Der Hochschwab ist eines der großen, wenn auch weniger bekannten, Karstmassive der Nördlichen Kalkalpen. Seit 1996 wird dort vom Naturhistorischen Museum Wien / NHM (Karst- und Höhlenkunde) sowie vom Landesverein für Höhlenkunde Wien und Niederösterreich intensiv geforscht, um Grundlagen für die Qualitätssicherung der Wiener Trinkwasserversorgung zu erheben. Das aktuelle Objekt ist der Steinbockschacht im Rauchtal, der seit 2011 von einem internationalen Team erforscht wird. Im Jahr 2018 wurde die Tiefe dieser Höhle mit über 1.000 Meter vermessen.
Ziel einer einwöchigen Expedition im September 2023 war es, neue Höhlenteile zu vermessen, um in weiterer Folge Daten über die unterirdische Wasserführung zu erheben. Mit einer Tiefe von 1.127 Metern konnte hier die tiefste Höhle der Steiermark vermessen werden.
Für das Vordringen waren zwei Touren notwendig: Eine zweitägige Vorbereitungstour mit Dr. Lukas Plan (NHM Wien), Mag. Thomas Weigner und DI David Wundsam, die bis in eine Tiefe von 900 Meter führte, sowie eine Vorstoßtour mit Ing. Otakar Krásný (CZ), Mag. Eva Kaminksy und Mag. Anastasiia Gorbenkova (RU). Dem Dreierteam gelang es, eine Engstelle in der Nähe des bisherigen Endpunktes auf 1.075 Meter unter dem Eingangsniveau zu überwinden und sich weiter abzuseilen. Der tiefste vermessene Punkt ist ein Siphon, d.h. ein Gang, der vollständig mit Wasser gefüllt ist. In nahegelegenen trockenen Röhren konnte in eine noch größere Tiefe vorgedrungen werden. Tatsächlich dürfte der Steinbockschacht also noch tiefer sein.
Die Vorstoßtour dauerte insgesamt 53 Stunden, wobei zweimal in 500 Metern Tiefe biwakiert wurde. Fast alle Höhenmeter in dieser Höhle müssen an fix installierten Seilen überwunden werden, was eine spezielle Ausrüstung und Ausbildung erfordert.
Quellen und Brunnen im Hochschwabgebiet decken rund 55 % des Wasserbedarfs von Wien und 30 % von Graz. Hydrologische Untersuchungen in Kalksteinhöhlen bieten die Möglichkeit, das Wasser auf seinem Weg von der Versickerung an der Oberfläche bis zu den Quellen im Tal zu beobachten und zu messen. So wurde im Steinbockschacht in 170 Meter Tiefe eine Messstation installiert, um Schwankungen von Wasserparametern wie Schüttung, Temperatur und Mineralisation aufzeichnen zu können. Außerdem wurden geophysikalische Untersuchungen durchgeführt, um die Wassersättigung des Gebirges zu unterschiedlichen Zeitpunkten zu bestimmen.
Mit diesen vom NHM Wien erhobenen Daten kann das Verhalten des unterirdisch fließenden Wassers besser simuliert werden. Damit sollen wiederum Strategien zum Schutz des Trinkwassers entwickelt werden, um beispielsweise auf veränderte Niederschlagsverhältnisse im Zuge des Klimawandels vorbereitet zu sein. Die Forschungsarbeiten werden von der MA 31 – Wiener Wasser und dem Forschungswissenschaftsfonds FWF unterstützt.
Quelle: NHM / Naturhistorisches Museum Wien
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