Dies soll rechtzeitig zum Frühjahrs-Auftakt in den jeweiligen Fußball-Ligen die banale Erzählung aus dem „Tagebuch eines Fußball-Fans“ sein, um als Aussenstehender dieses Mysterium ein wenig besser verstehen zu können. Diese Erzählung trug sich zwar bereits im Frühjahr 1997 zu, dennoch ist sie allgegenwärtig.
SK VÖEST LINZ – DAS IST MEIN LEBEN
Ich lebe den Fußball und liebe die VÖEST. Wie lange eigentlich? Schon sehr lange! Gerade neulich hatte ich eine kurze Unterredung mit einem Jungen aus der Nachbarschaft, der früher einmal als mein Freund zu bezeichnen gewesen wäre.
Er wusste von irgendwoher, dass ich der „Stahlfront 91er-Partie“ zuzuzählen bin und dass der FC Linz – vergiss es, der SK VÖEST – nach wie vor meine große Aufmerksamkeit bekommt. Früher, ja früher war er auch ein Koksler. Wir spielten zusammen auf der Wiese zwischen unseren Häusern, wir kickten im Hof bei den Garagen, wir heckten Streiche gemeinsam aus und führten sie auch durch und – last but not least – wir pilgerten gemeinsam zum ersten Mal ins Stadion. Damals …
Damals – es war so um die Wende der 1970er in die 1980er Jahre.
Der SK VÖEST hatte eine große Truppe. Um den einstigen Superstar Willi Kreuz tummelten sich hoffnungsvolle Talente. Aus einigen wurde mehr, aus anderen – die später im Linzer ASK-Management tätig wurden – weniger. Mancher zog los, in die große weite Welt des Fußballs. Reinhold Hintermaier, Dietmar Mirnegg, mancher blieb im Lande. Gerald Haider, Jürgen Werner, Georg Zellhofer, Erwin Fuchsbichler und hielt den Blauen die Treue. So wie ich, der Geschichtenerzähler. Denn Blau ist schließlich die Farbe der Treue. Die Zeit verging, die VÖEST stürzte ab – von Jahr zu Jahr ein wenig mehr. Mein Jugend-Freund war plötzlich Bayern-Fan. „Bayern„ – schrie ich ihn entsetzt an. „Das ist Paul „Pavian„ Breitner, Kalle Rummenigge und ein Großklotz als Manager, der Uli Hoeneß. Bis Du von allen guten Geistern verlassen?„ Er war es.
Ich pilgerte weiter zu meiner Partie ins Stadion.
War zwischenzeitlich im pubertären Alter und hatte es auf eine Maid aus meiner Umgebung abgesehen.
Doch die blöde Gans, muss ich heute wirklich sagen, war LASK-Anhängerin.
Warum? Durch den Bruder. Und der LASK war schlecht – sauschlecht sogar.
Dennoch, die Göre schwärmte für Schwarz-Weiß. Und ich schwärmte mit, aber nicht für den Verein sondern für sie. So kam es, dass das Ende der Hauptschulzeit eine Leondinger Clique hervorbrachte, diese zu zehnt und mehr zu den Spielen des Linzer ASK zog, eine Woche später ich aber alleine zu meinen Blauen pilgerte und dort weiterhin enttäuscht wurde. Der stetige Abstieg schritt munter voran.
Die „Sonja“ von einst war irgendwann einmal Vergangenheit, genau genommen hieß sie Iris, der Nachbarsbursche war zwischenzeitlich zum RAPID’ler avanciert, doch der halbwüchsige Gernot A. stand immer noch hinter den Blau-Weißen. Hinter seinen Blau-Weißen.
Und so kam es, wie es schier einfach auch kommen musste, mit 15 Jahren landete man im Fan-Block. Der bunte Haufen im Block 3 unter den Trauer-Weiden hatte es dem Jüngling immer schon angetan. Doch man kannte niemanden. Die großen, übermächtig wirkenden SK VÖEST-Kuttenträger, manche grölend und oft besoffen, sorgten bei jedem Match, egal wie der Spielstand war, für Bahöl im Stadion. Und urplötzlich zählte man dazu. Einer, der immer da war. Egal, ob Regen oder Sonnenschein, Sieg oder Niederlage, RAPID oder Simmering der Gegner war. Stadion, das war Stimmung, das war Fan-Block, das war 3er Sektor.
Und so verging die Zeit
Mit 16 Jahren dann das erste Auswärtsspiel – hinüber in die alte Eisenstadt Steyr. Man verlor sang und klanglos mit 0 : 3 und verabschiedete Erwin Fuchsbichler, den Hünen, der nach 13 Jahren keinen neuen Vertrag mehr bekam. Man erlebte ein paar Höhen und sehr viele Tiefen.
Doch man war verwurzelt und verwachsen mit dem „V“ – mit dem großen SK VÖEST.
Bis heute hat sich diese „Krankheit„ fortgepflanzt. Die VÖEST ist in der Früh mein erster Gedanke, beim Pinkeln träume ich von der nächsten Auswärtsfahrt und abends, bevor ich in die Falle kippe, ärgere ich mich über so manch verhaute Chance beim letzten Kick. Ich liebe den Fußball und lebe die VÖEST. Ich bin verrückt. Dennoch bin ich dem Grunde nach gesund. Meine Droge heißt Fußball, meine Therapie nennt man VÖEST.
Der Junge aus der Nachbarschaft wurde vor kurzem Vater. Meinen Glückwunsch.
Er erzählt mir etwas, dass Vorwärts Steyr aufsteigen sollte, denn dann wären drei oberösterreichische Vereine, gesetzt den Fall wir steigen nicht ab, in der 1. Liga. Ich hör ihm zu. Von VÖEST über Bayern zu RAPID. Der Mann muss Geschmack haben. Heute drückt er für Oberösterreich die Daumen. Ein potentieller Most-Säufer. Wie dem auch sei – er hat keine Ahnung vom Verein, weiß nicht wie viele Hochöfen das Werk Linz hat, wann das LD 2 geschlossen wurde und warum der Bunker am alten VÖEST-Platz nicht gesprengt werden kann.
Ich verzeihe ihm – aus alter Verbundenheit.
Die VÖEST wird leben solange ich lebe, die VÖEST wird nie untergehen, das darf einfach nicht passieren. Und wenn doch, dann reißt man mir 75 Prozent, quatsch – 150 Prozent meines Lebens aus dem Leib. Wacht endlich auf und zerreißt Euch für Blau-Weiß – Glück auf !!!
Anmerkung:
Der SK VÖEST wurde als FC Linz am 21. Mai 1997 auf politischen Druck der Stadt über Nacht sang und klanglos wegrationalisiert ...
Quelle: oepb
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