maßnahmen werden neben PatientInnen mit COVID-19 auch Menschen mit Influenza-Erkrankungen die Kapazitäten des Gesundheitssystems belasten und erneut dramatische und auch kostenintensive medizinische Gegenmaßnahmen erfordern. Um dies zu vermeiden, könnte man die Influenza-Impfung RisikopatientInnen und Schlüsselpersonal anbieten. Eine Steigerung der derzeit mit 8 Prozent extrem niedrigen Durchimpfungsrate könnte viele Krankheitsfälle und somit auch Leid verhindern. Es würde aber auch zu ungeheuren finanziellen Einsparungspotenzialen im Gesundheitswesen komme.“ ergänzt Bernhard Prager, Generalsekretär und Influenza-Beauftragter im ÖVIH.
Auch die WHO ist sich der Gefahr der ausgesetzten Impfungen bewusst und spricht sich klar dafür aus, Impfungen weiterhin durchzuführen, solange dies mit den Maßnahmen zur Bekämpfung von COVID-19 vereinbar ist.
Klare Vorgehensweise notwendig
Die WHO warnt: Selbst eine kurze Unterbrechung der Impf-Routine erhöht das Risiko für Ausbrüche von impfpräventablen Erkrankungen wie Masern oder Röteln. „Notwendig ist daher eine definierte Vorgangsweise, die sicherstellt, dass die notwendigen Impfungen durchgeführt werden und gleichzeitig ausreichend Schutz vor SARS-CoV-2 sowohl für die Impf-Ärztinnen und -ärzte als auch für die Patientinnen und Patienten gewährleistet ist.“, betont Sigrid Haslinger, Vize-Präsidentin des ÖVIH. „Dafür braucht es konkrete Definitionen, in welchem Rahmen, das heißt zum Beispiel in welchen Räumlichkeiten, zu welchem Zeitpunkt, welche Personengruppen ihre Impfungen erhalten sollen, damit auch besonders gefährdete Gruppen wie Risikopatientinnen und -patienten (z.B. Personen mit Immunschwäche oder Lungenerkrankungen), Neugeborene oder ältere Menschen maximal geschützt werden.“ Die WHO empfiehlt nach einem Corona-bedingten Aussetzungen der Impfroutine auch eine Strategie für dadurch notwendige Nachhol-Impfungen zu entwickeln, um Impflücken sowohl auf individueller als auch auf gesellschaftlicher Ebene zu vermeiden. Haslinger wünscht sich in diesem Zusammenhang eine engere Abstimmung des ÖVIH, als „Sprecher“ für die impfstoffherstellende Industrie mit Gesundheitspolitik und Behörden, um den Impfstoff-Bedarf entsprechend kalkulieren zu können.
Vorbereitung auf den nächsten Winter starten „JETZT“
Für die WHO haben im Herbst/Winter 2020/2021 zwei Impfungen besondere Priorität: Influenza und Pneumokokken. Das gilt ganz besonders für gefährdete Patientengruppen wie BewohnerInnen von Seniorenheimen. Aber auch für das Betreuungspersonal. Denn gerade Influenza und Lungenentzündung tragen stark zur Sterblichkeit aufgrund von Atemwegserkrankungen bei.
„Durch konsequente Influenza- und Pneumokokken-Impfungen kann man viele schwere Erkrankungsfälle und daraus folgende Anfälligkeiten für andere Erkrankungen vermeiden.“, erklärt Prager. „Und gerade während der Corona-Krise ist es zusätzlich wichtig, dass möglichst wenige Menschen aufgrund einer Influenza oder einer Pneumokokken-Lungenentzündung stationär im Spital aufgenommen werden müssen. Deswegen müssen wir jetzt schon planen, wie diese Impfungen stattfinden können und kalkulieren, wie viele Impfstoffe dafür benötigt werden. Der ÖVIH fordert daher eine frühzeitige gemeinsame Planung mit allen ExpertInnen und dem öffentlichen Gesundheitswesen, um eine ausreichende Impfstoffversorgung sicherstellen zu können.“
Quelle: FINE FACTS Health Communication
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